Antwort auf FDP-Anfrage:Große Diskrepanz

Nur neun von 150 Frauen bekommen einen Platz im Frauenhaus

Von Peter Becker, Freising

"Schockierend", so bezeichnet FDP-Kreisrat Tobias Weiskopf die Diskrepanz zwischen der Zahl der Frauen, die um einen Platz im Freisinger Frauenhaus nachgefragt haben, und derjenigen, welche dort untergekommen sind. Stand November 2020 betrug das Verhältnis etwa 9:150. Das geht aus einer Antwort des Landratsamts auf eine Anfrage der FDP im Kreistag hervor. Deren Ergebnisse präsentierte Weiskopf am Donnerstag zusammen mit Nicole Bauer, frauenpolitische Sprecherin der Liberalen im Bundestag, in einer Videokonferenz.

Aus der Antwort des Landratsamts geht hervor, dass Mitarbeiterinnen der Fachbereiche "Bezirkssozialarbeit" und "Trennungs- und Scheidungsberatung" häufig mit Fällen häuslicher Gewalt konfrontiert werden. Eine der zentralen Fragen dabei sei, ob das Kindeswohl durch gewalttätige Übergriffe gefährdet ist. "Die Kinder sind die Leidtragenden, denn die können nichts dafür", sagte Weiskopf. Den FDP-Kreisräten ging es bei ihrer Anfrage ebenso darum auszuloten, welche Handlungsmöglichkeiten es gibt. Vor allem auch in der Prävention. "Potenzielle Täter sollen erst gar nicht zu Tätern werden", betonte Weiskopf. Geld, das in Prävention investiert werde, sei in jedem Fall gut angelegt.

Der Landkreis unterstützt Trägerorganisationen, die sich um Opfer häuslicher Gewalt kümmern, mit Geld. Die Fachberatungsstelle bei häuslicher und sexualisierter Gewalt mit angeschlossener Interventionsstelle erhält derzeit eine finanzielle Zuwendung in Höhe von 83 000 Euro. Das Diakonische Werk Freising hat unter dem Stichwort "HilDa - Hilfe ist da" eine "Fachberatungsstelle bei häuslicher und sexualisierter Gewalt/Frauennotruf" eingerichtet. Zudem besteht zwischen dem Amt für Jugend und Familie sowie den Polizeidienstellen im Landkreis eine enge Kooperation. Geplant ist nach Auskunft des Landratsamts eine Beratungsstelle für Täterarbeit. Derzeit vermittelt das Amt für Jugend und Familie Männer im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt zum Informationszentrum für Männer in München (MIM).

Nach Auskunft der Diakonie haben sich die Nachfragen nach einem Platz im Frauenhaus während des ersten Lockdowns im vergangenen Jahr verringert. Die Einrichtung interpretiert dies so, dass zu diesem Zeitpunkt die Familien eng aufeinander lebten. Betroffene hätten deshalb kaum Gelegenheit gehabt, Hilfe zu beanspruchen. Viele davon berichteten später von einer Zunahme der häuslichen Gewalt während dieser Zeit. Grund dafür sind psychische Belastungen etwa durch finanzielle Sorgen, die zu einem Mehr an Gewalt führten. Erst nach den Lockerungen im Mai habe die Nachfrage wieder zugenommen.

Nicole Bauer nannte in diesem Zusammenhang das Codewort "Maske 19", mit dem Frauen in Apotheken und Supermärkten auf häusliche Gewalt aufmerksam machen können. Weitere Möglichkeiten seien digitale Angebote oder Apps, mittels denen ein Notruf abgesetzt werden könnte. Für die Fälle von häuslicher Gewalt, die sich gegen Männer richtet, liegen bundesweit keine Zahlen vor.

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