Am 8. Mai nahm nicht nur der Zweite Weltkrieg ein Ende, sondern auch das Leben von Albert Labro, dem ehemaligen Bürgermeister von Longwy in Frankreich und zuletzt KZ-Häftling. Gestorben ist er in Hallbergmoos, seine Beerdigung fand am 12. Mai unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt, wie Heimatforscher Karl-Heinz Zenker in seinem 36. Sammelblatt Hallbergmoos/Goldach schreibt. Labro starb an den Folgen des Todesmarsches, der ihn in den letzten Kriegstagen vom Straubinger Zuchthaus in den Landkreis Freising geführt hatte.
Wenige Tage zuvor war der Zweite Weltkrieg auch in Hallbergmoos zu Ende gegangen. Vereinzelt waren in dessen Verlauf Bomben auf das Dorf und seine Umgebung gefallen, ist im dritten Sammelblatt Hallbergmoos/Goldach zu lesen. Am 30. April 1945, erinnert sich eine Zeitzeugin, hätten einige Panzer vor der Gastwirtschaft ihrer Eltern gestanden. Aus deren Luken sei Jazzmusik erklungen. Im 34. Sammelblatt Hallbergmoos/Goldach ist nachzulesen, dass sich im Gedächtnis der damals jungen Frau ein Bild festsetzte: der Kontrast einiger schwarzer Panzersoldaten zur zugeschneiten weißen Landschaft. Die Soldaten hätten die Wirtschaft durchsucht und seien im ersten Stock auf ein Warenlager mit Daunendecken und Teppichen einer Firma aus München gestoßen. Am Nachmittag seien die Panzer in Richtung Erding weitergefahren.
Ein anderer Zeitzeuge berichtet, dass amerikanische Soldaten mit Panzern und Jeeps aus den Isarauen gekommen seien und eine Funkstation in der Nähe der Zengerstraße beschossen hätten. Dann seien sie wieder verschwunden. Besonders ist dem damals Zehnjährigen die Sprengung der Isarbrücke bei Hallbergmoos in Erinnerung geblieben. „Die Hühner waren noch beim Brüten und die Druckwelle hat den Küken den Garaus gemacht.“ Obendrein ließen sich die Amerikaner wohl das Geräucherte auf dem Hof gut schmecken. Zunächst fürchteten sich die Buben vor den fremden Soldaten. Das legte sich jedoch bald, als diese ihnen von ihren Panzern herab Orangen zuwarfen.
Ein dritter Zeitzeuge war beim Eintreffen der Amerikaner zwölf Jahre alt. Er erinnert sich daran, dass sich zunächst deutsche Soldaten mit einem Maschinengewehr auf ihrem Hof aufgehalten hatten. Als es geheißen hatte, der Feind sei im Anmarsch, hätten sich diese ins Zengermoos zurückgezogen. Später seien die deutschen Soldaten in ziviler Kleidung zurückgekommen, zum Teil mit Heurechen auf den Schultern, obgleich Schnee lag. Die Amerikaner hätten sie unbehelligt passieren lassen.
Die Aussagen weiterer Zeitzeugen lesen sich ähnlich. Sie berichten von deutschen Soldaten auf dem Rückzug, Gefangenen, darunter diejenigen, welche die Isarbrücke in die Luft gesprengt hatten, und einquartierten amerikanischen Soldaten.
Dreißig bis vierzig Häftlinge hat es nach Hallbergmoos verschlagen
Die Zeitzeugen berichten aber immer wieder auch von Häftlingen, die durch Hallbergmoos zogen. Darunter befanden sich politische Gefangene, Saboteure, die wegen Anschlägen oder den Vorbereitungen dazu zum Tode verurteilt worden waren. Auch der französische Bürgermeister Labro war unter ihnen. Er wurde beschuldigt, einem Engländer zur Flucht verholfen zu haben. Einer der Trupps gehörte zu den Gefangenen, die vom Straubinger Zuchthaus Richtung Dachau getrieben wurden. Er kam bis nach Pulling, wo er von der SS übernommen werden sollte. Doch dazu kam es nicht. Die Häftlinge sollten zurück nach Straubing marschieren. Ein Teil davon wurde von amerikanischen Soldaten nahe Oberhummel bei Langenbach befreit.
Dreißig bis vierzig Menschen aus diesem Häftlingszug hatte es nach Hallbergmoos verschlagen. Laut den Recherchen Zenkers wollten sie Richtung Isarbrücke marschieren. Weil von dort aber Schüsse zu hören waren, kehrten die Gefangenen um, ihre Bewachung verschwand. Der damalige Bürgermeister von Goldach brachte die Befreiten bei Bauern unter. Sein französischer Kollege, Albert Labro, ist am 8. Mai 1945 um 5 Uhr morgens in Hallbergmoos im Haus Nummer 75 gestorben, wie es übereinstimmend im Sterbebuch der Gemeinde als auch im Matrikelbuch der Pfarrei eingetragen ist.