Flughafen München:Wenn der Staat den Staat prellt

  • Eine Tochter der staatlichen Flughafengesellschaft FMG, die Sicherheitsfirma CAP, hat laut Anklage Mehrarbeit von Mitarbeitern der eigenen Tochterfirma CAP über geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bei zwei Fremdfirmen abgerechnet.
  • Die Nebenjobs existierten nicht, nicht einmal auf dem Papier, sie seien nicht mehr als ein Abrechnungstrick.
  • Mit diesem Beschäftigungsmodell seien insgesamt 1,9 Millionen Euro Schaden zulasten der Öffentlichkeit entstanden.

Von Katja Riedel, München/Landshut

Für Klaus Ruhland ist die Sache eindeutig. Seit 2009 liefen die Ermittlungen, und seit mehr als 30 zähen Verhandlungstagen hat sich für den Staatsanwalt nun das Bild, das er seit Beginn hat, noch verfestigt, so sagt er es jedenfalls. Und dieses Bild des Staatsanwaltes hat eindeutige Farben, wenige Nuancen: Am Flughafen München hat der Staat sozusagen den Staat geprellt.

Eine Tochter der staatlichen Flughafengesellschaft FMG, die Sicherheitsfirma CAP, hat nach Auffassung der Ankläger jahrelang, seit 1993 nämlich, Mehrarbeit von Mitarbeitern der eigenen Tochterfirma CAP über geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bei zwei Fremdfirmen abgerechnet, als Nebentätigkeit. Es hätten aber tatsächlich nicht zwei, sondern nur ein einziges Arbeitsverhältnis bestanden, nämlich mit der CAP.

1,9 Millionen Euro Schaden

Die Nebenjobs existierten nicht, nicht einmal auf dem Papier, sie seien nicht mehr als ein Abrechnungstrick. Und das mit Vorsatz, um Sozialversicherungsbeiträge und Steuern zu sparen - so ist die Anklage überzeugt. Ein kreatives Beschäftigungsmodell, das Geld spart: 1,9 Millionen Euro Schaden sei dabei insgesamt zulasten der Öffentlichkeit entstanden, zumindest in dem Zeitraum, der strafrechtlich relevant ist. Denn alles, was vor 2005 stattfand, ist verjährt.

Die Anklage hat darum am Montag zwei Haftstrafen und eine Millionen-Geldbuße gefordert, aufgrund zweier Taten, welche die Ankläger als erwiesen ansehen: Arbeitsentgelt und Steuern seien durch die Verantwortlichen entzogen worden. Der ehemalige CAP-Geschäftsführer Gerhard W. soll deshalb als Hauptverantwortlicher zwei Jahre und neun Monate, sein früherer Prokurist Erich S. zwei Jahre und sechs Monate einsitzen, eine Bewährungsstrafe komme in beiden Fällen nicht mehr in Betracht, sagte Staatsanwalt Ruhland. Zu lang sei der Zeitraum, in dem man das attraktive Modell betrieb. Die mitangeklagte Sicherheitsfirma CAP solle eine Geldbuße in Höhe von 1,4 Millionen Euro zahlen, forderte Ruhland.

Abrechnungspraxis war bekannt

Nicht auf der Anklagebank sitzen Verantwortliche der Mutterfirma FMG, der Flughafengesellschaft, die dem Freistaat, dem Bund und der Landeshauptstadt München gehört. Und das, obwohl die Abrechnungspraxis dort bekannt war und auch in Gremien diskutiert wurde. Ein Umstand, der Verteidigung wie Anklage schmerzen dürfte und eine der wenigen Gemeinsamkeiten darstellt.

Denn das Gericht ließ diesen Teil der Anklage nicht zur Hauptverhandlung zu. Für Robert Jofer, den Verteidiger des früheren Prokuristen, eines 72-jährigen früheren Berufssoldaten, ist das "schade". So drückte er es am Montag mehrfach aus und bemühte sich, seinen Mandanten als kleines Rad in einem großen Spiel darzustellen, als einen Laien, der sich mit den juristisch komplizierten Gegebenheiten nicht habe auskennen können.

Verteidigung plädiert auf Freispruch

Verteidiger Jofer übte deutliche Kritik an den Ermittlungen, auch weil die Geschäftsräume der Mutter FMG, anders als die der Tochter CAP, nicht durchsucht worden waren. Sein Mandant und dessen Einfluss würden von der Anklage "überschätzt". Die Verteidigung von S. beantragte, diesen auch deshalb freizusprechen, weil er im fraglichen Zeitraum nur formal, nicht mehr faktisch eine einflussreiche Rolle innerhalb der Sicherheitsfirma gespielt habe.

Die Verteidigung des ehemaligen Geschäftsführers W. und die beiden Angeklagten selbst sollen erst am heutigen Dienstag sprechen. Es werden bei Weitem nicht die letzten Worte in dem Verfahren sein. Der Prozess gegen den Geschäftsführer einer der Firmen, bei denen die Nebenbeschäftigungen abgerechnet wurden, wird getrennt weiterverhandelt.

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