Flughafen München:Wo ist denn hier der Streik?

Lufthansa Pilots To Strike At Munich Airport

Die Lufthansa-Piloten streiken, betroffen sind 15 000 Passagiere - aber am Münchner Flughafen merkt man davon fast nichts.

(Foto: A.Hassenstein/Getty)

Die Lufthansa-Piloten streiken und am Münchner Flughafen merkt man davon: nichts. Wären da nicht die vielen Journalisten. Anscheinend hat sich die Fluggesellschaft gut auf den Streik vorbereitet - inklusive eines Jumbo-Jets für Kurzstreckenflüge.

Von Anant Agarwala

Lange Schlangen an den Schaltern, aufgebrachte Passagiere, nervöses Bodenpersonal: am Münchner Flughafen München ist nichts davon zu beobachten. Trotz des Streiks der Lufthansapiloten zwischen 10 und 18 Uhr, von dem - inklusive seiner Nachwehen bis Donnerstagmorgen - mehr als 140 Flüge und etwa 15 300 Fluggäste betroffen waren. 8000 Kunden hat die Lufthansa nach eigenen Angaben über den Streik per Mail oder SMS informiert.

Der Streik wäre kaum zu bemerken, wären da nicht die vielen Reporter und Kamerateams, verzweifelt auf der Suche nach Verzweifelten. Völlig ruhig, in einer Schlange von wenigen Metern, stehen die Leute, die umbuchen müssen.

Viele Passagiere sind gar nicht erst zum Flughafen gekommen

Rentnerin Gabriele Gassner zum Beispiel, beige Jacke und Hose, beiges Köfferchen. Ihr Flug nach Barcelona wurde gestrichen. Sie hat davon aus dem Radio erfahren, die Lufthansa hätte sie vorher nicht informiert. "E-Mail habe ich nicht", sagt sie und schiebt ihr Köfferchen vorwärts. Sie sei aber optimistisch, trotzdem in den Urlaub zu kommen. "Ich bin Rentnerin und habe Zeit, das wird schon klappen."

Die meisten der Passagiere, die vom Streik betroffen sind, sind gar nicht erst zum Flughafen gekommen. Sie haben Bahngutscheine bekommen oder wurden auf andere Flüge umgebucht. Dass das Terminal 2 nicht völlig entvölkert wirkt, liegt daran, dass die 15 Interkontinentalflüge aus München mit Piloten besetzt wurden, die den Streik unterwandern. Außerdem sind Piloten von anderen Standorten nach München gekommen, um Gestrandete über das Drehkreuz Frankfurt umzuleiten. Dafür hat die Lufthansa auf der Kurzstrecke München-Frankfurt sogar einen Jumbo-Jet eingesetzt - mit mehr als 400 Sitzplätzen.

Diese Maßnahmen sind Teil des Sonderflugplans, den die Lufthansa nach der Streik-Ankündigung der Pilotengewerkschaft "Vereinigung Cockpit" erarbeitet hat. Bei den Streitigkeiten geht es um die bestehende Vorruhestandsregelung, die die Lufthansa abschaffen möchte. Statt mit 59 Jahren sollen Piloten zukünftig erst mit 61 Jahren in den betrieblich bezahlten Vorruhestand treten. Schon in den vergangenen Woche hatten Lufthansa-Piloten in Frankfurt deshalb gestreikt.

Die Streiks kosten Lufhansa angeblich Millionen. Bereits der dreitägige Ausstand im April habe die Airline etwa 60 Millionen Euro gekostet - durch die Arbeitsniederlegungen in den vergangenen Wochen sei mit einem Betrag in einer ähnlichen Größenordnung zu rechnen, sagte der für München verantwortliche Lufthansa-Manager Thomas Klühr. Er nannte den Streik "extrem ärgerlich" besonders für Lufthansa-Kunden und kritisierte die Rolle von Cockpit. "Es kann nicht sein, dass Spartengewerkschaften ganze Unternehmen lahmlegen."

In München streiken indes nicht alle Lufthansa-Piloten, auch einige Inlandsflüge starten regulär. Nicht aber der nach Bremen. Zu den Gestrandeten an den Lufthansaschaltern gehört auch Süleyman, der in München eigentlich nur umsteigen wollte. Zusammen mit seinem Bruder Hakan, dessen Sohn Can Osman, drei großen und einem kleinen Koffer ist Süleyman am Morgen aus Istanbul gekommen. Nach Bremen aber geht es nicht weiter. Gut eine Stunde stehen Süleyman und Hakan am Schalter, während Can Osman auf den Koffern sitzt. Am Ende sind sie zufrieden. "Die Lufthansa hat das sehr kompetent gelöst, wir fliegen jetzt nach Münster." Von dort aus geht es mit dem Großraumtaxi weiter. Nur die zwei Stunden, die sie gestern mit der ständig besetzten Hotline verbracht hätten, dazu noch aus dem Ausland, seien etwas ärgerlich.

Auch Gabriele Gassner kommt schließlich weg. Sie wird umgebucht nach Frankfurt, wie viele andere Passagiere. Von da geht es weiter nach Barcelona. Statt um 15 Uhr wird Gassner um 18 Uhr ankommen. "Das haben sie sehr gut geregelt, ich hatte sogar noch die Alternative, direkt zu fliegen. Allerdings erst nach dem Streikende am Abend."

In den 60er Jahren habe sie zwei Jahre in der Nähe von Barcelona gelebt, über ein Stipendium. "Ich war zuletzt als junges Mädchen da. Mal sehen, ob noch irgendwas so ist wie in meiner Erinnerung."

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