Freimann:Vonovia muss Nebenkosten zurückerstatten

Freimann: Große Wohnblocks, kleine Summen: Vonovia streitet mit Freimanner Mietern um die Nebenkosten.

Große Wohnblocks, kleine Summen: Vonovia streitet mit Freimanner Mietern um die Nebenkosten.

(Foto: Catherina Hess)

Der Immobilienkonzern unterliegt vor dem Münchner Amtsgericht einem Mieter, der seine Nebenkostenabrechnung angefochten hatte. Zwar geht es in dem Einzelfall nur um wenig Geld, der Münchner Mieterverein aber denkt schon über eine Musterfeststellungsklage nach

Von Julian Raff, Freimann

In der bundesweiten Auseinandersetzung um Nebenkostenabrechnungen des Immobilienkonzerns Vonovia kann die Mieterseite vor Gericht einen ersten Etappensieg verzeichnen: Das Amtsgericht München gab am Freitagnachmittag der Klage des Freimanner Vonovia-Mieters Franz Obst statt, der konkret seine Abrechnung von 2014 angefochten hatte. Die strittigen, nun vom Vermieter zurückzuerstattenden Posten belaufen sich lediglich auf 288,67 Euro. Die Summe steht aber stellvertretend für ein umfassendes "System Vonovia", das die Bewohner der Freimanner Wohnanlage an der Burmester-/Bauernfeindstraße Deutschlands größtem privaten Wohnungsvermieter nachweisen wollen. Sie stehen damit nicht allein: Überhöhte, nicht transparente Abrechnungen bei teils nicht erbrachten Dienstleistungen bemängeln unter anderem auch Vonovia-Mieter in Neuried (Landkreis München), und an weiteren Standorten des Bochumer Konzerns, der deutschlandweit rund 400 000 Wohnungen vermietet.

Zahlreiche Mieter und ihre Interessenvertreter werfen dem börsennotierten Konzern vor, systematisch Hausmeister- und andere Dienstleistertätigkeiten weit über der erbrachten Leistung abzurechnen. Die Gebühren fließen dabei, so der Vorwurf, in die Kassen eigener Tochtergesellschaften. Zweifelhaft erscheinen Mietern insbesondere die Kontrollgänge der vom Vermieter bestellten "Objektbetreuer". In Freimann ging es etwa um die teure Kontrolle von Lichtschaltern, Feuerlöschern oder Hebeanlagen. Für die Mieter unmittelbar spürbare Leistungen wie die Reinigung von Müllcontainer-Plätzen seien dagegen teils ausgeblieben, wie eine Zeugin im Februar ausgesagt hatte.

Die strittigen Summen könnten insgesamt zu mehrstelliger Millionenhöhe auflaufen. Einzeln liegen sie aber, wie auch in Freimann, meist in einem Bereich, der Anwälten kein lukratives Mandat verspricht. Dies könnte sich nun ändern, falls Rechtsbeistände das Urteil aufgreifen und ähnliche Fälle aus je einer Wohnanlage in Dutzenden, oder gar Hunderten Anklageschriften bündeln. Ein solches Vorgehen, mit dem sich das hierzulande geltende Verbot von Sammelklagen umgehen ließe, hatten Mieter und Juristen auf Versammlungen in Neuried ins Auge gefasst.

Parallel dazu erwägt der Mieterverein München eine Musterfeststellungsklage beim Oberlandesgericht. Das erst im Herbst 2018 geschaffene Instrument kann Einzelklagen nicht ersetzen, erhöht deren Chancen aber deutlich. Ins deutsche Recht eingeführt wurde es aus Anlass des Dieselskandals. Die juristische Aufarbeitung des Urteils will Kläger Obst den Experten vom Mieterverein überlassen, er zeigte sich aber zuversichtlich hinsichtlich der erhofften Präzedenzwirkung seiner Klage. Die Urteilsbegründung bezichtigt Vonovia nicht direkt der gezielten, illegalen Bereicherung an Nebenkosten, weist aber auf diese Möglichkeit hin.

Der Konzern hatte demgegenüber bisher jeden Vorsatz bestritten und Unstimmigkeiten mit der Größe und Unübersichtlichkeit des Wohnungsbestandes erklärt. In einer aktuellen Stellungnahme verweist Vonovia gleichwohl auf die formale Richtigkeit der Abrechnungen und prüft nun, in Berufung zu gehen.

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