Freimann:Auf Augenhöhe

Freimann: Blinde Kuh: Das spielen Münchner Senioren mit jungen Geflüchteten im aktuellen Stück "Orient Connection" des Theaters Grenzenlos, das für seine Arbeit mit dem Preis "Kultur für Respekt" ausgezeichnet wurde.

Blinde Kuh: Das spielen Münchner Senioren mit jungen Geflüchteten im aktuellen Stück "Orient Connection" des Theaters Grenzenlos, das für seine Arbeit mit dem Preis "Kultur für Respekt" ausgezeichnet wurde.

(Foto: Mohr-Villa/oh)

Theater Grenzenlos wird mit dem Mohr-Villa Preis "Kultur für Respekt" ausgezeichnet

Von Andrea Schlaier, Freimann

Sie kramt hilflos in der Vokabelschublade ihres Hirns. Aber der Dame, die, reich an Jahren, im Altersheim sitzt, will es partout nicht einfallen, das so dringend gesuchte Wort. Alltäglicher demenzieller Stolperer. Licht aus und Gegenschnitt: Spot auf einen jungen Geflüchteten, den ein ähnliches Problem bewegt: Er sucht die korrekte Bedeutung des Wortes "stellen" - und findet im Nachschlagwerk 40 verschiedene. Dies ist eine ziemlich eindrückliche Szene des aktuellen Stücks "Orient Connection" des Vereins Theater Grenzenlos, das sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters zusammenzubringen. Beim mittlerweile vierten Stück der Gruppe, das 2019 bereits über 1500 Besucher gesehen hat, sind junge Geflüchtete und Münchner Senioren auf der Bühne. Für seine Arbeit haben die Theaterleute am Sonntag die erstmals vergebene und mit 1000 Euro dotierte Auszeichnung "Kultur für Respekt" der Mohr-Villa erhalten.

"Viktor Schenkel, der Initiator des Vereins Grenzenlos, hat mit seinem Theater ein beispielhaftes Integrationsprojekt aufgebaut", laudierte Carola Meier von der Mohr-Villa. "Er hat die schwierige Aufgabe bewältigt, aus traumatisierten Jugendlichen ohne ausreichend deutsche Sprachkenntnisse und deutschen Schülerinnen und Schülern eine feste Theatergruppe zu formen. " Beide Seiten begegneten sich auf Augenhöhe; das schaffe Selbstbewusstsein. "Wir wollen mit dem Preis die Aufmerksamkeit auf Menschen lenken", schloss sich Mohr-Villa-Kollegin Brigitte Fingerle-Trischler an, "die sich im Münchner Norden für Zusammenhalt und Gemeinsinn einsetzen." Der geehrte Schenkel gab die Komplimente zurück und dankte dem Villa-Team für die Begleitung der Arbeit, besonders Mitinitiatorin und Geschäftsführerin Julia Schmitt-Thiel.

Gegenseitiges Schulterklopfen war ohnehin die Geste des Tages. Die Mohr-Villa hatte zum Neujahrsempfang geladen und dies zum Anlass genommen, den vielen Ehrenamtlichen und Initiativen, die das Haus mittragen, zu danken, so Schmitt-Thiel: "Wir stehen für das bunte und weltoffene München, in dem respektvoll miteinander umgegangen wird." Und der Preis eben auch. Prominentestes Lob kam aus dem Mund des anwesenden Oberbürgermeisters: Ehrenamtliches Engagement, so Dieter Reiter, auch das rund um die Mohr-Villa, sei ein wichtiger Beitrag für eine friedliche Gesellschaft.

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