Folge der Versiegelung:Zehn Grad wärmer als im Umland

Folge der Versiegelung: Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst ist Stadtklimatologe und kennt die Probleme genau, die heiße Sommer den Städten und ihren Bewohnern bereiten.

Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst ist Stadtklimatologe und kennt die Probleme genau, die heiße Sommer den Städten und ihren Bewohnern bereiten.

(Foto: oh)

Der Klimaforscher Gerhard Lux sieht das Stadtklima als besonders belastend

Interview von Silke Lode

Das Klima in Städten ist das Fachgebiet von Gerhard Lux. Viele Jahre hat er für den Deutschen Wetterdienst (DWD) Gutachten erstellt, wenn Straßen neu gebaut werden sollten oder wenn Kommunen ihr Klima untersuchen lassen wollten. Mit der SZ sprach DWD-Sprecher Lux über Probleme, die extreme Sommer den Menschen und der Infrastruktur bereiten.

SZ: Zwei Monate lang tagsüber schwitzen und nicht mal bei Nacht Hoffnung auf Abkühlung - ist das ein Vorgeschmack auf die Sommer der Zukunft?

Gerhard Lux: Unsere Experten befürchten, dass extreme Wetterlagen peu à peu zunehmen. 2015 dürfte nach 2003 und 1947 der drittwärmste Sommer werden. Fest steht: Es war ein außergewöhnlich warmer und in vielen Gebieten trockener Sommer. Was wir als normal bezeichnen, nimmt ab, was als außergewöhnlich galt, nimmt zu. Das ist der Trend.

Sinnbild der Klimaänderungen sind eigentlich schmelzende Gletscher. Leiden die Städte genauso wie die Natur?

Wir hatten in diesem Sommer häufig längere Hitze- und Trockenperioden, gefolgt von gewittrigem Starkregen. Das sind große Belastungen für die Städte und ihre Infrastruktur. Wir können nachweisen, dass die mittlere Zahl an Starkniederschlägen zugenommen hat. Und große Niederschlagsmengen in kurzer Zeit sind immer eine hohe Belastung für die städtische Kanalisation.

Und die Menschen? Wie geht es den Städtern mit extremeren Sommern?

Städte sind hochgradig versiegelt, sie haben einen relativ geringen Grünanteil, und das Wasser fließt großteils unterirdisch ab. Dadurch kühlen Städte in der Nacht kaum ab. In der Metropolregion München beträgt der Unterschied zwischen Stadt und Umland schnell mal zehn Grad. Das Leben, Wohnen und Arbeiten in den Innenstädten wird dadurch negativ beeinflusst. Gerade Alte oder Kranke haben oft Herz-Kreislauf-Probleme, die durch die Hitze verstärkt werden. Sehr belastend sind auch Tropennächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt.

Kann München da gegensteuern?

Das kommt ganz auf die Dichte und die Baumaterialien in den Stadtvierteln an - die sind in München sehr unterschiedlich. Grundsätzlich sind Durchlüftungsschneisen wichtig, durch die frische, kühle Luft aus dem Umland in die Innenstadt gelangen kann. Bei neuen Bauten sollte man auf helle Materialien achten. Und Grünflächen - auch auf Dächern oder an Fassaden - kühlen durch ihren Verdunstungseffekt. Klimaanlagen kühlen zwar Räume - aber sie produzieren noch mehr Abwärme.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: