Fotografie in München:Charakterköpfe

Fotografie in München: Joachim Schmeisser kommt den Dickhäutern, die entgegen ihrem Namen doch so sensibel sind, sehr nahe.

Joachim Schmeisser kommt den Dickhäutern, die entgegen ihrem Namen doch so sensibel sind, sehr nahe.

(Foto: Joachim Schmeisser)

Der Fotograf Joachim Schmeisser stellt sein Buch "Elephants in Heaven" mit einer begleitenden Ausstellung in der Galerie Immagis in der Maxvorstadt vor.

Von Evelyn Vogel

Sein Sohn hatte eine Patenschaft geschenkt bekommen für "Kibo," ein mutterloses Elefantenbaby, das im Waisenhaus des Sheldrick Wildlife Trust am Stadtrand von Nairobi Zuflucht gefunden hatte. Der deutsche Fotograf Joachim Schmeisser, der früher als Werbefotograf tätig war, mittlerweile aber an freien Projekten arbeitete, kannte Afrika, er war auf dem Weg zu der Volksgruppe der Hadzabe in Tansania und den Berggorillas in Ruanda.

Was lag da näher, als auf der Reise dorthin dem kleinen "Kibo" im Waisenhaus hallo zu sagen. Das war vor acht Jahren. Mittlerweile ist "Kibo" ausgewildert und hat im Tsavo Nationalpark eine neue Heimat gefunden. Doch für Schmeisser entwickelte sich der Stopp-Over zu einer engagierten Freundschaft zu der Nicht-Regierungs-Organisation und einem ebenso langjährigen Foto-Projekt über die Charakterköpfe mit Rüsseln.

Etwa 35 000 Elefanten werden jedes Jahr wegen ihres Elfenbeins in Afrika gejagt und getötet. Der Trust wurde 1977 von Daphne Sheldrick gegründet, die damit ihrem Mann David ein Denkmal setzen wollte. Der Tierforscher war Mitbegründer des Nationalparks Tsavo-Ost in Kenia, des größten und wohl bekanntesten Nationalparks in Ostafrika, der neben zahlreichen anderen Wildtieren auch die größte Elefantenpopulation aufzuweisen hat.

Auch deshalb reisen jährlich Tausende von Touristen in den Tsavo. Und fürwahr: Wer einmal im Morgengrauen die "roten Elefanten von Tsavo" gesehen hat, wie die Herde - von groß bis klein hintereinander, Rüssel an Schwänzchen gehend - die staubige Fahrspur in den Weiten des Parks überquert, vergisst diesen Anblick nie mehr.

Fotografie in München: Schmeisser dokumentiert auch die soziale Formen des Zusammenlebens der Elefanten.

Schmeisser dokumentiert auch die soziale Formen des Zusammenlebens der Elefanten.

(Foto: Joachim Schmeisser)

Schmeisser ist nicht der erste, der Wildtiere fotografiert hat. Einer, der damit weltberühmt wurde, ist Nick Brandt. Der britische Fotograf, Jahrgang 1966, bildet Wildtiere so unvergleichlich singulär-majestätisch ab, dass man sich oft an menschliche Porträts erinnert fühlt. Brandt engagiert sich für Artenschutz, hat 2010 zum Schutz der Tierwelt und des Ökosystems Afrikas die Stiftung "Big Life Foundation" gegründet. Oder der Amerikaner Peter Beard, Jahrgang 1938, der als reicher Erbe zunächst berühmte Zeitgenossen porträtierte, für die Vogue Mode fotografierte und dann zur Tierfotografie kam.

Er inszenierte die Tiere in mitunter seltsam anmutenden Collagen mit Tierblut, Texten und anderen Bildern, oder schuf Impressionen von Wildtieren mit menschlichen Models. Auch sein Interesse für die Fotografie von wilden Tieren ging einher mit einem Engagement für den Artenschutz. Beard lebte fast ein Viertel Jahrhundert auf einer Farm in Afrika, nachdem er die dänische Schriftstellerin und Kaffee-Baronin Karen Blixen kennengelernt hatte.

Joachim Schmeisser fotografiert mit einer digitalen Mittelformatkamera. Seine Tierporträts druckt er in großen, mitunter sehr großen Prints aus. Es gibt einige wenige Farbaufnahmen. Meist dann, wenn es um die rote Erde von Tsavo geht. Rot die Staubdusche und das Schlammbad, mit denen die Elefanten sich vergnügen, rot die Erde, die sich auf der Haut der Elefanten ablagert, so dass die rot gefärbte Elefantenherde inmitten der grünen Savanne wie unwirklich koloriert wirkt.

Vorwiegend aber arbeitet Schmeisser in Schwarz-Weiß, oft mit einem zarten Sepia-Ton - auch darin ähneln die Aufnahmen denen von Nick Brandt. Doch im Gegensatz zu Brandt porträtiert Joachim Schmeisser die Elefanten nicht nur, er dokumentiert auch viel stärker deren soziale Formen des Zusammenlebens und stellt einzelne Tiere wie Gruppen in den Zusammenhang mit der Arbeit des Sheldrick Wildlife Trusts.

Am Beginn des Buches "Elephants in Heaven", das Schmeisser nun vorstellt, stehen die Aufnahmen der Elefanten-Babys im Waisenhaus und in der Auswilderungsstation sowie die Pfleger und deren Arbeit. Am Ende findet sich auch ein trauriger fotografischer Ausblick auf die nie endende Arbeit der Behörden gegen die Wilderei in Afrika und die direkten Folgen für die Tiere. Die verwaisten Jungtiere sind, wenn sie rechtzeitig gefunden werden, oft traumatisiert, und es braucht eine lange Zeit, bis sie sich in neuen Herden zurechtfinden.

In Totalen und Detailaufnahmen kommt Joachim Schmeisser den Dickhäutern, die entgegen ihrem Namen doch so sensibel sind, sehr nahe. Hier wird auch die persönliche Beziehung des Fotografen zu den Tieren deutlich, deren Namen er zumeist kennt. Viele von ihnen sind echte Charakterköpfe.

Joachim Schmeisser: Elephants in Heaven, das Buch (176 Seiten) ist im Verlag teNeues erschienen (59,90 Euro). Buchvorstellung und Eröffnung der begleitenden Ausstellung: Donnerstag, 23. November, 19 Uhr, Galerie Immagis, Blütenstraße 1; bis 27. Januar, Di-Fr 14-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr

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