Zirkusfestival im Werksviertel München:Last und Leichtigkeit

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Der Akrobat als moderner Sisyphos, der die Last des Freiberuflers leicht nimmt - so sieht sich Roman Skadra. (Foto: B. Fink)

Beim international besetzten "Freeman-Festival" zeigen zeitgenössische Zirkuskünstler, wie sie ihr hartes Leben schultern.

Von Michael Zirnstein

Zeitgenössischer Zirkus, das ist nichts mit Dummem August, dressierten Pudeln und russischer Schleuderbrettgruppe. Der moderne Zirkus definiert sich aber nicht dadurch, was er nicht ist, sondern in dem, was er sein will: Kunst. Poesie. Auseinandersetzung. Und das mit allen möglichen zirzensischen Mitteln: von Akrobatik bis Clownerie. Das zeigt nun ein großes, international besetztes Gipfeltreffen des zeitgenössischen Zirkus im Münchner Werksviertel, das "Freeman Festival".

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Die modernen Plagen des Alltags - vom To-go-Kaffeebecher bis zu TV-Reality-Irrsinn - nimmt zum Beispiel die Compagnie Wurst aufs Korn, beziehungsweise auf den Lenker. Denn die beiden Artisten aus Belgien und München inszenieren ihr gesellschaftskritisches wie komisches "Crash-Ballett" auf zwei Elektrorollern. Nahezu klassisch gleitet dagegen das Duo BOA über die Bretter: auf Kunsträdern spielen die beiden Italiener die Beziehung zwischen zwei Menschen nach, mal neckisch, mal atemlos. Auf ihr rollendes Stück "Rasoterra Circo" freut sich Michael Heiduk besonders. Der Artist und Vereinsvorsitzende der Circus Akademie München veranstaltet das Festival, finanziell unterstützt von der Stadt München.

Die Gruppe Ukbum tanzt sich mit schrägen Charakteren durch ihr Stück. (Foto: Jeroen Bijl)

Selbst mit seiner Gruppe Pepe Arts will Heiduk diesmal nicht auftreten (erst bei Tollwood wieder). Lieber möchte er hier "die Community vernetzen" und anderen Künstlern aus nah und fern vor möglichst großem Publikum im Theater Werk7, in der Tonhalle und auf dem Knödelplatz ein Forum geben. Zum Beispiel dem Trio Ukbum, das gerade ein Künstler-Stipendium in München absolviert, und seine Recherche-Ergebnisse als drei schräge Charaktere in einer "isolierten Welt" präsentiert. Max und Julian Blum alias Kaay werden am Chinese Pole und musizierend eine Familiengeschichte erzählen. Auch Sandra Hanschitz lässt sich von einem Musiker begleiten, wenn sie im Cyr-Rad zwischen schwebender Leichtigkeit und Kontrollverlust wirbelt. Und Roman Skadra balanciert in der One-Man-Show "Absolut Hero" mit einer roten 25-Kilo-Kugel auf den Schultern - sein Bild eines unermüdlich-fröhlichen Akrobaten-Sisyphos von heute.

Das Freeman-Festival ist auch für freie Frauen da: Sandra Hanschitz wird eine Cyr-Performance zeigen. (Foto: J. Glocke)

Denn sie alle wollen Lust machen auf ein Leben als moderner Zirkus-Profi, deswegen sind auch die renommierten Jugendzirkusprojekte Münchens wie Leopoldini, Imago und Movimento eingeladen, die "New Generation" zu präsentieren (am Sonntag, 13.30 Uhr, bei freiem Eintritt auf dem Knödelplatz).

Freeman-Festival, Sa. bis Mo., 27. bis 29. Mai, München, Werk7, Tonhalle, Knödelplatz im Werksviertel, www.freemanfestival.de

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