Freiham:Humus für den Zusammenhalt

Freiham: Das macht Hunger: In Freiham entsteht derzeit eine essbare Landschaft.

Das macht Hunger: In Freiham entsteht derzeit eine essbare Landschaft.

(Foto: Bauchplan)

Das Garteln in der "internationalen Stadt aus Stroh" soll die Neugier auf das künftige Leben in Freiham wecken

Von Ellen Draxel, Freiham

Die Kartoffeln sind bereits gesetzt. Am Freitag sollen noch Stecklinge für Salate, Wurzelgemüse, Kräuter, Tomaten und Gurken in den Acker an der Wiesentfelser Straße gepflanzt werden, natürlich Bio-Ware. In Freiham entsteht dieser Tage auf 700 Quadratmetern ein Freiluft-Supermarkt - eine essbare Landschaft inmitten eines Ovals aus Stroh. Anfang Mai haben angehende Gärtner der Berufsschule für Gartenbau das runde Feld angelegt, Flüchtlinge aus der Unterkunft an der Mainaustraße halfen beim Aufschichten der Strohballen. Offizieller Startschuss für die "internationale Stadt aus Stroh", wie die Organisatoren das Stadtentwicklungsprojekt nennen, ist an diesem Freitag, 13. Mai, von 11 Uhr an mit der Aktion "Pflanz und Tanz". Besucher sind eingeladen, den Acker mit Jungpflanzen zu bestücken, die Bienenvölker zu begrüßen und gemeinsam bis 22 Uhr zu feiern.

Der Freiluft-Supermarkt auf einem Teil der Fläche des künftigen Wohngebiets Freiham-Nord ist kein klassisches urbanes Gartenprojekt. Die Federführung haben Landschaftsarchitekten und Stadtplaner übernommen, sie wollen neben der Ernährungsfrage vor allem das Miteinander in einem neu entstehenden Stadtteil in den Vordergrund rücken. "Uns geht es darum, die Menschen aus dem Viertel einzubinden, zu zeigen, wie viel Engagement aus der Bevölkerung kommen kann", sagt Julia Bleicher vom Münchner Landschaftsarchitektur-Büro Bauchplan. Alltag und Event werden in dem bis 2017 andauernden Projekt miteinander verbunden, alteingesessene Anwohner treffen auf Zugezogene, heimische Bürger auf Menschen aus fremden Ländern. Das Stroh-Rund, langfristig deutlich höher geplant als jetzt, nimmt das ovale Logo Freihams auf. Der Freiluft-Supermarkt soll den städtischen Humus bilden, auf dem sich das neue Leben in Freiham anreichern kann. "Wir möchten mit diesem Strohballen-Panorama und den kulturellen Veranstaltungen ein schönes Bild von dem entstehenden Stadtteil senden - und wenn es nur darum geht, dass Freiham künftig nicht mehr mit Freimann verwechselt wird", sagt Bleicher schmunzelnd.

Involviert sind ganz unterschiedliche Akteure. Das Büro Bauchplan koordiniert und verantwortet die Umsetzung des Konzepts, das Kartoffelkombinat liefert die Gemüsepflanzen. Blu Blumen sorgt für die Kräuter, die Kartoffeln stammen von einem Bauern aus Emmering. Die Abfallwirtschaftsbetriebe spenden Holz, mit dem eine Bühne und eine Bar auf Strohbasis geschaffen werden sollen. Auch die "Urbanauten", ein Imker mit zwei Bienenstöcken und Torsten Cebulsky, Lehrer an der Berufsschule für Gartenbau, sind an der Planung und Realisierung beteiligt. Und für die tägliche Bewirtschaftung sorgen, so die Hoffnung der Initiatoren, die Münchner Bürger: "Es geht nicht darum, hier einzukaufen", betont Landschaftsarchitektin Bleicher. Das Essen verdient man sich im Freiluft-Supermarkt über die Mitarbeit, im Idealfall nimmt jeder nur so viel frisches Gemüse mit, wie er auch verzehren kann. "Der Freiluft-Supermarkt lebt von Sponsoren", erklärt die Koordinatorin. Viel ist an Unterstützung schon geflossen. Was aber nach wie vor fehlt, sind Gartengeräte wie Schaufeln, Spaten, Rechen.

Ungeklärt ist bislang außerdem, wo das Wasser für die Pflanzen herkommen soll. Das zwölfköpfige Orga-Team würde am liebsten einen Brunnen bohren. "Aber das Wasser ist hier sehr tief, und das Gelände muss noch archäologisch untersucht werden." Weshalb die Bewässerung zunächst wohl auf das Anzapfen eines Hydranten per Standrohr hinauslaufen wird.

Vier Ereignisse sind in der Mini-Stroh-Stadt in dieser Saison geplant - außer dem Auftakt noch die Heubar am 29. Juli zu Beginn der Sommerferien unter dem Motto "Endlich frei", die Aktion "Erntegut" am 3. September und das "Strohfeuer" am 9. Oktober. Sollte es am Freitag wie angekündigt regnen, können die Veranstalter zwar keine kostenlosen Regencapes ausgeben. "Aber vielleicht", sagt Julia Bleicher lachend, "küren wir ja die beste Gummistiefel-Regenhaut-Kombi".

Kontakt zu den Organisatoren ermöglicht die E-Mail-Adresse info@freiluftsupermarkt.de.

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