19-Jähriger aus dem Landkreis Freising vor Gericht:Schlechte Sozialprognose

Der junge Mann soll zwei Neunjährige missbraucht haben. Die Gutachter tun sich schwer, seine Persönlichkeit einzuschätzen

Von Peter Becker, Landshut

Im Missbrauchsprozess am Landshuter Landgericht gegen einen 19-Jährigen aus dem Landkreis Freising hat die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe eine Jugendstrafe ohne Bewährung für den Angeklagten verlangt. Dem jungen Mann wird vorgeworfen, die neunjährige Schwester seiner Verlobten und deren gleichaltrige Freundin vergewaltigt zu haben. Die Vorfälle sollen sich im Haus der Familie der Verlobten im Landkreis ereignet haben.

Den Missbrauch des einen neunjährigen Mädchens hat der Beschuldigte gegenüber der Jugendkammer zugegeben. Nicht so die Fälle, in denen ihm vorgeworfen wird, die Schwester seiner Verlobten missbraucht zu haben. Dazu schweigt er sich aus, weshalb es der Jugendgerichtshilfe und einem psychologischen Sachverständigen schwer fällt, die Persönlichkeit des Beschuldigten angemessen zu beurteilen.

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe bescheinigt dem 19-Jährigen Reifeverzögerung. Sie gibt ihm keine positive Sozialprognose. Dies begründet sie damit, dass der 19-Jährige das besondere Vertrauensverhältnis, das er bei den Kindern genoss, zu seinem Vorteil ausgenutzt hat. "Er reflektiert nicht über das, was war", sagte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Was den zugegebenen Fall betrifft, habe er zu ihr gesagt, er habe eine "Riesendummheit" begangen. Der Beschuldigte soll sich anderen Frauen, auch wesentlich älteren, mit eindeutigen Avancen genähert haben. Für diese Grenzverletzungen habe er sich nicht entschuldigt. "Ich weiß nicht, ob er dafür ein Gespür hat?", fragt sich die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe.

Der Sachverständige hat ebenfalls Mühe, die Persönlichkeit des Angeklagten korrekt einzuschätzen. Eine schwere Psychose, die den 19-Jährigen in seiner Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit beeinträchtigt, kann er nicht erkennen. Im Sinne der Sexualwissenschaft ist der Beschuldigte kein Pädophiler. Der Sachverständige erkennt bei ihm aber eine "pädophile Nebenströmung". Seine Beurteilung fällt nicht schmeichelhaft aus. Der Sachverständige bescheinigt ihm wenig Empathie und einen "parasitären Lebensstil": Er habe sich von den Eltern seiner Verlobten intensiv versorgen lassen. Dazu kommt Verantwortungslosigkeit. Der Angeklagte habe einen 17-Jährigen Auto fahren lassen, obwohl dieser Drogen konsumiert hatte. Der Beschuldigte neige zur Impulsivität, die sich darin äußert, dass er riskant Auto fährt oder bei Videospielen Konsolen zertrümmert.

Den Angeklagten bezeichnet der Sachverständige als jungen Mann mit sexuellen Bedürfnissen. Nähe zu Frauen suche er zur Verwirklichung seiner Sexualität. Bedingt durch seine instabile Persönlichkeit und seiner Impulsivität sei er "Sensationseeking". Er suche Abwechslung. Dazu komme eine reduzierte Hemmschwelle, sich Frauen zu nähern. Der Sachverständige will nicht ausschließen, dass sich der Beschuldigte in einer für ihn unbefriedigenden Lebenssituation wieder zu einem Missbrauch hinreißen ließe. Der Prozess wird am 8. August fortgesetzt.

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