Süddeutsche Zeitung

Freischankflächen:München macht sich locker

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Von Dominik Hutter, München

"Bitte austrinken oder reingehen": Diesen Kellnerspruch werden die Münchner in lauen Sommernächten künftig erst um 24 Uhr zu hören bekommen. Nach dem erfolgreichen Probelauf im vergangenen Sommer will Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle den Wirten nun dauerhaft erlauben, ihre Gäste bis Mitternacht im Freien zu bedienen. Die Regelung soll allerdings nur im Juni, Juli und August sowie an Freitagen, Samstagen und vor Feiertagen gelten. Anders als im vergangenen Jahr sind diesmal nicht nur die Freischankflächen auf dem Gehweg, sondern auch private Wirtsgärten dabei - wenn sie zur Straße ausgerichtet sind. Die längeren Öffnungszeiten soll am Dienstag der Kreisverwaltungsausschuss beschließen. Eine breite Mehrheit gilt als sicher.

"Ich finde es gut, wenn man in den wenigen Monaten, in denen es schön ist, den öffentlichen Raum auch nutzen kann", sagte SPD-Stadträtin Beatrix Zurek. Ihr CSU-Kollege Alexander Dietrich hält den Vorschlag aus dem Kreisverwaltungsreferat (KVR) für eine "vernünftige Abwägung" zwischen dem Ruhebedürfnis der Anwohner und der Feierfreude der Kneipenbesucher. Allerdings sei es wohl nicht ganz einfach, zur Straße hin ausgerichtete Wirtsgärten von denen mit Hinterhofcharakter abzugrenzen. Bei manchen Gaststätten stünden Tische sowohl vor als auch neben und hinter dem Haus.

Vielleicht geht noch etwas mehr als 23 Uhr an Wochentagen

Dass die Münchner unter der Woche weiterhin um 23 Uhr ihre Tische räumen müssen, halten die Stadträte für richtig. Allerdings sei dies nicht unbedingt das letzte Wort: Sowohl Zurek als auch Thomas Ranft (Piraten) können sich vorstellen, nach einiger Zeit zu prüfen, ob noch etwas mehr geht. Das hänge aber von den Erfahrungen mit der neuen Light-Variante ab.

Im vergangenen Sommer jedenfalls, so hat Kreisverwaltungsreferent BlumeBeyerle festgestellt, haben sich die längeren Öffnungszeiten grundsätzlich bewährt, sie "entsprechen der Lebenswirklichkeit". Zwar sei wegen des eher kühlen Wetters zeitweise nicht gar so viel los gewesen in den Münchner Freiluftlokalen. Die Reaktionen sowohl der Bezirksausschüsse als auch der Behörden und Interessenverbände seien aber so positiv ausgefallen, dass der Test nun zum Dauerzustand werden soll. Zumal bei den Bezirksinspektionen lediglich 16 Beschwerden eingegangen sind. Dies bewege sich "im üblichen Rahmen", schreibt das KVR. Auch die Polizei hat keine negativen Auswirkungen durch die liberaleren Sperrzeiten festgestellt. Einwände gegen eine dauerhafte Lockerung gibt es für das KVR daher nicht.

Optisch besteht zwischen Freischankflächen und Wirtsgärten kaum ein Unterschied

Die Öffnungszeit der Wirtsgärten hängt bislang von der Gaststättenkonzession ab. Dies hat beim Probelauf im vergangenen Jahr Unmut ausgelöst, da manche Gäste ihre Tische auf privatem Grund räumen mussten, während es direkt nebenan auf der Freischankfläche noch munter weiterging. Nun soll Gerechtigkeit einziehen, denn optisch besteht zwischen Freischankflächen und Wirtsgärten oft gar kein Unterschied. Allerdings profitieren nicht alle Gastronomen von der neuen Freiheit: Wer bislang auf 22 Uhr limitiert ist, darf auch künftig nicht länger ausschenken. Dafür wird auch niemand schlechter gestellt: Wo bis weit nach Mitternacht gefeiert werden darf, bleibt die alte Regelung bestehen.

Das für Lärmschutz zuständige Umweltreferat rechnet damit, seine Mitarbeiter nach Verlängerung der Öffnungszeiten häufiger zum Messen losschicken zu müssen. Etwa zehn bis 15 zusätzliche Messungen seien pro Monat zu erwarten, schätzt Behördenchef Joachim Lorenz. Bei steigender Tendenz. Denn die Zahl der Public-Viewing-Fans steige weiter an, da gebe es angesichts des Zweijahresturnus' bei Fußball-EM und -WM immer mehr zu messen.

Erwartungsgemäß begrüßt auch der Hotel- und Gaststättenverband die Liberalisierung. Falls es verstärkt zu Lärmbeschwerden kommt, könne man im Einzelfall mit Auflagen für die Wirte reagieren. Die neue Wochenendregelung fördere "den Münchner Charme einer pulsierenden Stadt".

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SZ vom 24.04.2015
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