Appell bei der Bürgerversammlung:Nicht locker lassen

Pulling

Eine Mauer reicht dem OB nicht, wenn die Bahnstrecke ausgebaut werden sollte.

(Foto: Sebastian Widmann)

OB Eschenbacher kündigt in Pulling an, den Widerstand gegen die dritte Startbahn konsequent fortzusetzen, zum Ultrafeinstaub fordert er eine Langzeitstudie

Von Johann Kirchberger

Er habe nicht das Gefühl, dass bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CSU und Freien Wählern großartig um die dritte Startbahn gerungen worden sei, sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher bei der Bürgerversammlung in Pulling. Er sei sehr enttäuscht darüber, was da herausgekommen ist. Zu schnell sei klar gewesen, dass es zu einem Moratorium komme, "und jetzt hängen wir noch einmal fünf Jahre in der Luft".

Den Planfeststellungsbescheid aufzuheben, wäre womöglich nicht einfach gewesen, aber wenn man gewollt hätte, hätte man zumindest ein Planänderungsverfahren in die Wege leiten können. Am einfachsten wäre es gewesen, die Startbahn aus dem Landesentwicklungsplan herauszunehmen. Er hätte sich von den Koalitionären auf alle Fälle mehr erwartet. Trotz der Enttäuschung "dürfen wir aber jetzt nicht locker lassen", sagte der Oberbürgermeister. "Wir dürfen uns nicht klein kriegen lassen und müssen den Widerstand die nächsten fünf Jahre aufrecht erhalten."

Gerade in Pulling hänge das Ortsentwicklungskonzept stark vom Bau der dritten Startbahn ab. "Da sind wir stark eingeschränkt", so Eschenbacher. Die städtischen Planer müssten sich ständig mit der Regierung von Oberbayern absprechen, durch die Flughafenpläne "wird uns viel Entwicklungspotenzial genommen". Die Zahl der Einwohner in Pulling ist im Vergleich zum Vorjahr übrigens leicht von 1641 auf 1652 gestiegen. Vor zehn Jahren waren es noch 1285 Einwohner.

Eschenbacher ging auch auf die zunehmenden Flugbewegungen in der Nacht ein, die den Pullingern zu schaffen machten. Das gelte nicht nur für geplante Flüge zwischen 22 und 24 Uhr mit angeblich leisen Maschinen, sondern auch für Flüge zwischen 24 und fünf Uhr früh, die ebenfalls stark zugenommen hätten. Die Fluglärmkommission, deren Vorsitzender der Freisinger Oberbürgermeister ist, habe genaue Zahlen angefordert. Martin Widhopf kritisierte einmal mehr die vielen Kurzstreckenflüge, wobei ihm Eschenbacher recht gab. "Ein Drittel der Flüge sind unter 500 Kilometer, die müssten nicht sein", sagte er. Die größer werdende Schadstoffbelastung, die Widhopf ansprach - "das führt zu immer mehr Krebserkrankungen" - will Eschenbacher ebenfalls thematisieren und demnächst beim neuen Umweltminister vorstellig werden. Wenn argumentiert werde, man könne keine Grenzwerte für Ultrafeinstaub festlegen, weil es keine Langzeitstudien gebe, könne er nur sagen, "dann macht's halt so eine Studie".

Was den vierspurigen Ausbau der Bahnlinie durch Pulling angeht, habe er derzeit keine neuen Erkenntnisse, sagte der OB. Er gehe aber nicht davon aus, dass die Bahn ihre Pläne aufgegeben habe. Notwendig sei auf alle Fälle ein Planfeststellungsverfahren. Mit einer Mauer neben den Gleisen werde sich die Stadt nicht zufrieden geben. "Wir wollen einen Trog haben", sagte er, eine Mauer sei "ein Schmarrn". Die Bahn teilweise unterirdisch zu verlegen, sei zwar teurer, aber das müsse man sich in einem dicht besiedelten Gebiet leisten.

Warum denn der Bau der Westtangente gar so langsam vor sich gehe, wollte ein Pullinger wisse, "da sieht man kaum jemand arbeiten". Eschenbacher sah das anders, räumte aber Verzögerungen ein, weil in einem Teilbereich die natürliche Wasserabdichtung ein Loch habe. Die Kreuzung im Bereich der alten B 11 werde aber über die Jahreswende fertig, versprach er, dazu gehöre auch der Fahrradweg. Ob es zu dem geplanten Turbokreisverkehr an der Abzweigung nach Hallbergmoos kommt, sei dagegen noch nicht so sicher. Zumindest verhandele der Landrat mit der Regierung von Oberbayern, ob nicht doch ein gewisser Eingriff in das FFH-Gebiet möglich sei, um die Trasse im Bereich Schlüterbrücke vierspurig ausbauen zu können.

Was die Pullinger sonst noch bewegt? Die Preiserhöhungen der Stadtwerke für Strom und der Ausbau der Straße von Pulling nach Vötting ab der berüchtigten 90-Grad-Kurve. Davor aber warnte der OB. "Wenn man diese Straße ausbaut, holt man sich nur neuen Verkehr rein."

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