Alter Riemer Flughafen:Das alte Nazi-Bauwerk einfach abreißen oder teuer sanieren?

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Der Kopfbau der Besuchertribüne aus den späten Dreißigerjahren soll kulturell genutzt werden. (Foto: Florian Peljak)
  • Kommunalreferentin Kristina Frank will klären, was man mit der alten Besuchertribüne und dem Kopfbau auf dem Flughafen München-Riem anfangen kann.
  • Offenbar ist eine grundlegende Sanierung fällig. Im Kopfbau gibt es weder einen ordentlichen Fußboden noch eine Heizung oder genügend Toiletten.
  • Es existieren Zweifel, ob sich eine Sanierung überhaupt lohnt. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Reissl könnte sich vorstellen, trotz des Denkmalschutzes den Bau einfach abzureißen.

Von Dominik Hutter

Man muss schon genau hinsehen, um den überwucherten Steinhaufen im Westen der Messestadt noch als das zu identifizieren, was er ursprünglich einmal war: eine Besuchertribüne für den Flughafen München-Riem. Erbaut von 1937 bis 1939 und gedacht für Flugshows auf dem damals nagelneuen Airport des Architekten Ernst Sagebiel. Inzwischen befindet sich auf den verlassenen Stufen ein Biotop, das aber nicht sachgerecht gepflegt werden kann, weil die gesamte Konstruktion baufällig ist - ein Zaun schützt vor unbefugtem Zutritt. Und dann gibt es auch noch die ehemalige Kassenhalle ganz im Süden, im sogenannten Kopfbau. Die kann wegen Schimmelbefall nicht genutzt werden, ein Investor für die Sanierung konnte bislang nicht gefunden werden, und im Rathaus herrscht eine gewisse Ratlosigkeit, was nun zu tun ist. Wie eigentlich seit vielen Jahren schon.

Kommunalreferentin Kristina Frank will nun erst einmal einen "Nutzerbedarf definieren", also klären, was man überhaupt anfangen könnte mit den maroden Räumen, die für die Bundesgartenschau 2005 provisorisch zu einem Café zusammengeflickt wurden. Maximal ein Viertel der etwa 600 Quadratmeter ist laut Bebauungsplan für Gastronomie zugelassen, dazu kommen noch 500 Quadratmeter im Freien, auf denen Tische und Stühle aufgestellt werden könnten.

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Nach einer Sanierung allerdings erst. Denn der Kopfbau verfügt nicht einmal über einen ordentlichen Fußboden, es gibt keine Heizung und viel zu wenige Toiletten. Frühere Rathaus-Träume, dies alles könne ein künftiger Nutzer finanzieren, ein Gastwirt etwa, haben sich längst zerschlagen. Frank schlägt nun vor: Nutzungsidee entwickeln, und dann die Kosten für eine Sanierung der Räume ermitteln. Erst dann kann der Stadtrat seriös entscheiden, was mit den Räumen anzufangen ist.

Ein "Armutszeugnis" sei das, wetterte Grünen-Stadtrat Herbert Danner am Donnerstag im Kommunalausschuss. Dass nach so vielen Jahren der Debatte immer noch nichts Nennenswertes passiert sei. Danner will den maroden Komplex retten und ein Angebot für die Bürger der Messestadt schaffen. Das Kommunalreferat müsse endlich in die Gänge kommen. "Ich kann nicht hexen", konterte Behördenchefin Frank. Man habe schon so viel versucht, um wieder Leben in den Kopfbau zu bringen - bislang vergebens. Problem: Das Kind stecke sehr tief im Brunnen. Soll heißen: Mit ein paar Kübeln Farbe ist es nicht getan in dem Bau aus der NS-Zeit. Da sei schon eine grundlegende Sanierung fällig, die man gut vorbereiten müsse. Aber letztlich wollten doch alle das Gleiche: die Räume endlich nutzbar machen.

Der Stadtrat erteilte Frank am Donnerstag allerdings nicht einmal den Auftrag zum Prüfen, sondern vertagte das Thema in die nächste Sitzung des Kommunalausschusses. Weiterer Beratungsbedarf, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Reissl anmerkte. Hintergrund ist, dass es inzwischen ernsthafte Zweifel gibt, ob es sich überhaupt lohnt, auf Teufel komm raus ein altes Nazi-Bauwerk zu revitalisieren. In 15 Jahren sei man mit der Suche nach einem Nutzer nicht weitergekommen, so Reissl. Eigentlich sei die Situation "vollkommen absurd". Da diskutiere man jahrelang über eine alte baufällige Tribüne aus der Nazizeit, die niemand benötige und deren historische Bedeutung sich aus den total überwucherten Resten eigentlich nicht wirklich erschließe.

Reissl kann sich daher vorstellen, trotz des Denkmalschutzes klar Schiff zu machen und den leicht geschwungen, immerhin einen halben Kilometer langen Bau einfach abzureißen - der SPD-Politiker betont, dass dies seine persönliche, noch nicht in der Fraktion abgestimmte Meinung ist. Aber Reissl will, dass diese Variante auch mitdiskutiert wird. Eine Kostenschätzung liegt bereits vor, auch wenn sie von 2016 stammt und daher wohl veraltet ist: Zirka sechs Millionen Euro würde die Beseitigung der Tribüne kosten. Eine Sanierung käme auf 25 Millionen Euro. Allerdings steht derzeit eine Sanierung auf der kompletten Länge von 500 Metern aktuell nicht ernsthaft zur Debatte. Die Vorlage des Kommunalreferats dreht sich nur um den Kopfbau und dessen Nutzung.

Abgesegnet hat der Stadtrat hingegen Franks Pläne für eine Zwischennutzung im anstehenden Sommer. Auch die ist allerdings nicht ohne Probleme und daher noch längst nicht in trockenen Tüchern. Schwierigkeit eins: Die Schimmelsporen im Inneren der Kassenhalle sind gesundheitsschädlich, die Räume können deshalb nicht genutzt werden. Schwierigkeit zwei: Weicht man auf die Freiflächen aus, wo etwa ein Kiosk sowie Tische und Stühle aufgebaut werden könnten, braucht es eine Baugenehmigung. Die liegt bislang nicht vor. Bis die erteilt ist, so unkte Johann Altmann von der Bayernpartei, "ist der Sommer wahrscheinlich vorbei."

© SZ vom 24.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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