Alternative Zahlungsmittel:"Der Verbraucher hat es in der Hand"

Erhard Schönegge

Erhard Schönegge bewirtschaftet den Naturland-Gartenbetrieb Schönegge bei Nandlstadt. Nach Möglichkeit bezahlt er alles mit dem Bärling.

(Foto: Lukas Barth)

Erhard Schönegge kauft alle Lebensmittel mit dem Bärling. Von dessen Nutzen ist er überzeugt. Jetzt kommt die Regiocard für bargeldlosen Zahlungsverkehr.

Von Alexandra Vettori, Freising

Erhard Schönegge ist Sprecher der Initiativgruppe Regionalgeld Freising und damit auch mit dafür verantwortlich, dass man in Freising zunehmend mit dem "Bärling" zahlen kann. Im Gespräch mit der Freisinger SZ erklärt er, wie sie sich die neue Währung entwickelt und welche Vorteil sie für die Bürger bringt.

SZ: Wie viele Bärlinge sind momentan im Umlauf und wie viele Firmen und Konsumenten machen mit?

Schönegge: Aktuell sind 12 500 Bärlinge im Umlauf. Sie können damit bei 33 Geschäften im Raum Freising bezahlen. Genutzt wird der Bärling von, ich schätze mal, rund 300 Personen - und es werden immer mehr.

Was ist Sinn und Ziel der Regionalwährung?

Ein Unternehmer, der Bärlinge akzeptiert, verspricht dem Verbraucher, diesen Bärling wieder in der Region auszugeben. Jedes Mal, wenn ein Bärling den Besitzer in der Region wechselt, findet damit eine Wertschöpfung statt, die in der Region bleibt. Verbraucher oder Unternehmer können zwar auch mit dem Euro regional handeln, aber mit dem Bärling hat es der Verbraucher in der Hand, er sorgt dafür, dass der Wert seiner Arbeitskraft, die sich im Geld widerspiegelt, in der Region bleibt.

Wo kann man Euro in Bärlinge tauschen?

Es gibt derzeit zwei Ausgabestellen, bei "Lebensart" in Lerchenfeld und seit kurzem in der Touristinfo im Asamgebäude. Obwohl es für die Mitarbeiterinnen dort einen zusätzlichen Aufwand und einige Mehrarbeit bedeutet, haben sie sich bereit erklärt, eine Gutschein-Wechselstelle zu betreuen, da möchte ich mich bedanken. Dort lassen sich einfach Euro gegen Bärling-Gutscheine tauschen.

Was kann man denn mit Bärlingen kaufen?

Da gibt es schon eine ganze Reihe: Lebensmittel, Obst, Gemüse, Feinkost, Fleisch und Wurst sowohl in bio als auch konventionell. Sie können sich die Haare schneiden lassen, ins Café gehen, gesunde schöne Möbel kaufen, fair gehandelte Kleidung oder auch Schuhe, alles rund um die baubiologische Innenausstattung, zum Elektriker gehen oder den Bärling in die eigene Gesundheit durch Fachkräfte investieren, sich die Bäume im Garten schneiden lassen oder Blumen kaufen. Auf der Bärlings-Homepage www.derbaerling.de findet man alle beteiligten Unternehmen.

War es schwierig, Firmen zu finden, die mitmachen?

Die ersten Unternehmer sind natürlich Pioniere gewesen und es war schon erforderlich, viel zu erklären. Aber ich bin dankbar, dass so viele vom Start weg mitgemacht haben. Wir beraten natürlich auch weiter gerne interessierte Unternehmer und planen Veranstaltungen. Schön wäre es, wenn weitere Firmen in Freising die positiven Aspekte des Regionalgelds erkennen würden. Mit einigen sind wir übrigens bereits im Gespräch.

Was kommt als Nächstes?

Wir arbeiten aktuell intensiv an den technischen Voraussetzungen für den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Im Raum des Chiemgauers (eine Regionalwährung am Chiemsee, d.Red.) gibt es schon seit einigen Jahren die so genannte Regiocard, 70 Prozent der Umsätze werden dort bereits mit dieser Karte abgewickelt. Der Verbraucher kann mit der Regiocard genauso einfach einkaufen wie mit einer gängigen EC-Karte. Zusätzlich ist an die Regiocard jedoch ein individuelles Förderprojekt gekoppelt. Beim Einkauf damit werden dem Förderprojekt sofort drei Prozent der Einkaufssumme gutgeschrieben. Natürlich wollen wir die Regiocard auch in Freising in Umlauf bringen.

Stoßen Sie auf Unterstützung bei den Kommunen? Was könnten diese tun?

Bisher wurde das Bärling-Projekt von vielen Menschen und Mandatsträgern sehr wohlwollend begleitet und unterstützt. Ich sehe in einer regionalen Komplementärwährung ein sehr wirkungsvolles Instrument, um die regional Gewerbetreibenden zu unterstützen. Gerade eine Kommune sollte daher, aus meiner Sicht, ein großes Interesse daran haben. Die Städte Horstmar, Steinfurt und Laer haben zum Beispiel aus eigener Initiative den Landtaler ins Leben gerufen. Die Kommunen können jede Menge tun. In Pfaffenhofen werden zum Beispiel die Aufwandsentschädigungen für Stadträte in Holledauern ausbezahlt, die Stadtwerke in Rosenheim akzeptieren den Chiemgauer, in etlichen Gemeinden dort kann auch die Gewerbesteuer in Chiemgauern bezahlt werden - da hätte ich noch sehr viele Ideen. . .

Was kommunale Verwaltungen nicht können, ist, ihren Bürgern eine Komplementärwährung zu verordnen. Eine Regionalwährung muss von den Bürgern getragen werden, darin sehen wir von der Initiativgruppe Regionalgeld unsere Aufgabe. Aktuell werden wir unterstützt vom Verein für Nachhaltigkeit, der Bürger-Energie-Genossenschaft und dem Verein Sonnenkraft. Die Sparda Bank hat den Druck der ersten Gutscheine mit einer Spende unterstützt, ebenso erfahren wir starken Rückenwind durch die Uferlos-Veranstalter.

Was hat es mit den Förderprojekten auf sich?

Förderprojekte sind Vereine und Organisationen, die sich lokal im sozialen oder kulturellen Bereich engagieren. Ist ein solches Projekt bei uns registriert, kann ein Verbraucher seine Einkäufe damit verknüpfen. So können Vereinsmitglieder durch die Benutzung des Bärlings ihren Verein beim Einkauf fördern. Bei uns sind das bisher noch kleine Fördersummen, aber beim Nachbarn Chiemgauer kommen auf diese Art jährlich fünfstellige Beträge zusammen.

Was kaufen Sie persönlich mit Bärlingen?

Ich kaufe sämtliche Lebensmittel mit dem Bärling, auch darüber hinaus habe ich mein Einkaufsverhalten geändert und suche gezielt nach Unternehmen, die den Bärling akzeptieren. Aktuell benötigen wir zum Beispiel Elektroarbeiten bei uns. Ich denke, da werde ich demnächst bei Herrn Hudler nachfragen. Das wäre ein schönes Beispiel, dass Regionalwährung auch in die Tiefe der Wirtschaftsbeziehungen vor Ort einfließen kann und nicht nur für die Konsumebene von Bedeutung ist.

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