Ausstellung „Analoge Fotografie vs. KI-Bildkunst“Kann künstliche Intelligenz Kunst?

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Eine Madonna mit Kind – wie sie die KI sieht.
Eine Madonna mit Kind – wie sie die KI sieht. (Foto: Josef Dreisörner)

In der Ausstellung „Analoge Fotografie vs. KI-Bildkunst“ im Barocksaal des Deutschen Theater München zeigt Josef Dreisörner die ganze Palette seiner künstlerischen Arbeit.

Von Ramona Höllerer

Es ist beinahe eine philosophische Frage, ob Bilder, die durch künstliche Intelligenz (KI) generiert wurden, Kunst sind. Dem Argument, dass hinter der Arbeit mit KI keine Kreativität stecken würde, widerspricht Josef Dreisörner mit seiner Ausstellung „Analoge Fotografie vs. KI-Bildkunst“. Dort präsentiert der Fotograf zum einen analoge Porträts und Stillleben, aber auch KI-generierte Bilder.

Eigentlich ist er Meister der analogen Fotografie und hat sich dieser mit einer Kamera von 1957 verschrieben. Seine Fotografien entstehen auf einem Fotopapier, das direkt in die Kamera eingelegt wird und jedes Bild zu einem Unikat macht – wie in der Malerei. Außerdem sind nur Schwarz-Weiß-Aufnahmen möglich. „Da das Bild mit dem Fotopapier gemacht wird, kann im Nachhinein nichts bearbeitet werden“, erklärt Dreisörner. Jede Pore, jede Falte ist auf den Bildern zusehen. Vor seiner Linse stand unter anderem bereits der Münchner Schauspieler Peter Rappenglück, dessen Porträt auch in der Ausstellung im Barocksaal zu sehen ist.

Eine Fotografie im Kontrast zu den heutigen perfekten Aufnahmen auf Social Media: der Münchner Schauspieler Peter Rappenglück.
Eine Fotografie im Kontrast zu den heutigen perfekten Aufnahmen auf Social Media: der Münchner Schauspieler Peter Rappenglück. (Foto: Josef Dreisörner)

Dreisörners Klimsch Praktika Reprokamera Kamera ist mit etwa 500 Kilogramm ziemlich schwer und schränkt mit einer Länge von 4,2 Metern und 1,4 Metern Breite die Bewegungsfreiheit stark ein. Deshalb konzentriert der Fotograf sich neben Porträts auf das Stillleben. Wie eine Art Bühnenbild baut er seine Motive auf, und nach dem Abbau ist das Bild nicht wiederholbar. Bei der Konzeption sei es ihm wichtig gesellschaftlich relevante Themen zu bedienen: „Man muss nicht lange drüber nachdenken, man muss nur bisschen Zeitung lesen oder sich umsehen.“

In der Ausstellung sind Fotografien zu sehen, die beispielsweise inspiriert wurden von der Debatte um die Schließung der Grenzen als Mittel gegen Migration oder den Anstieg der antisemitischen Straftaten in Deutschland und zum Nachdenken anregen.

Josef Dreisörner präsentiert neben KI-Bildkunst auch fotografische Porträts.
Josef Dreisörner präsentiert neben KI-Bildkunst auch fotografische Porträts. (Foto: Alex Hartinger)

So ist der Fotograf auch zum Thema künstliche Intelligenz gekommen: eine Recherche zum Arbeitsleben 2.0. Zunächst wollte er nur sechs Motive zu dem Thema mit seiner Kamera einfangen, die KI dargestellt als humanoider Roboter. Dieser wurde in Russland per 3D-Druck hergestellt und noch eine Woche vor dem Ausbruch des Ukrainekrieges verschickt. Dreisörner behandelte in der Reihe, die auch ausgestellt ist, unterschiedliche Themen, wie „KI und Drogen“ oder „KI und Liebe“.

Aus Interesse begann Dreisörners mithilfe einer Software die jeweiligen Pendants zu seinen Fotografien zu erstellen. „Im Prinzip kann man sich das vorstellen wie beim Phantomzeichnen bei der Polizei“, erzählt er. Für Dreisörner ist die KI dabei ein weiteres Werkzeug, ähnlich wie die Kamera oder der Pinsel. Er sieht sie als Erweiterung seiner kreativen Möglichkeiten, die, wie die Fotografie einst, ihren Platz in der Kunstwelt finden wird. „Wenn man es richtig macht, steckt mehr Arbeit in einem KI-Bild als beim Fotografieren“, gibt er zu. Für den Fotografen stehen die KI-generierten Bilder auf derselben Stufe wie seine Schwarz-Weiß-Porträts.

„Es ist sehr aufwendig und mühselig, mit einer KI zu arbeiten, wenn man schon eine genaue Vorstellung hat“, räumt Dreisörner ein. Doch die KI ermöglicht ihm eine kreative Freiheit, die er in der analogen Fotografie so nicht hat. Es gibt allerdings auch Herausforderungen. Die KI muss angeleitet werden, was den kreativen Prozess zu einer ständigen Interaktion zwischen Mensch und Maschine macht. Politisch sei er dabei nie eingeschränkt gewesen, lediglich bei Geschlechterstereotypen und Drogen habe die KI Dreisörners Anweisungen nicht befolgen wollen.

Bei dem weiblichen Körper des Roboters deutlichere weibliche Attribute zu erhalten, wie eine ausgeprägte Brust, war nicht einfach und von der KI nicht gewollt. „Aber natürlich kann man jede KI austricksen.“ Er nutze eine amerikanische Software, die er nach der besten Qualität ausgewählt habe, auch wenn ihm eine deutsche lieber gewesen wäre – eine chinesische Software komme allerdings nicht infrage. „Da bin ich doch zu sehr Transatlantiker“, verrät er lachend.

„KI und Liebe“, dargestellt mit einem Humanoiden aus Russland.
„KI und Liebe“, dargestellt mit einem Humanoiden aus Russland. (Foto: Josef Dreisörner)
Das Pendant zur Fotografie „KI und Liebe“, von einer KI unter Dreisörners Anleitung erstellt.
Das Pendant zur Fotografie „KI und Liebe“, von einer KI unter Dreisörners Anleitung erstellt. (Foto: Josef Dreisörner)

„Ich versuche, nur solche KI-Bilder zu machen, die man selbst nicht fotografieren kann.“ So beschäftigte den Fotografen unter anderem der Ukrainekrieg, weshalb er dieses Thema kreativ aufarbeiten wollte. Geworden ist es am Ende kein gewöhnliches Porträt von Wolodimir Selenskij, sondern jener als Comedian dargestellt – umgesetzt mit KI.

Josef Dreisörners Ausstellung im Barocksaal ist faszinierend und bewegt sich zwischen Tradition und moderner Technik. Während seine Porträts einen ehrlichen, unverfälschten Blick auf Menschen gewähren, eröffnen seine KI-generierten Arbeiten neue Dimensionen der Kreativität. Die Frage, ob KI-generierte Bilder Kunst sind oder nicht, beantwortet Dreisörner bei seinen Werken klar mit Ja.

Analoge Fotografie vs. KI-Bildkunst, Barocksaal, Deutsches Theater München, bis 8. April, freier Eintritt

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