Filmpremiere im Arri-Kino:Er braucht kein Double für den Außenristpass

Filmpremiere im Arri-Kino: Viel Lob am Premierenabend: Bettina Mittendorfer, Beckenbauer-Darsteller Klaus Steinbacher und Heinz-Josef Braun (von links).

Viel Lob am Premierenabend: Bettina Mittendorfer, Beckenbauer-Darsteller Klaus Steinbacher und Heinz-Josef Braun (von links).

(Foto: Robert Haas)

Klaus Steinbacher spielt in einem Film Franz Beckenbauer. Getroffen hat er den leibhaftigen Kaiser nie, trotzdem muss man nach dem Anschauen konstatieren: hat geklappt.

Von Thomas Becker

Mit Biopics ist das immer so eine Sache. Kann man diesen Größer-als-das-Leben-Menschen auch nur annähernd gerecht werden? Schwierig. Wer sich dann auch noch mit "Der Kaiser - nach einer wahren Legende" die Mensch gewordene Lichtgestalt vornimmt, steht in der Tat vor einer gewaltigen Herausforderung. Das prall gefüllte Leben des Franz Anton Beckenbauer auf Spielfilmlänge? In etwa so unmöglich, wie einen Fußball von einem vollen Weißbierglas in die Torwand zu kicken.

Allein die Stimme: Wie soll man das unverwechselbare Idiom des berühmtesten aller Giesinger treffen? Andreas Sippel sagt: gar nicht. Der Mann ist Sprecherzieher an der Otto-Falckenberg-Schule und gab für den ersten Sky-Original-Film den Dialogcoach für Hauptdarsteller Klaus Steinbacher: "Die Challenge war, den Sprachduktus zu finden, ohne ihn zu imitieren", sagt Sippel. Nach Anschauen des 100-Minüters (ab 16. Dezember auf Sky) muss man konstatieren: hat geklappt.

Reichlich warme Worte gibt es im Arri-Kino, wie das bei Filmpremieren nun mal so ist. Eine Szene im rappelvollen Foyer des Arri fällt aus dem Rahmen: Ein junger Mann, Basecap tief im Gesicht, die dicke Daunenjacke schon angezogen, nähert sich Heinz-Josef Braun und fragt vorsichtig: "Sie haben doch den Vater gespielt, nicht wahr? Das war großartig, vielen Dank dafür!" Da bedankt sich auch der Gelobte artig.

Während viele Kollegen sozusagen Bekanntes nachspielen (der brillante Stefan Murr den Manager Robert Schwan, Ferdinand Hofer den Maier Sepp), spielt Braun im fiktionalen, privaten Teil dieses Biopics und das sehr eindrücklich. "Bei der Sterbe-Szene musste der Regisseur schon bei der Probe weinen", erzählt Braun, der bei der Vorführung im Arri ebenfalls ein paar Tränen verdrückte, wie er sagt: "Der Beckenbauer-Vater hat viel von meinem Vater, einem Maurer, und der ist vor ein paar Jahren gestorben."

Filmpremiere im Arri-Kino: Großer Bahnhof: Ferdinand Hofer (l.) und Regisseur Tim Trageser.

Großer Bahnhof: Ferdinand Hofer (l.) und Regisseur Tim Trageser.

(Foto: Robert Haas)

Für den nah am Wasser gebauten Regisseur Tim Trageser ist Braun voll des Lobes: "Ein außerordentlich menschenfreundlicher Regisseur, bei dem man sich gleichzeitig frei und sicher fühlt." Auch Protagonist Steinbacher, Absolvent der Theaterakademie August Everding, bekommt ein dickes Lob: "Der hat sich schauspielerisch sehr gut entwickelt. Die Sterbe-Szene hat er gespielt wie Hollywood." Fußball-Fans interessiert aber eher, wie gut der Mann kicken kann, spielt er doch den elegantesten aller Balltreter. Und da muss man sagen: Auch er tut das à la bonne heure, braucht kein Double für den Außenristpass. Kein Wunder: Der Mann kickt im Verein, seit er fünf ist, beim SC Reichersbeuern, A-Klasse, in der Jugend als Libero, jetzt als Mittelstürmer.

Vier Monate vor Drehbeginn riss das Kreuzband des Hauptdarstellers

Wie reagiert so einer, wenn man ihm die Kaiser-Rolle anträgt? "Als meine Agentin mir das am Telefon erzählt hat, habe ich sofort aufgelegt", erzählt Steinbacher, "ich musste mich erst mal beruhigen". Es kam noch ein anderes Problem dazu: Vier Monate vor Drehbeginn riss ihm das Kreuzband. "Schon auf der Schauspielschule haben sie mir immer gesagt: Lass das lieber mit dem Fußball!", erzählt er.

Der sogenannte "Schubladentest" beim Arzt ergab: OP unvermeidlich. Das hätte mindestens sechs Monate Fußballpause bedeutet. Steinbacher versuchte es ohne OP, mit viel Physiotherapie und Muskelaufbau - und hatte Glück: Das Gewerbe vernarbte, und so wie er im Film die Bälle ins Netz donnert, käme man nie auf die Idee, dass der Mann kein Kreuzband mehr hat.

Raspelkurz trägt er die Haare nun, die im Film von 1963 bis 1990, wenn die Biografie gnädigerweise endet, allmählich dünner werden. Den leibhaftigen Kaiser habe er leider nie getroffen, sagt Klaus Steinbacher. Franz Beckenbauer sei zwar in das Filmprojekt eingeweiht und auch zur Vorführung eingeladen gewesen, habe sich aber nicht gemeldet. "Ich wäre ihm auch nicht böse, wenn von ihm nichts mehr kommt", so der Film-Franz, "mir war vor allem wichtig, ihm mit diesem Film eine Freude zu machen".

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