Süddeutsche Zeitung

Flughafen München:Unsanfte Zwischenlandung

Die Zahl der Passagiere am Münchner Flughafen ist im ersten Halbjahr um 9,4 Prozent eingebrochen. Die dritte Startbahn soll dennoch kommen.

Dominik Hutter

Trotz eines gut neunprozentigen Rückgangs bei den Passagieren hält der Flughafen an seinen Ausbauplänen fest. Die umstrittene dritte Startbahn kann allerdings wegen der langwierigen Planungsverfahren - unter anderem muss die Wachstumsprognose durch ein unabhängiges Büro überprüft werden - frühestens 2012 in Betrieb gehen. Weitere Verzögerungen durch Klagen sind nicht ausgeschlossen. Der einstige Wunschtermin 2011, der freilich von vornherein als ehrgeizig galt, ist vom Tisch.

"Das Luftverkehrsgeschehen hängt unmittelbar von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab", erklärte Flughafenchef Michael Kerkloh bei der Präsentation der Halbjahresbilanz. Soll heißen: So wie der Flughafen im Schlepptau der Wirtschaft ins Minus geraten ist, verheißt eine wieder anspringende Konjunktur rasche Rettung aus dem Jammertal. Derzeit ist davon allerdings noch nichts zu merken.

Der Flughafen hat in den vergangenen sechs Monaten 9,4 Prozent weniger Passagiere abgefertigt als im ersten Halbjahr 2008: Aus 17 Millionen wurden 15,4 Millionen. Kerkloh rechnet aber damit, dass sich die Zahlen in den kommenden Monaten bessern, so dass das Gesamt-Minus für 2009 "deutlich weniger als zehn Prozent" betragen werde.

Dabei hilft freilich die Mathematik ein wenig mit: Denn jeder Monat wird mit seinem Vorjahrspendant verglichen - und im zweiten Halbjahr 2008 war die Rezession bereits deutlich zu spüren, so dass der weitere Absturz nicht mehr gar so jäh ausfallen dürfte. 2010, hofft der Flughafenchef, werde es wieder leicht aufwärts gehen, bereits 2011 könne "MUC" an seine einstigen Höhenflüge anknüpfen.

Die Grünen im Landtag kritisierten Kerklohs Aussagen als Schönrednerei und plädierten erneut für den Verzicht auf die dritte Start- und Landebahn. "Die Expansionspläne sind von der Realität eingeholt worden", höhnte Christian Magerl, der umweltpolitische Sprecher der Fraktion. "Grenzenlose Wachstumsszenarien" am Flughafen seien auch in Zukunft "gänzlich unrealistisch", da bei einer Konjunkturbelebung auch die Ölpreise anzögen. Magerl forderte die Airportgesellschafter Freistaat, Bund und Stadt auf, den Ausbau zu stoppen.

Tatsächlich wird derzeit wieder heftig über Sinn und Unsinn der neuen Piste debattiert. Die bayerische SPD hat bei ihrem Parteitag in Weiden einen Anti-Startbahn-Beschluss gefällt, den Münchens SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann durchaus ernst nehmen will. Kerkloh erwartet hingegen keine allzu gravierenden Auswirkungen von dem Votum, das nach seinen Informationen gegen Sitzungsende vor stark ausgedünnten Reihen von Genossen aus Erding und Freising erwirkt worden sei.

Die schlechten Verkehrszahlen am Münchner Flughafen sind vor allem auf den Geschäftsreiseverkehr zurückzuführen, der deutlich stärker zurückgegangen ist als private Flugreisen. Vergleichsweise wenig betroffen sind der Drehkreuz-, also Umsteigerverkehr, sowie die Interkontinentalverbindungen, bei denen das Passagier-Minus nur bei vier Prozent liegt. Trotzdem fliegt die Lufthansa inzwischen auf einigen Langstrecken seltener als noch 2008. Weitere Einsparungen sind in Planung.

Airport-Chef Kerkloh hegt dennoch an der Notwendigkeit einer dritten Piste keinerlei Zweifel. Schon jetzt bildeten sich tagtäglich lange Staus an den Startbahnköpfen, der Bedarf sei also längst vorhanden. Zudem müsse der Flugverkehr auch von der nationalen Warte aus betrachtet werden: In den nächsten 30Jahren seien in Deutschland, trotz der erwarteten Zuwächse im Flugverkehr, lediglich in Frankfurt und München neue Pisten geplant: "Das ist alles." Der neue Berliner Flughafen mit seinen zwei Bahnen verringere sogar die Kapazität, da die Hauptstadt einst über fünf Pisten verfügen konnte.

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SZ vom 15.07.2009/sonn
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