Süddeutsche Zeitung

Freimann:Schlag ins Wasser

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Politiker im Viertel fordern bis zu 1000 Wohnungen zusätzlich beim Neubau-Gelände am einstigen Floriansmühlbad. Der Stadtrat fürchtet Verzögerungen und will nicht mehr umplanen

Von Julian Raff, Freimann

Üblicherweise empfehlen sich Bezirksausschüsse und ihre Vorsitzenden als Bürgeranwälte gegen raumgreifendes Bauen. Wenn der Schwabinger BA-Chef Werner Lederer-Piloty (SPD) also für eine Erweiterung des Planungsgebietes "Floriansmühlbad" um 800 bis 1000 Wohnungen plädiert und mit dem gegenteiligen Stadtratsbeschluss hadert, lässt dies aufhorchen, nicht nur wegen der deutlichen Worte. Die Stadträte hatten vergangene Woche ein Planungsverfahren eröffnet, dessen Ziele manch alteingesessenem Freimanner nicht nur wegen der Dichte von 30 000 Quadratmetern Wohnfläche auf einem Hektar Grund in der Seele weh tun. Endgültig unter dem Wohnkomplex der Bayerischen Hausbau begraben werden dann nämlich Hoffnungen auf die Wiederbelebung des seit einem Vierteljahrhundert geschlossenen hübschen Floriansmühlbades.

Ähnlich wie im Maria-Einsiedel-Bad (Thalkirchen) konnte man sich in dem damals privaten, 1932 gegründeten Bad vom kalten Kanalwasser mittreiben lassen, oder einfach den nostalgischen Charme genießen, ehe die betagten Betreiber 1989 aufgaben. Das Gelände ging anschließend in die Hände der Hypobank, später Hypo-Vereinsbank, heute Unicredit, über, deren Pläne für einen Firmensportpark im Sand verliefen. Seit vielen Jahren liegt damit der verwunschene Fleck im Dornröschenschlaf und ist nicht mehr als eine eingezäunte Idylle. Niemand kann die grüne Oase nutzen. Betreten wird sie einzig von Gärtnern, die hier regelmäßig Gras mähen, Büsche stutzen und bruchgefährdete Äste abschneiden. Eine SPD-Ratsinitiative, die Stadt zum Ankauf und die Stadtwerke zum Neustart eines Bades zu bewegen, liegt zweieinhalb Jahre zurück und dürfte voraussichtlich die letzte ihrer Art gewesen sein.

Umso enttäuschter reagiert Bezirksausschuss-Chef Werner Lederer-Piloty nun auf einen Beschluss, mit dem die Stadtoberen seiner Meinung nach erneut eine Chance vergeben: Der Verein TS Jahn betreibt nördlich des Bades ein vier Hektar großes Golf-Übungsgelände, das dieser gerne verkaufen würde, um den Erlös in eine Dreifachturnhalle zu stecken, die ein kleines Stück weiter nördlich, zur Aldi-Filiale hin, stehen soll. Für den BA-Vorsitzenden die Chance, bis zu 1000 neue Wohnungen auf dem dann frei werdenden Golf-Gelände und eine wettersichere Sportstätte zu schaffen - alles eingebettet in ein "lebendiges Mischquartier", anstelle einer sterilen "Schlaf-Siedlungsinsel" argumentiert der Stadtteilpolitiker.

Werner Lederer-Piloty warnt außerdem davor, die Nordfläche als Sportgelände zu reservieren. Ein solches müsste zum neuen Wohngebiet hin schalldicht abgeriegelt werden und könnte wohl trotzdem nur eingeschränkt bespielt werden. Per Änderungsantrag hatte die Fraktionsgemeinschaft FDP-Hut-Piraten im Münchner Stadtrat noch versucht, die nördlichen Flächen in den Bebauungsplan und das Gebiet des Architektenwettbewerbs aufzunehmen.

Die übergroße Mehrheit schloss sich aber Stadtbaurätin Elisabeth Merk an, die eine Verzögerung des Verfahrens befürchtet. "Keine Minute" werde es länger dauern, glaubt dagegen Lederer-Piloty. Ohnehin habe die Stadtverwaltung, wie er im BA feststellte, mit dem Beschluss ja nun eine "Lizenz zum Weiterschnarchen". Mit der Randbemerkung hatte der Chef offenbar für sein Gremium gesprochen, das sich jedenfalls weitere Diskussion angesichts praller Tagesordnung sparte. Im SZ-Gespräch holte Lederer-Piloty noch weiter aus: "Während man der Bayerischen Hausbau zum Absetzen ihrer Wohnklötzchen den roten Teppich ausrollt, knallt man der TS Jahn die Tür vor der Nase zu."

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Quelle:
SZ vom 01.08.2016
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