Fotoprojekt in München:Ein Hotel lernt fliegen

Der spanische Fotograf Víctor Enrich verbiegt Häuser. Für sein neuestes Projekt hat er das Hotel Deutscher Kaiser am Hauptbahnhof auseinandergenommen - und neu zusammengesetzt. Im Gespräch erzählt er, welche Ideen er noch für München hat.

Von Karin Geupel

Ursprünglich studierte der Spanier Víctor Enrich Architektur und arbeitete als Bauzeichner, bevor ihn, wie er es nennt, "die Kunst packte." Heute verkauft der 38-Jährige seine Bilder bis nach Kanada und Australien. Sein neuestes Projekt heißt NHDK und zeigt das Hotel Deutscher Kaiser gegenüber dem Hauptbahnhof aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. NHDK heißt es nach dem Namen der Hotelkette (NH) und den Initialen des Hotelnamens (DK).

Süddeutsche.de: Herr Enrich, Sie leben in Barcelona, Ihr neuestes Projekt befasst sich aber mit München. Wie kam es dazu?

Víctor Enrich: Als in Spanien die Wirtschaftskrise losging, besorgte mir eine deutsche Bekannte einen Job in München. So bin ich in die Stadt gekommen und habe dort eine behinderte Frau gepflegt. Ich war oft am Hauptbahnhof und habe das Hotel gesehen. Da ich mich sehr für Architektur interessiere, fing ich an, Fotos zu machen. Die Bahnmitarbeiter ließen mich irgendwann in ihre Büros im dritten Stock direkt gegenüber, damit ich besser fotografieren kann.

Fotograf

Der Fotograf Víctor Enrich spielt gerne mit Formen.

(Foto: Juan Sebastian Rodríguez Moranta)

Warum haben Sie dieses Gebäude ausgewählt? Es ist ja nicht besonders schön.

Mich hat fasziniert, dass das Hotel als einzelner Block da steht. So konnte ich es von allen Seiten zeigen und umbauen. Und mich interessiert immer noch, wie dieses Gebäude dorthin kam. Was hat die Stadt bewogen dieses Gebäude an solch eine prominente Stelle zu bauen? Was war dort früher? Nun hoffe ich, dass sich Münchner bei mir melden, die mir diese Fragen beantworten können.

Wie bearbeiten Sie Ihre Bilder?

Ich habe dafür ein extra 3-D-Programm für Architekten. Ich muss erst einmal die ganze Umgebung des Gebäudes im Computer nachbauen: Jedes Fahrrad, jede Ampel, alles. Das hat mich sechs Monate gekostet. Das Gebäude dann auf so unterschiedliche Weise zu zeigen, geht recht schnell, das macht der Computer.

Wie kamen Sie auf die Idee, Gebäude zu biegen und zu drehen?

Mir geht es darum, mit Leuten diskutieren zu können, was möglich ist. In einer Stadt läuft immer alles so langsam und bürokratisch. Ich will zeigen, welche Möglichkeiten es gibt. Manchmal sind meine Ideen natürlich sehr unrealistisch.

Haben Sie auch schon andere Gebäude bearbeitet?

Ich habe viel in Tel Aviv fotografiert, sitze gerade an einem Projekt aus Washington. Meistens sind es einfache Wohnhäuser, die ich umgestalte. Ich habe auch noch andere Gebäude in München fotografiert und bearbeitet: in Laim, in der Maxvorstadt und in der Paul-Heyse-Straße. Außerdem liegt bei mir zu Hause noch ein ganzer Stapel Fotos aus München. Zum Beispiel vom BMW-Gebäude.

Können wir Ihre Fotos irgendwo sehen?

Ich habe einige Anfragen von Museen bekommen, jedoch wollen die immerganz viele Bilder sehen, bis sie sich für eine Ausstellung entscheiden. Da ich sehr viel Geld und Zeit in nur eine Reihe Bilder investiere, habe ich das bisher immer abgesagt. Das München-Projekt und andere Bilder kann man aber auf meiner Webseite sehen und kaufen. Das Internet ist sowieso die perfekte Art für mich über meine Kunst mit Leuten in Kontakt zu kommen.

Weitere Informationen über das Projekt NHDK und andere Arbeiten von Víctor Enrich finden sich auf seiner englischsprachigen Webseite.

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