Allmählich wird´s Zeit:Gas geben bei der Lehrstellensuche

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Viele Jugendliche haben schon eine Ausbildungsstelle für September gefunden. Derzeit stehen den Bewerbern noch zahlreiche Berufe offen. In einigen Branchen, wie Banken und Versicherungen, wird es aber schon eng

Von Petra Schnirch, Freising

"Vor 15 Jahren hat es noch anders ausgesehen", inzwischen sei Freising aber ein Bewerbermarkt, bilanziert Harald Brandmaier, Teamleiter Berufsberatung bei der Agentur für Arbeit. Das heißt: Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen, haben hier sehr gute Chancen. Viele von ihnen schauen sich frühzeitig nach einer Lehrstelle um. 1004 Bewerber haben seit Beginn des Berufsberatungsjahres am 1. Oktober das Gespräch mit den Vermittlern gesucht. Der Großteil von ihnen - 773 junge Leute - verlässt erst in diesem Sommer die Schule. Wer noch keine Lehrstelle hat, sollte jetzt Gas geben und sich in der Arbeitsagentur melden, sagt Pressesprecherin Kathrin Stemberger. Grund zur Panik aber besteht nicht, es gibt es zahlreiche freie Plätze.

496 Jugendliche, etwa die Hälfte der seit Oktober in der Arbeitsagentur gemeldeten Bewerber, haben bereits eine berufliche Perspektive für September gefunden. Dennoch ist der Stellen-Pool nach wie vor gut gefüllt. Anfang des Monats gab es noch immer 503 Offerten mit einer großen Bandbreite. Gewisse Branchen, darunter Banken und Versicherungen, besetzen ihre Ausbildungsplätze allerdings traditionell sehr früh.

Die Vorstellungen der meisten Jugendlichen seien ziemlich realistisch, sagt Brandmaier, zumindest nach den ersten Gesprächen mit den Berufsberatern. Das bestätigt ein Blick auf die breit gefächerte Liste der Lieblingsberufe. Bei den Jungs hat sich im Laufe der Jahre wenig geändert: Auf Platz eins steht der Kfz-Mechatroniker, laut Brandmaier ein "typischer Jungentraum". 49 der 587 männlichen Bewerber nannten dieses Berufsziel an erster Stelle. Mit deutlichem Abstand folgen Industriemechaniker (34), Kaufmann Büromanagement (33), Kaufmann Spedition/Logistikdienstleistungen (23) und Automobilkaufmann (23).

Bei den 417 Mädchen steht die Kauffrau Büromanagement ganz oben (42 Nennungen) - dies ist geschlechterübergreifend der populärste Beruf überhaupt. Platz zwei geht bei den Mädchen an die Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten (34), die weiteren Ränge an Kauffrau Einzelhandel und Industriekauffrau (je 20) sowie Verwaltungsfachangestellte Kommunalverwaltung (18). Diese Wünsche decken sich teilweise mit den von den Arbeitgebern am häufigsten gemeldeten Ausbildungsstellen: Dazu zählen Kaufmann/-frau Spedition/Logistikdienstleistungen (74), Kaufmann Einzelhandel (74), Fachkraft Lagerlogistik (46), Kaufmann Büromanagement (45) und Bankkaufmann (36).

Im Juni und Juli werde sich noch viel bewegen, sagt Brandmaier. Die Zahl der gemeldeten Jugendlichen gehe dann erfahrungsgemäß noch einmal deutlich zurück. Vor den Sommerferien wird die Agentur auch wieder ihre Nachvermittlungsaktion starten - für alle, die auf den letzten Drücker kommen oder sich kurzfristig neu orientieren. Wenn die Motivation, wenn die Noten stimmen, seien die Chancen insgesamt hervorragend, sagt Brandmaier. Allen, die sich mit der Theorie schwerer tun, rät der Berufsberater zu Praktika, um die Chefs auf diese Weise von sich überzeugen zu können. Auch für die Betriebe sei das ein probates Mittel, um die jungen Leute kennenzulernen.

Seit Jahren klagen Handwerkerschaft, aber auch Industrie- und Handelskammer, dass es für die Firmen immer schwieriger werde, geeignete Bewerber zu finden. Da ist zum einen der demografische Wandel, der in der Flughafenregion noch nicht so stark zu spüren ist. Zum anderen hält der Trend zu den weiterführenden Schulen an. Einige Absolventen entscheiden sich erfahrungsgemäß später dennoch für eine Lehre. Die Ausbildungswege seien fließender, flexibler geworden, erklärt Stemberger, beispielsweise durch den M-Zug, der den Erwerb der Mittleren Reife auch an den Mittelschulen ermöglicht. Hinzu kommt für Arbeitgeber die Konkurrenz durch Unternehmen in München, die zumindest für Jugendliche mit S-Bahn-Anschluss relativ leicht zu erreichen sind.

Junge Asylbewerber auf Lehrstellensuche sind bisher laut Brandmaier noch die Ausnahme. Zwar suchten die Berufsberater den Kontakt, etwa zu den Integrationsklassen der Berufsschule oder über die Helferkreise. Die meisten jungen Flüchtlinge könnten aber noch nicht gut genug Deutsch, auch die Schulbildung sei je nach Herkunftsland sehr unterschiedlich. Schon im kommenden Jahr rechnen die Berufsberater aber damit, dass die Zahl der Bewerber aus diesem Kreis steigen wird.

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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