Süddeutsche Zeitung

Fragestunde im Stadtrat:"Betrug an den Wählern"

Grüne werfen SPD und CSU vor, zu wenig für saubere Luft zu tun

Von Dominik Hutter

Skeptisch waren sie von Anfang an, als der Stadtrat überraschend ihre Forderungen übernahm: die Initiatoren des Bürgerbegehrens für saubere Luft. Ist das nun ein Trick, um einen Bürgerentscheid zu verhindern? Oder ist es SPD und CSU ernst mit der versprochenen Verkehrswende? Ein Jahr nach dem entsprechenden Stadtratsbeschluss fühlen sich die Zweifler bestätigt. "Niemand kümmert sich ernsthaft um saubere Luft und damit um die Gesundheit der Münchner", sagt Andreas Schuster, der Sprecher des Bündnisses. "Seit einem Jahr fühlen wir uns von allen Verantwortlichen im Stich gelassen." Mit einer Demonstration auf der Erhardtstraße erinnerten die Aktivisten am Freitag noch einmal an ihre Forderungen.

Das Thema wird am kommenden Mittwoch auch die Vollversammlung des Stadtrats beschäftigen. Die Grünen haben eine Fragestunde beantragt - und werfen der Stadtratsmehrheit mit harschen Worten vor, die Bürger getäuscht zu haben. Die Zustimmung des Stadtrats habe sich "als bittere Farce herausgestellt - um nicht zu sagen als Betrug an den Wählern", schimpft Fraktionschef Florian Roth. Der Stadtrat hatte im Januar 2017 beschlossen, bis 2025 den Verkehr so umzustellen, dass mindestens 80 Prozent durch abgasfreie Fahrzeuge, den Nahverkehr sowie Fuß- und Radverkehr absolviert werden. Davon, so die Grünen, sei München meilenweit entfernt. Nicht einmal ein echtes Bemühen der Stadtratsmehrheit sei erkennbar.

Versäumt wurde nach Ansicht der Grünen etwa die Ausarbeitung eines Maßnahmenpakets, wie diese Verkehrswende zu erreichen ist: Das Abmarkieren von Busspuren. Der ganztägige Fünf-Minuten-Takt bei der U-Bahn. Der Einsatz für eine City-Maut, die bislang rechtlich nicht möglich ist.

SPD und CSU reagieren mit Kopfschütteln auf die Vorwürfe. "Ich weiß nicht, in welchem Universum sich die Grünen befinden", sagt SPD-Umweltsprecher Jens Röver. Gerade erst habe das rot-schwarze Rathausbündnis eine 5,5 Milliarden Euro schwere ÖPNV-Offensive vorgestellt, zudem habe die SPD bereits im Herbst diverse kurzfristige Verbesserungen beim MVV angeregt. CSU-Kollege Sebastian Schall erinnert zudem an die Förderung der E-Mobilität und die Bemühungen um Radschnellwege. Es gehe um Angebote, nicht um Verbote.

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Quelle:
SZ vom 20.01.2018
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