Freiham:Bei Ankunft Licht

Intelligentes Licht am Fußweg parallel zur Ellis-Kaut-Straße, Freiham

Nähert sich ein Fußgänger, werden die Straßenlampen heller, ist er vorbeigegangen, fahren sie ihre Leistung wieder herunter.

(Foto: Florian Peljak)

Bewegungssensoren ermöglichen adaptive Straßenbeleuchtung. Die Stadt testet die Technologie im Neubauviertel im Westen

Von Ellen Draxel, Freiham

Auf den ersten Blick scheint sich der Fußweg zwischen der Ellis-Kaut-Straße und der Grundschule an der Gustl-Bayrhammer-Straße nicht von anderen Wegen in München zu unterscheiden. Die Route ist breit und auch in der Nacht gut zu erkennen, allerdings wird sie angesichts des noch nicht besiedelten Wohnquartiers Freiham-Nord bislang wenig frequentiert. Ist dann doch mal der eine oder andere Spaziergänger in den Abendstunden unterwegs, wird dieser die spezielle Beleuchtung, die entlang der 350 Meter langen Strecke angebracht ist, vermutlich überhaupt nicht wahrnehmen. Denn dafür müsste er bewusst die Lichtkegel auf dem Asphalt beobachten. Nur dann würde ihm auffallen, dass sich die Lichtintensität der Lampen ändert.

Dass an dieser Ecke eine dauerhaft helle Beleuchtung fehlt, ist gewollt. Die Stadt testet an dem Fußweg eine neue Technologie, im Rahmen des EU-Projekts "Smarter together". "Bei Bedarf Licht" nennt sich das Konzept - oder im Fachjargon "Adaptive Beleuchtung". Die Idee dahinter: Energie soll eingespart und Fauna wie Flora störende Lichtverschmutzung in der Nacht minimiert werden, ohne dass die Orientierungsfähigkeit und das Gefühl der Sicherheit, das Helligkeit vermittelt, darunter leiden.

Machbar ist diese Kombination dank einer ausgeklügelten Sensorik. 16 Straßenlaternen säumen den Weg parallel zur Ellis-Kaut-Straße - zwölf von ihnen, diejenigen, die nicht an Kreuzungen stehen, hat das Baureferat mit einem etwas mehr als Zigarettenschachtel-großen Bewegungssensor ausgestattet. "Das Gerät erfasst Bewegungen und informiert die Nachbarleuchten über Funk, wenn jemand kommt", erklärt Bernhard Grau von der Abteilung Straßenbeleuchtung und Verkehrstechnik im Baureferat Tiefbau. In vier Richtungen tasten die Sensoren permanent die Umgebung ab. Nähert sich ein Passant dem ersten Lampenmasten, schaltet die Leuchte automatisch die Lichtstärke hoch. Die Straßenlaterne, die ohne Bewegung nur zu 15 Prozent strahlt, erhellt die Umgebung dann innerhalb von zwei Sekunden zu hundert Prozent. Kurze Zeit später folgen die benachbarten Lampen - sodass der Spaziergänger immer von optimalem Licht begleitet wird. Ist der Fußgänger vorbeimarschiert, dreht sich der Prozess um: Binnen 30 Sekunden dimmt sich die Leuchte wieder auf ein Minimum herunter.

"Damit", sagt Grau, "lässt sich immens viel Energie einsparen". Noch ist die Bilanz nicht gezogen, aber schon jetzt zeigen Messungen, dass die Technologie im Vergleich zu konventionellen Leuchten bis zu 80 Prozent weniger Energie und CO₂ verbraucht. "Allein die Umrüstung auf LED-Technik spart 50 Prozent an Energie ein", weiß der Ingenieur. Den Rest schaffe die zusätzliche adaptive Beleuchtung.

Allerdings, gibt Grau zu bedenken, reiße moderne Technik auch ein Loch in den Geldbeutel. LED-Lampen seien allein in der Anschaffung fast doppelt so teuer wie konventionelle Leuchten. "Eine zusätzliche adaptive Beleuchtung verdreifacht den Wert." Interessant seien außerdem die Betriebskosten. Amortisiere sich die Anschaffung von LED-Leuchten nach zehn Jahren, koste die adaptive Technik immer noch 43 Prozent mehr. "Deshalb ist ein flächendeckender Aufbau in der Stadt derzeit auch noch nicht realisierbar." An ausgewählten Standorten wie etwa den Isarauen könnte sich der Ingenieur eine erweiterte Umsetzung aber "gut vorstellen". Als aktiven Beitrag zum Klima- und Artenschutz.

Gert Wemmer, der das vom Baureferat konzipierte und realisierte Projekt im Freihamer Grünfinger in den vergangenen Jahren für die Technische Universität wissenschaftlich begleitet hat, lobt das Modell als "Glücksfall für München". Er sei jetzt seit 30 Jahren im Lichtbereich tätig, erklärte der promovierte Naturwissenschaftler und Lichtberater bei der Präsentation des Feldversuchs. "Ich kenne keine Technologie, bei der es solche Einsparpotenziale gibt." Zwischen 50 und nahezu 90 Prozent, das sei "gigantisch". Üblich seien maximal 20 Prozent. Und dabei seien an Ort und Stelle keine Defizite spürbar.

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