Arbeitserlaubnis für Asylbewerber:Alles auf Anfang

Lesezeit: 2 min

Verwaltungsgericht hebt Ausbildungsverbot für einen afghanischen Flüchtling aus Moosburg auf. Das Freisinger Landratsamt muss jetzt neu entscheiden. Das Urteil könnte richtungsweisend für andere Fälle sein

Von Katharina Aurich, Freising

Das Verwaltungsgericht München hat am Mittwoch das von der Ausländerbehörde des Freisinger Landratsamtes erteilte Ausbildungsverbot für den afghanischen Flüchtling Nurhulla Burhani aufgehoben. Die Grundlage des Bescheids sei hinfällig, da sie auf nicht mehr aktuellen Tatsachen, insbesondere auf einer für Afghanistan überholten Weisung des Innenministeriums beruhe. Das Landratsamt müsse erneut entscheiden und die aktuelle Sachlage berücksichtigen, entschied das Gericht unter der Vorsitzenden Richterin Cornelia Dürig-Friedl.

Burhani wurde in Afghanistan geboren, hat aber den größten Teil seines Lebens im Iran verbracht und lebt seit 2014 als Flüchtling in Moosburg. Er hatte bereits im Dezember 2016 einen Ausbildungsplatz als Schneider in Moosburg gefunden. Seine Chefin hält ihm immer noch den Platz frei. Die Ausbildung hatte die Ausländerbehörde des Landratsamtes jedoch verboten. Er habe eine schlechte Bleibeperspektive und zudem nicht an seiner Identitätsfeststellung mitgewirkt, hieß es.

Burhanis Rechtsanwältin Anna Toth vom Büro Wächtler in München hatte nicht mit diesem Urteil gerechnet, sie sei von einer Klageabweisung ausgegangen, sagte sie. Umso größer sei ihre Freude. Sie empfehle jetzt allen Flüchtlingen, deren Arbeits- und Ausbildungserlaubnis vom Landratsamt Freising abgelehnt worden sei, einen neuen Antrag zu stellen. "Wir werden alle durchklagen", versprach sie. Einige Helferkreise aus anderen Landkreisen hätten sich bereits mit der Bitte um Hilfe an sie gewandt. Reinhard Kastorff, Flüchtlingsbetreuer im Landkreis, der Burhani bei seinem Weg vor Gericht unterstützt hat, war überglücklich, es sei ein "Riesen-Erfolg", sagte er. Aber er erinnerte daran, dass "so viel Kraft verschwendet wurde", um die Menschen, die einen Ausbildungsplatz gefunden hatten und ihn dann nicht antreten durften, zu begleiten.

Angelika Sagerer vom Helferkreis in Zolling bleibt trotz des Richterspruchs skeptisch. Auch in Zukunft hätten die Mitarbeiter des Ausländeramtes Ermessensspielraum. Sie betreue einen afghanischen jungen Mann, der einen Universitätsabschluss und einen Pass vorweisen könne, aber keine Arbeitserlaubnis erhalten habe. Der Mitarbeiter im Ausländeramt habe von ihm verlangt, dass er seinen Pass von der Deutschen Botschaft in Kabul beglaubigen lassen sollte.

Seit Monaten wird das Freisinger Landratsamt von Mitgliedern der Helferkreise und Unternehmern für die Praxis, afghanischen Flüchtlingen keine Ausbildungserlaubnis zu geben und Arbeitserlaubnisse zu entziehen, kritisiert. Kastorff gewann im Münchner Anwaltsbüro Wächtler und Kollegen Mitstreiter, die für den 34-jährigen Nurhulla Burhani Klage gegen die Entscheidung des Landratsamts eingereicht hatten. Als Begründung für die Ablehnung der Ausbildungserlaubnis hatte das Landratsamt immer wieder die Quote für die Anerkennung von Flüchtlingen aus einem bestimmten Land herangezogen. Die Quote sei jedoch ständig schwankend und nun mit diesem Gerichtsurteil vom Tisch, sagte Rechtsanwältin Toth. Auch die Mitwirkungspflicht bei der Identitätsklärung könne kein Maßstab für die Ausbildungsbewilligung sein, argumentiert Toth. Denn in den Herkunftsländern der allermeisten Flüchtlinge gebe es keine funktionierende Bürokratie. Nach dieser Gerichtsentscheidung ist nun das Landratsamt am Zug und muss prüfen, ob das Ausbildungsverbot für Burhani noch einmal ausgesprochen wird oder nicht. Eine endgültige Entscheidung darüber habe das Gericht nicht getroffen, teilte Pressesprecher Claus Fischer mit. Für Anwältin Toth ist jedoch klar, dass es "nach diesem richtungsweisenden Urteil" keinen Grund gebe, afghanischen Flüchtlingen eine Arbeits- und Ausbildungserlaubnis zu verweigern. Sie sei nun gespannt auf die ausführliche Begründung des Gerichtsurteils.

Erst wenn diese vorliegt, will das Landratsamt nach Aussagen von Pressersprecherin Eva Dörpinghaus in dieser Sache entscheiden. Nach der Verhandlung sei für das Landratsamt aber klar, dass die Betroffenen selbst verpflichtet seien, ihre Identität nachprüfbar zu klären. Hierbei dürften keine Kosten und Mühen gescheut werden. Auch sei die Aussage nicht glaubhaft, dass man keinerlei Dokumente besitze. Nicht einmal solche, die zwar nicht als Identitätsnachweis anerkannt seien, jedoch zumindest Anhaltspunkte liefern könnten wie sonstige Zeugnisse oder wenigstens Fotos oder Kopien von entsprechenden Identitätspapieren.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: