Flughafen München:Seehofer setzt auf neuen Bürgerentscheid zur Startbahn

Coalition Partners Agree Over New Government Policies

Ministerpräsident Seehofer will den Ausbau des Münchner Flughafens nicht gegen den Willen der Bürger entscheiden.

(Foto: Getty Images)
  • Ministerpräsident Seehofer will im Streit um den Ausbau der dritten Startbahn noch einmal die Bevölkerung beteiligen.
  • Damit spitzt sich der Konflikt zwischen Seehofer und den Befürwortern des Flughafenausbaus in der CSU-Fraktion weiter zu.
  • Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter fühlt sich an das Votum der Münchner gebunden:Ein neuer Entscheid komme erst in Frage, wenn die Kapazitäten des Flughafens ausgereizt sind.

Von Wolfgang Wittl und Heiner Effern

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer will den Streit um den Bau einer dritten Startbahn offenbar mit einem weiteren Bürgerentscheid auflösen. Der Parteizeitung Bayernkurier sagte der CSU-Chef in einem Interview: "Ich möchte, dass wir ein Verfahren finden, dass wir dann, wenn die Entwicklung der Starts und Landungen am Flughafen dies rechtfertigt, die Bevölkerung noch einmal entscheiden lassen." Man könne das Thema Bau einer dritten Startbahn "nur unter Beteiligung der Bevölkerung lösen".

Am Freitag hatte Seehofer Fragen nach einer Bürgerbeteiligung noch offen gelassen. "Das werden wir sehen", sagte er am Rande einer Veranstaltung des Bayerischen Beamtenbundes. Der Ministerpräsident stellte allerdings klar, dass es mit ihm nur eine "politische Lösung" geben werde. "Das Kabinett Seehofer wird gegen die Landeshauptstadt nicht juristisch vorgehen", betonte Seehofer. Er habe "kein Interesse an einem Krieg mit der Landeshauptstadt".

In einem Bürgerentscheid hatte sich die Münchner Bevölkerung 2012 gegen die Erweiterung des Flughafens ausgesprochen. Die Bindefrist ist zwar bereits ausgelaufen, Stadt und Staatsregierung fühlen sich dem Bürgerwillen jedoch bis heute verpflichtet.

Die Entscheidung soll vor den Bundestagswahlen 2017 fallen

Die Gespräche mit der Stadt seien auf seiner Ebene abgeschlossen, erklärte Seehofer. Das bedeutet, nun ist aus seiner Sicht die CSU-Landtagsfraktion am Zug. Diese befürwortet mit großer Mehrheit den Bau einer weiteren Piste - und zwar so schnell wie möglich. Gespräche mit CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer, der ebenfalls zu den Befürwortern gerechnet wird, hat Seehofer wohl bereits geführt, weitere mit Fraktionsmitgliedern sollen folgen.

Zumindest im Zeitplan sind sich Seehofer und die CSU-Fraktionsspitze einig: Man werde nichts überstürzen, aber auch nichts auf die lange Bank schieben. Die Entscheidung soll dem Vernehmen nach noch vor den Wahlen im Bund (2017) und Land (2018) stattfinden. Vor Monaten bekannt gewordene Spekulationen, Seehofer wolle die Münchner Bevölkerung am Tag der Bundestagswahl über die dritte Startbahn abstimmen lassen, hatte die Staatskanzlei damals zurückgewiesen.

OB Reiter: Dritte Startbahn nur nach neuem Bürgerentscheid

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) äußert sich schon seit Monaten nicht mehr zu den Startbahn-Diskussionen der CSU. Reiter fühlt sich hundertprozentig an die Entscheidung seiner Bürger gebunden. Ohne eine weitere Abstimmung werde es mit ihm keine dritte Startbahn geben, betonte er immer wieder. Auf einen fixen Zeitpunkt vor irgendwelchen Wahlen, wie von der CSU erwogen, wird sich der OB nicht festlegen lassen. Der Bürgerentscheid werde dann kommen, wenn die Kapazitäten des Flughafens tatsächlich ausgereizt seien, lautet seine Ansage.

Reiter sieht es als gefährlich und taktisch unklug an, zum falschen Zeitpunkt abzustimmen zu lassen. Denn es werde auf absehbare Zeit nur noch diese eine Chance geben, sagt er stets. Seine Bürger im Fünf-Jahresrhythmus abstimmen zu lassen, bis ein positives Votum für die Startbahn herauskommt, wird mit Reiter nicht zu machen sein.

Die bayerische Wirtschaft fordert einen raschen Ausbau

Seehofers Interview im Bayernkurier ist eine Kampfansage an all jene in der CSU-Landtagsfraktion, die eine Erweiterung des Flughafens ohne Bürgerbeteiligung durchsetzen wollen: "Politiker dürfen in einer modernen Gesellschaft nie den Eindruck erwecken, die Bevölkerung würde sie beim Regieren stören. Das wäre fatal." Wenn ein Votum der Bürger gegen die eigene politische Vorstellung ausfalle, dürfe man nicht die Bevölkerung beschimpfen, "sondern dann lag es vielleicht daran, dass die eigenen Argumente nicht überzeugend genug waren".

Ähnlich soll sich der Ministerpräsident in diesem Monat bereits bei einem Treffen mit dem Verband der bayerischen Wirtschaft geäußert haben. Dessen Präsident Alfred Gaffal hatte einen raschen Beschluss für den Ausbau gefordert. Es gehe um die Zukunftsfähigkeit des Freistaats, sagte Gaffal. Auch die CSU hatte am vergangenen Parteitag einen Beschluss pro Ausbau verabschiedet. Dieses Votum gelte es zu respektieren, sagte Seehofer, noch mehr allerdings fühlt er sich an den Willen der Bevölkerung gebunden. Der Flughafenausbau sei weder im zurückliegenden Landtagswahlkampf ein Thema gewesen, noch sei er im Bayernplan der CSU gestanden. Für Seehofer gibt es bislang also keine Legitimation durch den Wähler.

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