Folgen der Krise:Pleitegeier über München

Zeitversetzt trifft die Krise nun auch München: Die Städtische Schuldner- und Insolvenzberatung hat deutlich mehr Anfragen zu bewältigen als in den Vorjahren.

Ulrike Jochum

Bei einer Sache ist sich Erika Schilz schon jetzt sicher: "Krisen kommen bei uns immer verspätet an, und in diesem Jahr wird es uns noch stärker treffen." Die Mitarbeiterin der städtischen Schuldner- und Insolvenzberatung sieht die Situation nach den ersten Turbulenzen auf dem Wirtschafts- und Arbeitsmarkt entgegen mancher Prognosen nicht so positiv.

Folgen der Krise: Nun ist die Krise auch in München angekommen - für viele Münchner bedeutet das die Privatinsolvenz.

Nun ist die Krise auch in München angekommen - für viele Münchner bedeutet das die Privatinsolvenz.

(Foto: Foto: dpa)

Schon in den vergangenen Jahren habe sie einen negativen Trend beobachtet, der sich durch die Wirtschaftskrise noch verstärkt habe: "Die Struktur unserer Klienten hat sich verändert." Wandten sich demnach früher zum Großteil Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose an die Schuldnerberatung, so hat die Armut nun zunehmend auch Menschen aus der Mittel- und Oberschicht erreicht.

Privatinsolvenz als letzter Ausweg

"Den Selbstständigen brechen die Aufträge weg", erklärt Schilz. Die Gastronomie leidet ebenfalls unter der Lage: "Manchen fehlt das nötige Knowhow, was Kostenrechnungen und Bilanzen betrifft, andere haben einfach zu wenig Kapital." Auch bei Verbrauchern sind die Finanzen knapp geworden, weiß die Beraterin, die schon seit 20 Jahren in ihrem Beruf tätig ist: "Das Geld reicht heute gerade mal so zum Leben. Für Zahlungen an Gläubiger ist häufig nichts mehr übrig."

Kommen bei hohen Mieten und Niedriglöhnen auch noch Krankheitsfälle oder ähnliches hinzu, können Menschen leicht in eine Schuldenfalle geraten. Als letzter Ausweg bleibt den Betroffenen dann häufig nur mehr die Privatinsolvenz und, damit verbunden, die Pfändung ihres Eigentums.

Von Januar bis September 2009 liefen in Bayern insgesamt 10.564 Insolvenzverfahren von "übrigen Schuldnern". Damit gemeint sind Privatpersonen als Verbraucher oder ehemalige Selbstständige. Dem Bayerischen Landesamt für Statistik zufolge ist diese Zahl im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,7 Prozent gesunken. Schon Ende 2008 stellte zudem auch die Wirtschaftsauskunftei Creditreform bundesweit eine Abnahme der privaten Überschuldung fest, warnte jedoch zugleich vor den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Dass diese inzwischen auch viele Münchner Haushalte erreicht hat, zeigt die tägliche Erfahrung in der kommunalen Beratungsstelle. Im vergangenen Jahr gingen dort laut Schilz weit mehr telefonische Anfragen ein als noch in den Vorjahren.

Der gestiegenen Nachfrage könne man allerdings kaum gerecht werden, bedauert die Angestellte der Stadt: "Wir sind personell immer unterbesetzt." Wartezeiten von einem halben Jahr sind die Regel. Die Zahl der betreuten Haushalte variiere daher auch nur geringfügig. Eine genaue Auswertung für 2009 hat die Einrichtung des Sozialreferats allerdings noch nicht vorgelegt.

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