Süddeutsche Zeitung

Fraunhofer Schoppenstube:Gerti und die Rettungssinger

Bedrohte Schoppenstube: Bald soll Wirtin Gerti ihr Lokal zusperren. Prominente Gäste haben sich jetzt zu einer ausgefallenen Rettungsaktion getroffen, mit dabei Regisseur Rosenmüller, OB Ude, Schauspieler Otti Fischer.

Von Philipp Crone

Marcus H. Rosenmüller hat noch eine Chance. Der Filmemacher steht hinter der Theke der Fraunhofer Schoppenstube, zwei Kameras sind auf ihn gerichtet, eine schleppende Melodie erklingt, und Rosenmüller soll jetzt im fünften Anlauf endlich seine Zeile richtig singen: "Ein Ort voller Herzlichkeit". Doch auch dieser Versuch ist nicht perfekt, Rosenmüller prophezeit: "Rosi, die 27." Immerhin, beim sechsten Take sitzt alles, und im Lokal jubeln die Gäste.

Rosenmüller liegt in der inoffiziellen Rangliste der wenigsten Versuche auf dem letzten Platz, hinter Kabarettist Ottfried Fischer, BR-Moderator Michael Sporer und OB Christian Ude. Sie alle brauchten fünf Anläufe. Doch das macht natürlich nichts, die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich am Samstagabend wie wohl selten sonst bei Dreharbeiten. Dabei ist der Anlass für die Aktion in der Fraunhofer Schoppenstube kein fröhlicher.

Das Lokal, das seit 40 Jahren in der Fraunhoferstraße 41 von Gertrud Guhl betrieben wird, muss Mitte des Jahres schließen, der Pachtvertrag wird nicht verlängert. Schon seit Monaten setzen sich viele, zum Teil prominente Gäste wie etwa Oberbürgermeister Ude für einen Erhalt des Lokals ein, nun auch mit einem kurzen Film. "Es wäre jammerschade, wenn eine solche Einrichtung verschwinden würde", sagt Ude. Diese Einrichtung, die seit Jahrzehnten eine sichere Adresse für angenehme Schunkelatmosphäre ist.

Singen mit der "Schicksalscombo"

Der Dreh am Samstagabend ist eine Aktion der Münchner Künstlergruppe "Schicksalscombo", die ein Lied auf die Schoppenstube umgedichtet haben und Prominente je eine Zeile singen lässt. In einigen Tagen wird der Film, der auf charmante Art den Geist des Lokals zeigt, auf Youtube zu sehen sein. Er soll Wirtin Guhl dabei helfen, im besten Fall eine Pachtverlängerung oder aber eine neue Adresse für ihr Lokal zu finden.

Rosenmüller ist, wie alle anderen Protagonisten auch, ein Kenner der Kneipe, "schon seit Studentenzeiten". Er will "bis zum Schluss kämpfen". Auch Ottfried Fischer engagiert sich gerne, Ude sagt, er habe getan, was er konnte, und Tatort-Darsteller Udo Wachtveitl erklärt nach seinem Einsatz vor der Kamera: "Natürlich gibt es immer Veränderungen, man kann ja aus einem Stadtviertel kein Museum machen." Aber man könne versuchen, den Leuten klar zu machen, dass man auf manche Einrichtungen stolz sein kann und sie deshalb unterstützen sollte. Der Film, der den Charme der Schoppenstube einfängt, wird dabei sicher helfen.

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SZ vom 15.04.2013/infu
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