Süddeutsche Zeitung

Als Botschafter für das grüne Gold:Hoheiten verzweifelt gesucht

Gut eine Woche vor der Wahl der Hopfenkönigin beim Wolnzacher Volksfest stehen erst zwei Kandidatinnen fest. Weitere potenzielle Regentinnen sind nicht in Sicht. Ein Wahlgang wird wohl reichen - mit dem Spektakel früherer Zeiten hat das nichts mehr gemein.

Peter Becker

Die Marktgemeinde Au freut sich auf das Hopfensiegelfest, das sie am kommenden Samstag ausrichtet. Da leben die alten Traditionen in der Hallertau noch einmal richtig auf. Manch einer mag sich da wehmütig an die Zeiten zurückerinnern, als der Anbau und der Handel mit Hopfen das Leben im Landstrich zwischen Donau und Amper prägten. Aber auch dort schwindet das Interesse, die alten Gepflogenheiten aufrechtzuerhalten. Denn so etwas dürfte in den vergangenen sechzig Jahren noch nicht vorgekommen sein: Gut eine Woche vor der Wahl der Hopfenkönigin am Montag, 13. August, auf dem Wolnzacher Volksfest haben sich erst zwei Kandidatinnen zur Wahl gestellt. Eine junge Frau hat sich dem Vernehmen nach zumindest nach den Wettbewerbsbedingungen erkundigt.

Elisabeth Fuß aus Lutzmannsdorf bei Pfeffenhausen im Landkreis Kelheim und Andrea Kreitmeier aus Stöffel bei Hohenwart im Landkreis Pfaffenhofen haben sich bereits im Mai zur Wahl angemeldet. Seitdem wartet Julia Merkle, die im Hauptamt des Wolnzacher Rathaus unter anderem für die Wahl der Hopfenkönigin zuständig ist, vergeblich auf eine weitere Kandidatin. Auch der Aufruf vom Auer Bürgermeister Karl Ecker an die jungen Frauen der Marktgemeinde, sich doch als Kandidatinnen zu melden, fand kein Gehör. Aus dem Ortsteil Hirnkirchen stammt die aktuelle Hopfenkönigin Veronika Springer, die zumindest eine Nachfolgerin finden wird.

Die Wahl findet in jedem Fall statt", betont Julia Merkle. Freilich ist in einem Wahlgang entschieden, wer Königin und Stellvertreterin ist. Spektakel früherer Zeiten, als es mehrere Wahlgänge gab, sind da ausgeschlossen. Da haben die Väter der Bewerberinnen versucht, die Gunst des Wahlvolks mit Brotzeiten und Freibier in die richtigen Bahnen zu lenken. Auch diese Zeiten sind seit ein paar Jahren vorbei. "Ein Drittel der Halle gehört den Ehrengästen", sagt Julia Merkle. Die übrigen Plätze seien dagegen für die Pflanzer bestimmt, die der Einladung zur Wahl folgen. Sie können bis zu drei Personen als Begleitung mitnehmen.

Jede Kandidatin erhält im Übrigen 500 Euro Antrittsgeld. Unvorbereitet muss keine der jungen Frauen die Bühne auf dem Wolnzacher Volksfest betreten. Kommende Woche findet ein Rhetorikkurs in München statt, in dem sie für ihren Auftritt geschult werden. Dass die Zahl der Kandidatinnen schwindet, dafür hat Julia Merkle eine einfache Erklärung. "1960 gab es noch 7500 Pflanzbetriebe, heute sind es nur noch 1000."

Die schwindende Anzahl von Hopfenbetrieben ist aber nach Ansicht von Ecker nicht allein ausschlaggebend für die mangelnde Anzahl an Bewerberinnen bei der Wahl der Hopfenkönigin. Mit dem Ehrenamt sind ja jede Menge Termine verbunden. Und das sei mit dem Alter der jungen Frauen oft schwer zu vereinbaren. "Viele machen eine Ausbildung, haben einen Beruf oder studieren", sagt Ecker. Da brauche es einen verständnisvollen Arbeitgeber, der die Hopfenkönigin freistellt, wenn sie ihren Pflichten nachzugehen hat. Ecker weiß auch von Überlegungen, von der Bestimmung abzuweichen, dass eine Kandidatin aus einem Pflanzbetrieb kommen muss. Fürderhin könnte es ausreichend sein, dass eine Bewerberin ihren Wohnsitz in der Hallertau habe. Der Auer Bürgermeister schlägt vor, sich von den Wahlen anderer Würdenträgerinnen, wie etwa der Weinkönigin, inspirieren zu lassen. "Man muss schauen, was die so machen."

Veronika Springer, die aktuelle Hopfenkönigin, sieht eine Ursache ebenfalls in der schwindenden Zahl der Hopfenbetriebe. "Wenn die Hopfenpflanzer immer weniger werden, wo sollen die Töchter dann herkommen?", fragt sie. Und auch manch Arbeitgeber stellt sich quer. "Nicht jeder Betrieb unterstützt das, weil die Mädchen dann am Arbeitsplatz fehlen", pflichtet sie Ecker bei. Veronika Springer zieht für sich selbst ein positives Fazit aus ihrer einjährigen Regentschaft. "Das Jahr habe ich als sehr erfolgreich und erlebnisreich gesehen!", betont sie. Sie habe über 160 Auftritte gehabt, die sie nach San Diego in den USA, Paris, Belgien, Luxemburg und viele Orte in Deutschland geführt haben. "Man lernt für das Leben und die Persönlichkeit viel dazu", zieht sie ein Fazit. Und man lerne viele nette Leute kennen.

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SZ vom 03.08.2012
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