Franco L.:Menschenfischer von der Isarinsel

Meister der Kontakte? Es gibt jede Menge Geschäftsleute, die gar nicht mehr glücklich sind, dass sie sich mit Franco L. eingelassen haben.

Bernd Kastner

Eine super Aura habe der Mann, "ich war ganz begeistert von ihm". Das sagt ein Partner, der mit Franco L. ein Geschäft machen wollte. "Er hat sofort kapiert, worum es ging." Es ging um viel Geld, und Franco L. hatte die Millionen, davon war der Partner überzeugt.

Ehemalige Likörfabrik Riemerschmid auf der Münchner Praterinsel, 2010

Spur des Franco L.: Der Investor hat unter anderem auch eine Immobilie auf der Münchner Praterinsel erworben - die ehemalige Likörfabrik Riemerschmid.

(Foto: Catherina Hess)

Der Mann muss ein Menschenfischer sein, ein begnadeter, möchte man fast sagen. Gäbe es da nicht jede Menge Menschen, die gar nicht mehr glücklich darüber sind, sich mit Franco L. eingelassen zu haben. Die angelockt wurden von seinem Charme, seiner Großzügigkeit, seinem Geld, und sich bald wiederfanden in einem kunstvoll gewobenen Netz aus Versprechungen und Entschuldigungen.

Dort sind nun manche gefangen, hilflos fast, um ihre Existenz bangend, allen voran die Spielvereinigung Unterhaching. Alle wirken sie irgendwie ratlos und fragen sich, was eine Frau so zusammenfasst: "Wie konnten wir alle nur auf ihn reinfallen?"

Italienischer Staatsbürger ist L. und 52 Jahre alt, das ist sicher. Er gibt sich als Eigentümer einer Firma aus, die Immobilienprojekte entwickelt, doch man muss vorsichtig sein, denn die Angaben des Herrn L. bilden die Wirklichkeit nicht immer eins zu eins ab.

Spürt man seinen Kontakten nach, trifft man auf drei Gruppen von Leuten: Da sind jene, die mit einem blauen Auge davon gekommen sind, wie die Patrizia AG. Sie verkaufte ihre Immobilie auf der Praterinsel an L. für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. L. zahlte nicht, doch der Vertrag ließ sich rückabwickeln.

Dann gibt es solche, die nicht mit Franco L. in Verbindung gebracht werden wollen, wie etwa der Notar, der Verträge für ihn beurkundete. Fragt man ihn, ob L. denn seine Rechnung bezahlt hat, reagiert er zunächst unwirsch, um sich später zu entschuldigen: Er dürfe nichts sagen, und außerdem möge man doch seinen Namen aus dem Spiel lassen - bitte!

Und man trifft reihenweise auf Menschen, die sagen, noch auf viel Geld von Franco L. zu warten, wie ein Diplom-Ingenieur aus dem Oberland. Er hätte, berichtet er, für den Italiener die Praterinsel entwickeln sollen, dafür habe er alles andere liegen lassen. Man schloss einen Honorarvertrag, doch L. habe nicht gezahlt. Es geht um einige zehntausend Euro aus vier Monaten, viel Geld für einen kleinen Betrieb.

Was treibt Franco L. an? Was sagt er zu den Vorwürfen gegen ihn? Schriftlich und mündlich hat die SZ ihn und seine Anwälte in den vergangenen Tagen kontaktiert, um Stellungnahmen und ein persönliches Gespräch gebeten. Doch L. schweigt, und seine Anwälte sagen auch fast nichts. Einer spricht von der "Voreingenommenheit" der Fragen und kritisiert die "Stigmatisierung" seines Mandanten. Nur eines betont L. via Anwalt eindeutig: Dass er nicht schuld sei an der Misere der Unterhachinger.

L. hat verbrannte Erde hinterlassen, und doch beschreiben ihn noch immer viele als Menschen, den man mögen muss. Eine Geschäftsfrau sagt: "Jeder, der ihm begegnet ist, hat ihm sofort die Tür geöffnet. Es ist ein Mensch, dem traust du einfach." Ausgerechnet sie, die seither viel Ärger hat, fügt hinzu: "Ich kann nichts Schlechtes über ihn sagen. Er ist kein böser Mensch. Nur, dass er nicht gehalten hat, was er versprochen hat."

Nach vielen Gesprächen über Franco L. wirkt dieser Mann wie eine Figur auf diesen Plastik-Karten, mit denen Kinder so gern spielen. Je nachdem, wie man sie hält, erscheinen unterschiedliche Bilder. Mal der legere, betörende Charmeur; dann wieder der angeblich millionenschwere Investor, der aber Rechnungen offen lässt. Von diesen beiden Herren namens L. finden sich unzählige Spuren: Aschaffenburg, München, Brixen, Meran, Bozen, Sardinien, Wien, Zypern, Tschechien, Hongkong. Und Unterhaching.

Vielleicht war es doppelt verhängnisvoll, dass er Kontakt zur Spielvereinigung fand. Gefährlich für den Verein, der seit Monaten auf die versprochenen Millionen wartet und nun ums Überleben kämpft. Riskant aber auch für Franco L.. Denn als der Verein öffentlich machte, wer sein neuer "Investor" ist, war es, als bräche ein Damm.

Franco L. - wohl ein Meister der Kontakte

Immer mehr Menschen meldeten sich oder räumten auf Nachfrage ein: Ich hatte auch Kontakt. Habe auch ein Geschäft mit ihm gemacht. Warte auch noch auf Geld. Auch einer aus der Finanzbranche distanziert sich von ihm, jetzt, da er viel gehört hat. Dabei hat er Franco L. nur einen weiteren Kontakt in der Münchner Immobilienszene verschafft, ohne dass Schaden entstanden wäre.

Überhaupt Kontakte. Darin scheint L.

ein Meister zu sein. Er versteht es, nach allem, was seine Partner berichten, jemanden aus der besseren Gesellschaft kennenzulernen und sich dann weiterreichen zu lassen. In München zum Beispiel logierte er über lange Zeit in einem Hotel im Arabellapark, dort traf er sich mit Geschäftspartnern, dort lernte er auch jene Münchner Unternehmerin kennen, die eine Schlüsselrolle einnehmen sollte. Der Italiener machte sie zu seiner Assistentin, und sie empfahl ihn weiter.

Nicht nur mit attraktiven Geschäftsfrauen bandelte L. gern an, auch Männern imponierte er. Auch die beschreiben den groß gewachsenen Herrn mit den kurzen, grauen Haaren als charmant und eloquent, als seriös und "hanseatisch". Er habe sich immer großzügig gezeigt, er bahnte Geschäfte an und schloss auch manchen Vertrag, doch wenn es ernst wurde, so berichten mehrere Partner, sei es schwierig geworden.

"Ich weiß, dass er nie Geld hat"

Dann habe man Ausreden zu hören bekommen, die sinngemäß so klangen: Die Gelder sind überwiesen. Oder: Das Geld muss erst von einem Land ins andere transferiert werden, bitte noch etwas Geduld. Oder: Der Investor im Hintergrund ist abgesprungen. Mal soll sein Hund gestorben sein, mal habe er von einer eigenen Krankheit berichtet, mal von einem Autounfall.

Eine Frau, die L. sehr gut kennt, sagt: "Ich weiß, dass er nie Geld hat, aber so tut, als ob er es hätte. Und die Leute glauben ihm." Er habe "etwas Warmes", sagt die Frau. "Er holt Ihnen die Sterne vom Himmel." Bloß, wenn sie dann unten seien, dann müsse man sich selbst um sie kümmern. Die Sterne der Spielvereinigung Unterhaching liegen gerade am Boden.

Während man so langsam das Ausmaß seines Charisma zu verstehen beginnt, bleibt doch eine Frage: Worin besteht Franco L.'s Geschäftsmodell? Wie kommt er an Geld? Wie finanziert er sein Leben? Vom Kauf der Praterinsel hat er nichts, wenn der Vertrag rückabgewickelt wird. Und wenn er bei den Olympia-Bewerbern andocken will, macht sich das vielleicht gut beim Plausch an der Hotelbar. Aber wo bleibt Geld hängen?

Wenn es stimmt, was ihm die österreichische Justiz vorwirft, die gegen ihn wegen Betrugsverdacht ermittelt, hat L. in Wien zwei Banken um 182000 Euro gebracht. Eine Bankangestellte soll ihm bei einem Teil des Betrags behilflich gewesen sein.

Einer seiner Ex-Business-Partner in München vermutet, dass er sich mit dem einen vermeintlichen Großdeal die Tür zum nächsten Kontakt öffnen wollte. Zu einer seiner "Türöffnerinnen" soll er gesagt haben: Ich will nur ganz reiche Leute kennenlernen. So kam er nach und nach tatsächlich mit diversen Lokalgrößen aus Wirtschaft, Sport und Gesellschaft in Kontakt.

Seinen 52. Geburtstag feierten mit ihm in einem Grünwalder Restaurant Ende August diverse Geschäftsfreunde, am Kopfende der Tafel saß Anton Schrobenhauser, der Schatzmeister der Spielvereinigung Unterhaching; mit dabei war auch der Marketingchef der Olympia-Bewerbungsgesellschaft: Es sei eine private Einladung gewesen, sagt er heute, die Kontakte lägen inzwischen auf Eis. Auf seine Geburtstagseinladung hat Franco L. geschrieben: "Ich kann nicht verhindern, dass ich älter werde, aber ich kann verhindern, dass ich mich dabei langweile."

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