Süddeutsche Zeitung

Fotoausstellung:München aus der Krabbel-Perspektive

Für ein gutes Bild kriecht er auf dem Asphalt: Fotograf Herbert Becke zeigt München aus der Sicht eines Babys.

Von Daniel Sippel

Das klassizistische Nationaltheater, die florentinische Säulenhalle des Palais Toerring-Jettenbach: Auf dem Max-Joseph-Platz wird deutlich, warum München als die nördlichste Stadt Italiens gilt. Hier entspannt sogar Maximilian I. Joseph und wünscht der Taube einen guten Flug.

Zuerst schauten sich diese Damen irritiert an: Warum robbt der Herr mit dem Fotoapparat auf dem Boden der Neuen Pinakothek? Als Herbert Becke sein Projekt erklärte, lächelten sie verzückt.

Auch für dieses Bild hat sich Herbert Becke auf den Boden gelegt: Zur blauen Stunde fotografierte er die Glyptothek am Münchner Königsplatz. "Ich habe schon immer eine eigene Sicht auf die Dinge gehabt", kommentiert er.

Vor dem Ticketautomaten am Marienplatz. Auch das ist München: Menschen, die Plastiktüten als Schuh-Ersatz benutzen. Der Titel von Beckes aktueller Ausstellung, "München bodenständig", gewinnt so eine neue Dimension.

Einige Münchner nennen diese Skulptur "Der Rote Kotzer". Wer - wie Becke - einen Perspektivwechselt wagt, erkennt jedoch: Der rote Strahl im Kunstwerk "Present Continuous" von Henk Visch entspringt der Stirn. Sie verweist so auf die unterirdischen Räume des benachbarten Ägyptischen Museums.

Ist die Allianz Arena mittlerweile mit der Trambahn zu erreichen? Nein, bei den "Gleisen" im Bild handelt es sich um winzige Wasser- und Dehnungsfugen. Nur durch ein Weitwinkelobjektiv gelingt es Becke, diese Perspektive einzufangen.

Der Vorplatz des Einkaufszentrums "Mira". Hier treffen sich Zweibeiner und Vierbeiner. Keine Fotografie von Herbert Becke ist inszeniert - die Kamera-Linse fängt die ungestellte Wirklichkeit ein.

Diese Rolltreppe führt vom Maximiliansforum auf die wohl nobelste Einkaufsstraße Münchens, die Maximilianstraße. Als das Maximiliansforum Stätte für Kunst-Installationen wurde, legte das Münchner Baureferat die Rolltreppe still. Für Becke ein Symbol: Manchmal verhinderten staatliche Entscheidungen, dass "einer von unten" nach "oben" kommt.

Herbert Becke weiß: Nur wenige Betracher erkennen, was er hier fotografiert hat. Einige erspähen das Bayerische Armeedenkmal in der Feldherrenhalle. Becke hat es "aus der Sicht eines verpackten Tannenbaums" fotografiert, wie er sagt - daher der rote Trichter. Dieser hilft den Weihnachtsbaum-Verkäufern, die Tannen zu verpacken.

Einer von Beckes fotografischen Lieblingsplätzen: Der Münchner Sankt-Jakobs-Platz. Mehr fotografische Lieblingsplätze sind in Beckes Ausstellung bis Freitag, 24. Februar 2017, in der Ismaninger Seidl-Mühle zu sehen.

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