Archäologische Funde:Tote unterm Pausenhof

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Gräber aus dem siebten Jahrhundert, die bei der alten Schule in Fürholzen entdeckt worden sind, belegen, dass die Bajuwaren dort früh heimisch waren.

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Mit diesen archäologischen Funden in einem Wohnhaus mitten in Neufahrn hatte wohl kaum jemand gerechnet: Nach dem Tod des langjährigen Schulrektors und Heimatpflegers Josef Ritter 2016 stieß man in seinem Nachlass auf ein Schwert, ein Steinbeil und zwei Hiebmesser aus der Bajuwarenzeit. Die Gegenstände waren in den 1960er Jahren bei Bauarbeiten am Lindenweg entdeckt worden, und Ritter hatte sie in Ermangelung eines eigenen Heimatmuseums wie so viel anderes in seinem Wohnhaus aufbewahrt.

Eine viel größere Überraschung waren die Funde vor 50 Jahren gewesen. Die Gegenstände lagen in Reihengräbern, die zunächst für einiges Rätselraten sorgten, wie Ernest Lang, Vorsitzender des Heimat- und Geschäftsvereins, erzählt. Ein archäologisch versierter Freisinger wurde damals hinzugezogen, und er kam zu dem Ergebnis, dass mitten im heutigen Neufahrn während des Dreißigjährigen Krieges Schweden begraben worden seien. Man habe sie vermutlich nicht auf dem Friedhof bestatten wollen, weil sie Protestanten waren. Experten vom Landesamt für Denkmalpflege kamen zu einem anderen Ergebnis. Sie erkannten, dass die Funde nicht erst aus dem 17. Jahrhundert stammten, sondern mehr als 1000 Jahre älter sind.

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"Wir sind praktisch auf den Gräbern herumgesprungen."

"Eventuell lagen dort die Vorfahren der Gründer Neufahrns", sagt Alfred Ballauf. Der pensionierte Lehrer aus Fürholzen ist passionierter Hobby-Archäologe, und mittlerweile gibt es in seinem eigenen Dorf eine weiteren Beleg dafür, dass die Bajuwaren dort sehr früh heimisch waren: Gräber aus dem siebten Jahrhundert wurden bei den Arbeiten für das Gemeinschaftshaus in Fürholzen gefunden - zwischen der Kirche und der alten Schule. "Das war unser Pausenhof", erinnerte sich Ballauf bei einer Veranstaltung des Heimat-und Geschichtsverein: "Wir sind praktisch auf den Gräbern herumgesprungen." Bei Drainagearbeiten 1952 wurde eines der Gräber entdeckt, und deshalb war es der Gemeinde vor den Erdarbeiten für das Gemeinschaftshaus zur Auflage gemacht worden, auf archäologische Hinweise zu achten.

Tatsächlich gab es vier weitere Gräber, und was dort zu sehen war, ist genau dokumentiert. Ballauf zeigte etwa ein Foto von einem Skelett, bei dem "die Schädeldecke vom Bagger etwas rasiert wurde". Ein langes Hiebmesser, ein sogenanntes Sax, war quer über die Hüfte gelegt. "Grab 5" dagegen war ein Frauengrab. Dort wurden zwei Ohrringe aus Bronze und "Perlen im Brustbereich" gefunden, wie Ballauf erklärte. Das Landesamt habe eine "Knochenflüsterin" eingeschaltet - eine Anthropologin die für die Untersuchung der Skelette zuständig ist.

Die Funde sind ein weiteres Teil im Puzzle der Neufahrner Geschichte

Die Funde von Fürholzen sind ein weiteres Teil in einem Puzzle, aus dem sich die Geschichte Neufahrns zusammensetzen lässt, lange bevor der Ort 804 als "Niwiwara" urkundlich erwähnt wurde. Längst weiß man, dass die Gegend seit der Bronzezeit besiedelt war. Diese Epoche umfasst etwa den Zeitraum von 2200 bis 800 vor Christus. Siedlungsspuren von Kelten, Römern und Bajuwaren fanden sich bei Arbeiten im Gewerbegebiet West ebenso wie beim Bau des Kindergartens an der Ganghoferstraße und des Gymnasiums.

Am Waldhang zwischen Fürholzen und Massenhausen gibt es Hügelgräber. Eine Römerstraße führte über Fürholzen durch das Moos und über Neufahrn nach Mintraching. Entlang der früheren Strecke wurden römische Münzen, das Bruchstück einer hölzernen Radfelge und eine Fibel gefunden - und ganz in der Nähe die Reste einer römischen Villa. Beim Torfstechen stieß ein Landwirt auf eine bronzene Lanzenspitze. "Er hat sie dann erst einmal als Distelstecher verwendet", erzählte Ballauf schmunzelnd. Längst ist der Gegenstand in der Hand von Experten, ebenso die Funde aus Fürholzen und dem Wohnhaus von Ritter. Darum kümmert sich der archäologische Verein Freising. Die Gemeinde möchte ihm die Gegenstände als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen, sie aber auch in Neufahrn zeigen.

© SZ vom 01.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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