Freimann:Samstags hat der Wachdienst frei

Absperrung im Wohngebiet rund um die Münchner Allianz Arena, 2018

Spielt der FC Bayern in der Allianz-Arena, stehen drei Stunden vor Spielbeginn Menschen in orangefarbenen Warnwestwesten hinter Baken am Rande der Wohnareale. Ihr Ziel: Fans, die einen Parkplatz suchen, davon zu überzeugen, dort erst gar nicht hineinzufahren.

(Foto: Catherina Hess)

Seit fünf Monaten gibt es rund um die Allianz-Arena ein Anwohnerschutzkonzept, um das Verkehrschaos bei den Heimspielen des FC Bayern einzudämmen. Nun tragen Anwohner und Behörden eine abgespeckte Variante mit

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Seit August 2018 sind vor Heimspielen des FC Bayern in der Allianz-Arena an Straßenkreuzungen der südlich gelegenen Siedlungen Menschen in orangefarbenen Warnwestwesten präsent; sie stehen hinter weiß-roten Sperrbaken, in Kieferngarten, in der Haidpark-Siedlung, an der Burmesterstraße - ein privater Security-Dienst soll dafür sorgen, dass mit dem Auto anreisende Fußballfans nicht wild in den Wohnstraßen parken.

Nach fünf Monaten soll dieses so genannte Anwohnerschutzkonzept jetzt nur noch in reduzierter Form weiterlaufen, wie am Dienstag in der Sitzung des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann bekannt wurde: In Abstimmung mit Anwohnervertretern soll die Aktion nur noch bei Abendspielen unter der Woche, nicht mehr am Wochenende, stattfinden. Das Lokalgremium trägt diese Entscheidung allerdings nicht mit - und verlangt die Weiterführung in vollem Umfang. "Es kann bisher keine gesicherte Aussage getroffen werden, ob das Anwohnerschutzkonzept wirklich funktioniert", sagte Patric Wolf (CSU), der an diesem Abend die Sitzung leitete.

Das Kreisverwaltungsreferat (KVR), die Allianz Arena München Stadion GmbH, die Polizei und auch Teile der Bevölkerung sind indes durchaus der Auffassung, dass die Maßnahmen Wirkung zeigen. "Die Probleme sind deutlich weniger geworden", sagt Walter Hilger, Vorsitzender der Siedlerschaft Kieferngarten, einer Interessenvertretung für gut 400 Grundeigentümer und deren Familien. Nach seinen Worten haben Emissäre der Stadionbetreibergesellschaft zuletzt bei einem Treffen mit Behörden- und Polizeivertretern am 8. Januar durchblicken lassen, dass man die anteiligen Kosten von 75 000 Euro im Jahr gerne reduzieren würde. Er, Hilger, habe selbst angeregt, den Aufwand an Samstagen zu lassen und überdies den Vorschlag mitgetragen, die Aktion an Sonntagen zu streichen. "Wir wollen dem FC Bayern entgegenkommen. Schauen wir uns nun die zweite Hälfte der Saison an, wie es läuft", sagt Hilger.

Er selbst zählt zu den Hauptakteuren, die jahrelang mit Stadt, Polizei und FCB um ein Konzept gerungen haben, das regelmäßige Verkehrschaos in Freimanner Vierteln einzudämmen. Die Anwohner nehmen die Fußballfans als regelmäßig wiederkehrende Plage wahr, die ihre Straßen zuparken, in Hauseingänge urinieren, ihren Müll hinterlassen. Als Traumkonzept gilt der Nachbarschaft eine Radikallösung: strikte Zufahrtssperren, überwacht von der Polizei. Doch von offiziellen Stellen hieß es, dass dies rechtlich nicht möglich sei. Autofahrern, woher sie auch kommen mögen, könne und dürfe die Zufahrt zu öffentlichen Straßen nicht verwehrt werden.

Die Kompromisslösung: An neuralgischen Zufahrtsstellen werden an Spieltagen drei Stunden vor Anpfiff Baken aufgestellt, die Wächter in ihren Warnwestwesten gehen in Stellung, und die Polizei nimmt verstärkt Falschparker ins Visier. Dazu lässt die Stadt Schilder mit der Aufschrift "Verbot für Kraftfahrzeuge, Anlieger frei" aufstellen.

Die Fußballfans sollen damit dazu bewegt werden, nicht in die Viertel hinein zu fahren - daran hindern dürfen Security-Mitarbeiter und Polizeibeamte sie nicht. Dennoch hat sich die Situation entspannt, wie Polizei- und Anwohnersprecher bereits vor Weihnachten berichteten. Dazu beigetragen hat auch, dass die Verkehrsbehörde in Straßenzügen im großen Stil Halteverbotsschilder aufgestellt und damit Dutzende Parkplätze faktisch gestrichen hat; zusätzlichen fallen illegale Stellplätze an Grünstreifen weg, die nun mit Rasenschutzbügeln gesichert sind. "Das hat einiges gebracht", begründet Hilger seine wohlwollende Haltung zum abgespeckten Konzept. Zumal die Situation an Samstagen ohnehin nie das Problem gewesen sei, da viele Besucher mit der U-Bahn anreisen.

Die Lokalpolitiker wollen das dennoch nicht mittragen. Von "Salamitaktik" war die Rede, das Konzept womöglich bald ganz abzuwickeln. Der Beschluss, die Aktionen mit Baken, Schildern und Security-Personal unverändert bis zum Ende der Saison durchzuziehen, fiel einstimmig.

Das KVR verteidigt unterdessen das Vorgehen. "Insgesamt war man sich einig, dass Verbesserungen erzielt wurden", sagt ein Behördensprecher zum einvernehmlichen Ergebnis des Treffens, wobei die Entwicklung bei Wochenendspielen bis Saisonende weiter beobachtet werden soll. Dann soll nochmals ein Austausch mit allen Beteiligten erfolgen. "Der Beschluss wurde gemeinschaftlich gefasst", betont auch der Geschäftsführer der Allianz Arena München Stadion GmbH, Jürgen Muth. Und er signalisiert, dass auch über die weitere Finanzierung im Konsens entschieden werden soll. Muth: "Es wurde vereinbart, eine Testphase mit freiwilliger Kostenübernahme der Allianz Arena bis zum Ende der Saison 2018/2019 durchzuführen und sie abschließend zu bilanzieren."

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