Freimann:Von Turm zu Turm

Das Rote Kreuz will die Seniorenwohnanlage am Kieferngarten Schritt für Schritt sanieren und erweitern. Die Bewohner können während der Bauarbeiten zwar bleiben, einige müssen aber innerhalb des Ensembles umziehen

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Eines der stadtweit größten Seniorenheime steht in den nächsten Jahren vor einem radikalen und aufwendigen Umbau. Der Eigentümer, das Bayerische Rote Kreuz (BRK), will die Gebäude an der Bauernfeindstraße in der Siedlung Kieferngarten sukzessive sanieren und womöglich aufstocken, zudem einen Erweiterungsbau errichten. Wie der stellvertretende Landesgeschäftsführer des BRK, Wolfgang Obermair, darlegt, sollen die drei Wohntürme in der Anlage "Seniorenwohnen Kieferngarten" nacheinander komplett entkernt werden. "Wir haben einen langen Vorlauf und glauben, dass das gut gestaltbar ist", sagt Obermair zu den Auswirkungen auf die derzeit rund 600 Bewohner in der Anlage.

Die drei gut 30 Meter hohen Häuser hat das BRK 1975 von einer bankrotten Baufirma übernommen; die Bauwerke auf dem 30 000 Quadratmeter großen Grundstück, auf dem auch ein Flachbau mit dem Pflegebereich steht, waren damals nur zum Teil fertig und standen vor der Zwangsversteigerung. Das nicht unerhebliche Investment war zu dieser Zeit für das BRK einer der Marksteine, sich neben Rettungsdienst und Katastrophenschutz auch als Seniorenheimbetreiber zu etablieren. Nun wird die Hilfsorganisation erneut viel Geld in die Anlage pumpen: Auf gut 150 Millionen Euro taxiert Obermair den Kapitaleinsatz. "Das können wir nicht aus eigener Kraft stemmen", räumt er ein. Die angepeilte Lösung: Ein Teil des Grundstücks soll verkauft werden, das BRK aber weiter alleiniger Träger der Anlage bleiben. Die Partnersuche soll erst dann losgehen, wenn die Stadt ihre Zustimmung zu den Plänen gegeben hat - also eine positive Antwort auf eine Bauvoranfrage vorliegt, die den Behörden in Kürze zugestellt werden soll.

Freimann: Die drei gut 30 Meter hohen Häuser hat das Rote Kreuz 1975 von einer bankrotten Baufirma übernommen.

Die drei gut 30 Meter hohen Häuser hat das Rote Kreuz 1975 von einer bankrotten Baufirma übernommen.

(Foto: Catherina Hess)

An den Konturen für das Modernisierungskonzept tüftelt das BRK schon seit mehreren Jahren. Es geht um eine "grundsätzliche technische und bauliche Sanierung", wie Obermair sagt. Das betrifft vor allem die Wohntürme mit den 388 Einzel- und 141 Zwei-Bett-Zimmern für betreutes Wohnen. Nicht nur, dass das Interieur sowie Heizungs-, Wasser-, Strominstallationen aus den Siebzigerjahren arg in die Jahre gekommen sind; es gilt auch, das Seniorenheim gemäß neuer gesetzlicher Standards zu konzipieren: spezielle Ausstattungs- und Größenvorgaben für Zimmer und Bäder etwa. "Nach 45 Jahren müssen wir jetzt gründlich schauen, was wir machen müssen", sagt Obermair.

In der Konsequenz heißt das: Im Inneren der Türme bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Die komplette Gebäudetechnik wird ausgetauscht, überdies Wände eingerissen, Grundrisse neu zugeschnitten - auch, um angemessene Gemeinschaftsbereiche für die Bewohner zu schaffen. All dies sei nur möglich, wenn die Häuser leer stehen. Die BRK-Führung versichert: Keiner der Bewohner wird von der Anlage wegziehen müssen. Allerdings wird es wohl für einige nötig werden, innerhalb des Ensembles umzusiedeln.

Freimann: Auf gut 150 Millionen Euro taxiert das Rote Kreuz den Kapitaleinsatz für den Umbau der Gebäude und geht noch auf Partnersuche.

Auf gut 150 Millionen Euro taxiert das Rote Kreuz den Kapitaleinsatz für den Umbau der Gebäude und geht noch auf Partnersuche.

(Foto: Catherina Hess)

Konkret stellt sich das BRK das so vor: Pro Jahr versterben an dem Standort erfahrungsgemäß rund 100 der betagten Bewohner. Diese Plätze werden zunächst nicht besetzt, sodass sich - es mag makaber klingen - das primär ausgewählte Sanierungsobjekt quasi auf natürliche Weise leert. Die Verbliebenen müssen wohl oder übel innerhalb des Ensembles die Wohnung wechseln. "Wir wollen Turm für Turm sanieren", sagt Obermair. Das heißt: Frühestens 2022, wenn die Sanierung des ersten Gebäudes losgehen soll, muss dieses verwaist sein, pro Haus sind jeweils ein Jahr Sanierungszeit angesetzt, währenddessen ein ausgefeilter Umsiedlungsplan die Belastung für die alten Menschen so gering wie möglich wird halten müssen. "Es ist gut steuerbar, weil wir noch viel Zeit haben", versichert Wolfgang Obermair.

Vor dem Turm-für-Turm-Projekt soll nach derzeitiger Planung der Erweiterungsbau fertig sein, der auf der Freifläche über der Tiefgarage entsteht. Dort soll vorübergehend der stationäre Pflegebereich mit derzeit 116 Plätzen unterkommen, langfristig soll er dann Platz für gut 200 Verwaltungsarbeitsplätze von den verstreuten BRK-Standorten sowie der BRK-Tochtergesellschaft Sozialservice-Gesellschaft (SSG) bieten, die auch als Betreiber des Heims am Kieferngarten firmiert. Ferner sollen 70 Mitarbeiterwohnungen entstehen. Doch nicht nur mit dem Anbau, auch im Bestand will das BRK erweitern: Jeder Wohnturm soll möglichst um ein paar Etagen aufgestockt werden. Denn das moderne Grundrisskonzept sieht bis zu 80 Prozent Einzel-Apartments vor - was insgesamt, bliebe der verfügbare Platz gleich, die Kapazität reduzieren würde. So hofft das BRK, dass die Stadt sich einer moderaten Aufstockung nicht verschließt, damit die Bewohnerzahl nach Obermairs Worten um fünf bis zehn Prozent erhöht werden kann. Die Bewohner selbst sind vor einigen Tagen über die Pläne informiert worden. Als "positiv zurückhaltend, gelassen und wenig kritisch", beschreibt Einrichtungsleiterin Christiana Igl die Stimmung. "Sie wissen ja auch seit Jahren, dass an der Anlage etwas gemacht werden muss."

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