Der Komponist, Pianist und Musikpädagoge Vladimir Genin hat 2008 die Konzertreihe "Erstklassik" in Hallbergmoos ins Leben gerufen. Dabei schafft er es immer wieder, internationale Stars der Klassikszene für seine Konzerte zu gewinnen. Der gebürtige Russe studierte am Staatlichen Tschaikowski-Konservatorium in Moskau Komposition und Klavier. Seine Werke werden nicht nur in Europa, sondern auch in den USA aufgeführt. Darüber hinaus macht er Musik für Kino- und Fernsehfilme. Am Samstag, 21. November, findet das nächste Konzert in Hallbergmoos unter dem Motto "Die Macht der Gefühle" statt, bei dem auch wieder eines seiner Werke uraufgeführt wird.
SZ: Die Konzertreihe "Erstklassik" ist ein kulturelles Highlight in Hallbergmoos. Nach welchen Kriterien stellen Sie das Programm zusammen?
Vladimir Genin: Es ist kein Geheimnis unter professionellen Musikern, dass es heute sehr viele, sehr gute Musiker gibt, die nicht so berühmt sind, wie sie es verdienen. Tatsache ist, dass das Publikum sich nicht sehr viele Namen merken kann, deshalb setzen die Kritiker und die Veranstalter auf eine begrenzte Zahl an Interpreten, die immer wieder in den größten Sälen auftreten. Das breite Publikum kennt nur diese Namen, alle anderen bekommen gar keine Möglichkeit, bekannt zu werden. Ich kenne außerordentlich gute Musiker, auf die jeder Konzertsaal der Welt stolz sein könnte. Solche Musiker lade ich zu unserer Konzertreihe ein. Zum Beispiel den Star-Geiger Valeriy Sokolov, der seit drei Jahren in München wohnt und über den der berühmte Musikfilmemacher Bruno Monsaingeon mehrere Filme gedreht hat. Und trotz seines unglaublichen Niveaus und erfolgreicher Auftritte rund um die Welt hatte er kein einziges Solokonzert in München. Solche Musiker wie er, wie Cellist Guido Schiefen, wie die Pianisten Michail Arkadiev und Olga Domnina begeistern jedes Publikum auch mit sehr anspruchsvollen Programmen. Allerdings versuche ich, unsere Programme möglichst bunt zu machen. Oft laden wir Musiker ein, die in Grenzgebieten der klassischen Musik arbeiten, sogenannte Cross-over-Künstler und auch Volksmusiker verschiedener Kulturen. Wir vergessen aber die "ernste Musik pur" nicht.
Wie kommt Ihr Angebot in Hallbergmoos an und wie setzt sich Ihr Veranstaltungspublikum im Allgemeinen zusammen?
Die ganz unterschiedlichen Programme rufen beim Hallbergmooser Publikum ein großes und dauerhaftes Interesse hervor. Besonders stolz sind wir darauf, dass die ersten Reihen in unserem Saal von Kindern besetzt werden. Manchmal sind das über 30 Kinder, ganz unterschiedlichen Alters, die dort ohne Erwachsene sitzen, aber ganz aufmerksam zuhören. Viele von ihnen gehören zu unserem Stammpublikum. Die Leute kommen zu uns nicht nur aus Hallbergmoos und Umgebung, sondern auch aus München und anderen Städten. Bei dem Konzert der traditionellen koreanischen Musik war eine Delegation der koreanischen Botschaft Frankfurt zusammen mit dem Konsul im Publikum. Manche Musikliebhaber kommen aus Berlin, Wien, Salzburg, Zürich und sogar Amsterdam. Auch am 21. November erwarten wir viele Gäste aus anderen Städten und Ländern.
Als Komponist habe ich viele persönliche Kontakte mit wunderbaren Musikern, die ich viele Jahre kenne, da ich mit ihnen zusammen an den Aufführungen meiner eigenen Werke gearbeitet habe. Besonders für komplizierte zeitgenössische Musik braucht man Interpreten, die nicht nur technisch auf sehr hohem Niveau sind, sondern die auch ein starkes Charisma und eine ergreifende Präsenz auf der Bühne besitzen. Solche Musiker begeistern mich.
Viele Ihrer Kompositionen haben Sie im Auftrag bekannter Musiker angefertigt. Welche Rolle spielt deren persönlicher Stil für Ihre Kompositionen?
Bei einer Auftragskomposition brauche ich mich an diese Musiker nicht anzupassen. Wir fühlen ähnlich, sie sind meine geistigen und seelischen Verwandten. Manchmal waren es aber auch schicksalhafte Zufälle, wie zum Beispiel mit dem Auftrag der Pianistin Olga Domnina, die ich zuvor nie gehört hatte. Es war das erste Mal, als sie mir meinen riesigen, für sie komponierten Klavierzyklus "Seven Melodies for the Dial" vorgespielt hat, dass ich etwas von ihr gehört habe. Um diesen Klavierzyklus einzustudieren, brauchte sie acht Monate, und das Erstaunlichste war, dass ich mir keinen anderen Pianisten vorstellen kann, der diese Musik so tief und stark interpretieren könnte.
Beim nächsten Konzert steht eines Ihrer Werke in einer Reihe mit Sonaten von Prokofjew, Schostakowitsch und Rachmaninow. Wie fühlen Sie sich selbst von diesen Komponisten beeinflusst?
Den Einfluss der drei größten russischen Komponisten des 20. Jahrhunderts kann kein Komponist der Gegenwart umgehen, es sei denn, er ist nur in der experimentellen Musik tätig. Mich interessiert Musik, die lebendig bleibt und sich nicht nur an das abstrakte Auffassungsvermögen unseres Gehirns wendet, sondern auch an die Seele und an das menschliche kulturelle Gedächtnis. Kultur kann man sich wie eine riesige Bibliothek vorstellen. Für jeden Musiker haben Rachmaninow, Prokofjew und Schostakowitsch ihren festen Platz in dieser Bibliothek.
Das Konzert "Macht der Gefühle" mit Guido Schiefen und Olga Domnina beginnt am Samstag, 21. November, um 19 Uhr im Gemeindesaal Hallbergmoos. Karten gibt es für 16 Euro an der Abendkasse, für 14 Euro im Vorverkauf im Bürgerbüro, im Rathaus, bei der VHS (08 11/55 22 317) und online unter www.muenchenticket.de.