Universität:TU München wirbt um herausragende Wissenschaftlerinnen

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Prof. Claudia Eckert leitet an der TU den Lehrstuhl für IT-Sicherheit in der Fakultaet für Informatik. (Foto: Astrid Eckert)

Einst durften Frauen an der TU weder studieren noch lehren. Heute fördert die Hochschule gezielt Dozentinnen und Studentinnen.

Von Martina Scherf

Als Liesel Beckmann 1940 den Antrag auf eine Lehrbefugnis stellt, da stutzen die Männer. Eine Frau als Dozentin an einer Technischen Hochschule? Manche der Kollegen halten Frauen ja prinzipiell für ungeeignet für die Wissenschaft. Doch in diesem Fall machen sie eine Ausnahme. Viele Kollegen sind im Krieg, auch Liesel Beckmanns Förderer Karl Rössle, und die Betriebswirtin leistet sehr gute Arbeit. Doch bevor sie den Vertrag unterschreiben darf, muss sie schriftlich erklären, dass sie ledig sei und die "akademische Laufbahn als Lebensziel" anstrebe. Familie und Beruf, das ist für Frauen noch jahrzehntelang offiziell unvereinbar.

Liesel Beckmann ist damals 27 Jahre alt, und sie hat Ambitionen. Sie vertritt Rössles Lehrstuhl und habilitiert sich 1941 mit einer Arbeit über "Die Stellung des Handwerks in der Betriebswirtschaftslehre". Ordentliche Professorin kann sie dennoch nicht werden: Das Gesetz verbietet die Besetzung von Planstellen mit Frauen.

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Seither hat sich viel verändert. Heute wirbt die Technische Universität (TU) mit einer "Liesel-Beckmann-Professur" um herausragende Wissenschaftlerinnen. Präsident Wolfgang Herrmann wird nicht müde zu betonen: "Wir wollen die für Studentinnen und Wissenschaftlerinnen attraktivste Technische Universität in Deutschland werden." Vor allem in den jüngsten zwanzig Jahren, nachdem die Förderung von Studentinnen und Wissenschaftlerinnen im bayerischen Hochschulgesetz festgeschrieben und die ersten Frauenbeauftragten ernannt wurden, sind Studentinnen an der TU zwar weiterhin eine Minderheit, aber keine Exotinnen mehr. Heute liegt der Anteil der weiblichen Studierenden bei 31 Prozent, - die meisten in der Medizin, in den Wirtschafts- und Ernährungswissenschaften - der Anteil der Wissenschaftlerinnen immerhin bei 23 Prozent.

Bis dahin war es ein weiter Weg. Im Jahr 1905 werden Frauen in Bayern erstmals zum Studium zugelassen - zwei Jahre vorher hatte Marie Curie zusammen mit ihrem Mann Pierre und Antoine Becquerel den Nobelpreis für ihre Arbeiten zur Radioaktivität erhalten. Und von da an erkämpfen sich immer wieder mutige Frauen ihren Platz in der einstigen Männerwelt. Ilse Knott-Ter Meer, zum Beispiel: Sie absolviert 1924 zusammen mit einer weiteren Kommilitonin als Deutschlands erste Diplomingenieurin ihr Studium an der Technischen Hochschule (TH) München, macht sich mit einem Ingenieurbüro selbständig und gründet 1929 die "Gesellschaft deutscher Ingenieurinnen".

Oder Melitta Schiller: Schon als Schülerin begeistert sie sich für die Fliegerei. Sie studiert in München Physik und geht 1927 als Diplom-Ingenieurin an die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin-Adlershof. Im Zweiten Weltkrieg wird sie als Tochter eines jüdisch-preußischen Baurats aus Odessa Testpilotin der Luftwaffe. Verheiratet ist sie mit dem Bruder von Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Nach dessen Attentatsversuch auf Hitler wird sie 1944 verhaftet, kommt aber wegen ihrer "kriegswichtigen" Tätigkeit bald wieder frei. Sie stirbt 1945 bei einem Flugzeugabsturz.

Oder Hanna Löv: 1928 erhält sie ihr Bauingenieurdiplom. Sie ist die Beste ihres Jahrgangs. Später wird sie erste Regierungsbaumeisterin in Bayern.

Lange bleiben diese Frauen Pionierinnen. Erst mit der Bildungsoffensive in den 1970er Jahren und mit der Gründung der medizinischen Fakultät steigt allmählich der Frauenanteil an der TU. Und im Jahr 1994, also 126 Jahre nach Gründung der Hochschule, wird dann auch die erste Ordinaria berufen: Die Architektin Ingrid Krau erhält den Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen.

Heute gibt es eine Vielzahl von Programmen und Stabsstellen zur Frauenförderung an der Universität. Sie sollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, mit Kindergärten und mit Hilfe bei der Weiterbildung nach einer Babypause und sogar bei der Jobsuche für Partner. Mentoringprogramme wurden ins Leben gerufen, der Girls' Day soll Schülerinnen für naturwissenschaftlich-technische Fächer begeistern, und das Gender Mainstreaming, also die Gleichbehandlung von Geschlechtern, ist mittlerweile ein eigenes Forschungsthema auch an der TU.

Damit sich mehr Frauen trauen, auch in "harte" Fächer wie Maschinenbau oder Energietechnik vorzudringen, braucht es Vorbilder. Vorbilder wie Liesel Beckmann, die am Ende doch noch ordentliche Professorin wurde. Oder die Spitzenwissenschaftlerinnen, die beim Netzwerk "Women of TUM" auftreten: Claudia Eckert, eine der führenden deutschen Expertinnen für Computersicherheit, Isabell Welpe, Expertin für Organisationsökonomie, oder Marion Kiechle, die den ersten Gynäkologie-Lehrstuhl in Deutschland inne hatte und jetzt neue bayerische Wissenschaftsministerin ist.

Die Frauen hätten seine Universität "klüger und menschlicher" gemacht, sagt Präsident Wolfgang Herrmann, selbst Vater von vier Töchtern.

© SZ vom 07.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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