Ein Neufahrner war der erste Pilot, der im Erdinger Moos gelandet ist: Mit einem Hubschrauber der Grenzschutzstaffel Süd flog er am 5. August 1969 den damaligen Sprecher der bayerischen Staatsregierung, Raimund Eberle, auf eine Wiese. Dieser verkündete dann vor laufender Kamera, was die Staatsregierung wenige Stunden zuvor mit großer Mehrheit beschlossen hatte: Der neue Münchner Großflughafen wird im Erdinger Moos gebaut.
Wie es dazu gekommen ist, dass gerade das Erdinger Moos bei Freising überhaupt als Standort für den Airport ausgewählt wurde, bezeichnet der Neufahrner Journalist Ernest Lang als "politisches Lehrstück". Von "fragwürdigen und zum Teil manipulierten Gutachten" und von vielen politischen Klüngeleien berichtete er in einem Vortrag des Heimat- und Geschichtsvereins. Grundlage dafür war Langs einstige Magisterarbeit im Fach Politische Wissenschaften.
Ursprünglich war das Moos gar nicht in der engeren Wahl gewesen. Der Grundwasserstand war hoch und der Nebel oft dicht, wie Lang berichtet. Im Gespräch waren deshalb Standorte bei Hörlkofen (Landkreis Erding) und Sulzemoos (Landkreis Dachau) sowie im Hofoldinger Forst bei München gewesen. Vor allem letzterer war zunächst im Fokus, zumal die Eigentumsverhältnisse wegen des Staatsforstes günstig schienen. Allerdings formierte sich schnell der Widerstand mit Unterstützung von Politikern wie dem damaligen Landtagspräsidenten Rudolf Hanauer. Zum Beispiel sei fälschlicherweise damit argumentiert worden, dass ein mögliches Trinkwassergebiet Münchens gefährdet würde, berichtete Lang. Er erzählte auch von Auftragsgutachten angeblicher Experten. Ein Wettergutachten und ein Baukostenvergleich zum Beispiel hätten vermeintlich gegen den Hofoldinger Forst und für das Erdinger Moos gesprochen. Schließlich wurde das Raumordnungsverfahren für den neuen Flughafen auf das Erdinger Moos ausgeweitet.
Die Moosbauern protestierten - aber die großen Kommunen hielten sich zurück
Während die Moosbauern mit Mistgabeln und Traktoren demonstrierten und eine Schutzgemeinschaft gründeten, hielten sich die großen Kommunen zurück und "die politische Prominenz schwieg weitestgehend", so Lang. Der damalige Freisinger Landrat Ludwig Schrittenloher zum Beispiel habe gesagt, es sei noch zu früh für Proteste und man möge doch zunächst einmal Vor- und Nachteile abwägen. Der Erdinger Stadtrat hat die Flughafenpläne sogar ausdrücklich begrüßt.
Dass von den Bauplänen entgegen allen Beteuerungen nicht nur "flaches Ödland" und ein paar kleine Dörfer betroffen sind, wurde vielen im Umland laut Lang erst klar, als die Standortentscheidung schon gefallen war und wegen des zu erwartenden Fluglärms Baustopps in den Gemeinden verhängt wurden. So musste der Bau der heutigen Jo-Mihaly-Schule erst einmal eingestellt werden. Die damalige Bürgermeisterin Käthe Winkelmann habe ihr "Aufbauwerk" in dem aufstrebenden Ort gefährdet gesehen, so Lang, und sie sei "über die manipulierte Standortentscheidung empört" gewesen. Neufahrn wurde zum Mittelpunkt des Widerstands, die Bürgermeisterin zur "Ikone der Flughafengegner". Gebaut wurde der Airport trotzdem.
Eine dritte Startbahn würde Tausende weitere Menschen in die Region locken, "aber beim Wohnungsbau hält sich die FMG bekanntlich zurück", kritisierte Lang. Eine Zuhörerin, die im Nachhaltigkeitsmanagement der Flughafen München GmbH tätig ist, widersprach. Es werde sehr wohl Wohnungsbau betrieben, betonte sie. Allerdings nur in ganz geringem Umfang, hielten andere dagegen. Man müsse aufpassen, dass sich bei der Startbahn "das politische Lehrstück nicht wiederholt", meinte ein Neufahrner, denn auch da werde wieder mit falschen Zahlen gearbeitet.