Süddeutsche Zeitung

Frauenfahrschule in München:Angst vor dem Lappen

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Seit einem halben Jahr gibt es in München eine Frauenfahrschule. Warum, Nina Kandlbinder? Können Frauen etwa wirklich nicht Auto fahren?

Lisa Sonnabend

Seit Dezember 2009 gibt es in Neuhausen "Pro Frau", die erste Frauenfahrschule der Stadt. Fahrlehrerin Nina Kandlbinder, 30, erklärt, warum es gar nicht stimmt, dass Frauen nicht Auto fahren können und warum dennoch eine Fahrschule nur für das weibliche Geschlecht notwendig ist.

sueddeutsche.de: Frau Kandlbinder, wie oft sind Sie durch die Führerscheinprüfung gefallen?

Nina Kandlbinder: Ich habe gleich beim ersten Versuch bestanden.

sueddeutsche.de: Und haben Sie schon einmal einen Unfall gebaut?

Kandlbinder: Selbstverschuldet nicht, nein.

sueddeutsche.de: Aber warum ist dann eine Fahrschule für Frauen notwendig?

Kandlbinder: Es ist nicht so, dass Frauen die schlechteren Autofahrer sind. Sie fahren genauso gut wie Männer! Nur manchmal dauert es vielleicht ein bisschen länger, bis sie den Führerschein haben. Jungs beschäftigen sich eben mehr mit Autos - schon von Kindesbeinen an. Mädchen dagegen haben oft erstmals in der Fahrschule mit einem Auto Kontakt. Und deswegen sind sie ein wenig unsicherer und ängstlicher. Viele Frauen fürchten sich regelrecht vor der ersten Fahrstunde.

sueddeutsche.de: Wie nehmen Sie ihnen die Angst?

Kandlbinder: Wir fahren in der ersten Stunde mit der Schülerin auf den Übungsplatz. Bevor es losgeht, wird erst einmal das Auto erklärt. Zum Beispiel, wo der Scheibenwischer ist und wie das Licht angeht. Wenn man sich gut mit dem Auto auskennt, fällt das Fahren gleich viel leichter.

sueddeutsche.de: Aber das könnte man Frauen ja auch in normalen Fahrschulen beibringen ...

Kandlbinder: Viele Frauen wollen nur von Frauen unterrichtet werden. Sie haben Angst, dass Männer es nicht verstehen, wenn man beim Autofahren ängstlicher ist. Außerdem haben viele die Befürchtung, dass sie von Männern zu sehr unter Druck gesetzt werden oder haben bereits schlechte Erfahrungen in anderen Fahrschulen gesammelt. Das ist bei uns anders.

sueddeutsche.de: Was genau ist bei Ihnen anders?

Kandlbinder: Die Atmosphäre ist wesentlich entspannter und ruhiger. Bei uns wird keine Frau im Auto angeschrien, wenn sie etwas falsch macht. Die Schülerinnen müssen auch keine Angst haben sich zu blamieren. Man traut sich, alles zu fragen.

sueddeutsche.de: Was zum Beispiel?

Kandlbinder: Alle möglichen Fragen rund um das Auto und den Straßenverkehr. Viele wissen zum Beispiel nicht, wie man tankt oder den Ölstand misst.

sueddeutsche.de: Auf Ihren Autos prangt groß der Schriftzug "Frauenfahrschule". Wie sind die Reaktionen auf der Straße?

Kandlbinder: Es wird schon geschaut, gegrinst oder getuschelt. Wenn man mit offenem Fenster herumfährt, hört man oft: "Schau mal, eine Frauenfahrschule!"

sueddeutsche.de: Aber Witze über Frauen am Steuer werden Ihnen nicht zugerufen?

Kandlbinder: Nein, die Resonanz ist schon eher positiv. Neues ist halt immer intressant.

sueddeutsche.de: Können Sie über Autowitze lachen? Zum Beispiel: Was zeigt man einer Frau, wenn sie zwei Jahre lang unfallfrei gefahren ist?

Kandlbinder: Ja, den kenne ich: den zweiten Gang! Da kann ich drüber lachen. Das stimmt ja alles nicht.

Fahrschule "Pro Frau", Heideckstraße 20, 80637 München, Telefon 089/12592953.

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