Süddeutsche Zeitung

Freimann:Spuren im Sand

Mit dem Umbau der Kreuzung Lilienthalallee/Edmund-Rumpler-Straße nehmen die Vorbereitungen für den geplanten Mobilitäts-Gewerbepark Formen an. Auch das Projekt "Motorworld" in der Lokhalle macht Fortschritte

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Oberflächlich betrachtet hat sich noch nicht viel verändert. Das Bauwerk sieht immer noch nach Ruine aus, eine mit neuen Fenstern immerhin. Drumherum herrscht das obligatorische Durcheinander, das für Großbaustellen typisch ist. Bagger haben Erdreich zu einem riesigen Berg aufgeschichtet, der beinahe an das Dach dieser gigantischen Halle heranreicht, dem ehemaligen Bundesbahnausbesserungswerk an der Lilienthalallee, genannt "Lokhalle". An der Straße schlackert das Signum des Investors an den Fahnenmasten: "Motorworld" steht auf den Flaggen, die Welt der Motoren. Allein, die Erlebniswelt für Automobilfans in der Halle wird ein wichtiger, aber nicht der einzige Baustein sein in einer noch viel größeren Welt der Mobilitätsbranche, die derzeit auf diesem Areal in Freimann heranwächst.

Das ehemalige Bahn-Gelände zwischen Lilienthalallee im Osten und Maria-Probst-Straße im Westen steht vor einem Neubeginn - der Wandel dieses so lange brachliegenden Gebietes setzt sich endgültig in Bewegung. Die Umformung der Lokhalle zu einem spektakulären Auto-Event-Ensemble läuft bereits; dazu wird jetzt für den geplanten Mobilitäts-Gewerbepark im Umfeld der Boden bereitet. Der Aufbruch ist an den Vorbereitungen für die Erschließung des Geländes zu erkennen: Die Kreuzung Lilienthalallee/Edmund-Rumpler-Straße wird seit Kurzem umgebaut, um für erhöhtes Verkehrsaufkommen gerüstet zu sein. Der Abschnitt ist auf eine Spur reduziert, die Lilienthalallee ab der Alois-Wolfsmüller-Straße für Autofahrer von Süden her gesperrt. Vom Frankfurter Ring aus ist keine Durchfahrt zur Heidemannstraße möglich. Die Arbeiter werden die Kreuzung erweitern und je eine Abbiegespur auf das Gelände von Süden und Norden her anlegen. Wo jetzt noch eine Schotterschneise ist, soll Ende August eine neue Straße mit Wendehammer sein - die Zufahrt zu einem neuen Nukleus der Autobranche im Norden der Stadt.

Das Schmuckstück im neuen Branchencluster soll das Projekt "Motorworld" werden. Die Geschäftsidee des schwäbischen Investors Andreas Dünkel ist schon fast ein Franchise-Modell; es gibt Ableger in Stuttgart und Köln sowie Planungen in Berlin, Metzingen und auf Mallorca. Bei kostenlosem Eintritt wird alles geboten, was Auto-Begeisterte begehren: chromblitzende Oldtimer, geparkt in Glasboxen bis unter die Decke; dazu Shops mit allerlei Zubehör, flankiert von einem Hotel mit Rennsport-Ambiente.

Das Besondere an dem in Freimann entstehenden Projekt: Die Welt für Autoliebhaber wird in der 37 000 Quadratmeter großen, denkmalgeschützten Halle eingebettet - ein moderner Karossen-Kosmos aus Glas und Stahl mit historischem Industrie-Flair. Das hat seinen Preis. War ursprünglich von 75 Millionen Euro Kosten die Rede, spricht Dünkel jetzt von "80 bis 85 Millionen Euro".

Der Chef der Unternehmensgruppe hat erkennbar kein Problem damit, noch ein paar Millionen mehr zu investieren: "Wir haben hohe Ansprüche und wollen das optimale Angebot." Die Kostensteigerung ergebe sich aus den vielen Details. Allein die Erneuerung des Daches und der Fassade - derzeit zu 80 Prozent vollzogen - sei "ein riesiger Aufwand". Das gilt auch für die Tiefgarage, die Platz für 550 Autos bieten soll und am Südwesteck der Halle zum Teil unter das große Bauwerk platziert wird. Noch in diesem Jahr soll mit dem Innenausbau begonnen werden; die Eröffnung ist Ende 2018 geplant. "Wir sind sehr zufrieden mit dem Projektstand", versichert Andreas Dünkel.

Womöglich bezieht sich dies auch auf die Entwicklungen auf dem Südteil des Areals - dort, wo die CA Immo Deutschland GmbH die Kreuzung umbauen und eine Straße ins Gelände planieren lässt. Die Immobiliengesellschaft ging einst aus der Verwertungsgesellschaft der Deutschen Bahn hervor und suchte gut 20 Jahre vergeblich nach einem Investor, der hohe Kosten und Denkmalschutzauflagen nicht scheut. Den fanden sie in Unternehmer Dünkel, der auch gleich die Veranstaltungshallen Zenith, Kesselhaus und Kohlebunker kaufte; dazu gesellte sich noch die Bauhaus-Kette, die in den Nordteil der Halle eine ihrer Baumarkt-Filialen integriert hat. Auch dieser Baustein passt zum Konzept. Denn die Kunden können mit ihrem Auto in den Markt hineinfahren und zwischen den Hochregalen herumkurven.

Der Rest des Geländes soll nach Vorstellung der CA Immo zum "Campus für Innovation und Forschung" arrondiert werden - ein spezielles Gewerbegebiet für die Autoindustrie. Die Idee: Neben der glitzerbunten "Motorworld" entsteht ein Hotspot der Branche mit Zulieferbetrieben, Ingenieurbüros, Laboren. Zupass kommt dem Konzept, dass der Autoriese BMW seine Dependance gleich in der Nachbarschaft massiv ausbaut - was der Standort-Strahlkraft sicher nicht abträglich sein wird. Die Konturen der Planung existieren bereits: Vier Gebäude sollen südlich der Lokhalle auf der großen Kiesfläche errichtet werden, drei mit jeweils 13 500 Quadratmetern Nutzfläche, eines mit 9500 Quadratmetern. Der fünfte Baukörper ist wiederum ein Dünkel-Projekt: Hinter der Zenith-Halle soll das "Zenith 2" entstehen, dazu ein 20 Meter hohes Parkhaus für 600 Autos.

Bisher, so betont ein Sprecher der CA-Immo, sei der Auto-Cluster-Plan nur "eine konzeptionelle Idee"; mit der Vermarktung der Räume sei noch nicht begonnen worden. Die Chefetage will damit warten, bis das behördliche Bebauungsplanverfahren abgeschlossen ist - im ersten Quartal 2018, so hofft man bei CA Immo, soll es soweit sein.

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Quelle:
SZ vom 08.06.2017
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