Der Abend beginnt mit den Gorillas, denn erst einmal wird gefeiert, was man geschafft hat, in nur fünf Jahren. Auf der Leinwand in den Kammerspielen stürmen jetzt also noch einmal die Affen das Haus in der Müllerstraße 6, streichen die Wände und singen: "Das Haus muss bleiben und der Bolzplatz auch." Mit diesem Video fing es an. Der Bolzplatz ist geblieben.
In dem Haus mit der Nummer 6 leben heute junge Flüchtlinge, dank der Genossenschaft Bellevue di Monaco, die an diesem Samstag in den Kammerspielen eine Benefizgala veranstaltet. Und an diesem Abend zeigt sich wieder einmal, wie viel Kraft eine kleine Gruppe in einer Stadt haben kann, wenn sie etwas verändern will - wie viel aus einem Protest entstehen kann.
Die Kabarettistin Luise Kinseher, die Band Moop Mama, die Sportfreunde Stiller und viele andere Künstler hatten sich im Frühjahr vor fünf Jahren die Affenmasken übergezogen und mit dem Video dagegen protestiert, dass die Stadt den Abriss des Hauses in der Müllerstraße plante. Manche der Künstler von damals stehen heute Abend wieder auf der Bühne, alle Einnahmen gehen an Bellevue di Monaco. Die Kabarettisten in den Kammerspielen aber amüsieren das Publikum nicht nur, sie wollen auch etwas vermitteln. Dass Worte nicht genügen, zum Beispiel. Dass es das eine ist, zu sagen, man sei tolerant, aber etwas ganz anderes, danach zu handeln. Da steht dann also das Ensemble der Münchner Lach- und Schießgesellschaft auf der Bühne und Caroline Ebner erzählt, dass "der Bubi" nun in den "Freien Identitären Kindergarten" gehe. Dort lerne er schießen und sich gegen die Fremden zu wehren - sie aber sei natürlich Pazifistin, kaufe Bio und möge es "an einem lauen Sommerabend ins Museum zu gehen."
Es treten unter anderem Max Uthoff auf, Claudia Schlenger und Hanns Meilhamer als Herbert und Schnipsi. Und auch wenn Gerd Baumann, der die Musik für die Filme von Marcus Rosenmüller komponiert hat, dann gemeinsam mit Kollegen aufspielt, wird klar, dass es um mehr geht als nur darum, einen guten Samstagabend zu haben. Sie singen: "How I wish that every human can be free" - wie ich mir wünsche, dass jeder Mensch frei sein kann.
Es tritt schließlich Matthias Weinzierl nach vorne, aus dem Vorstand von Bellevue di Monaco, auch er fasst erst noch einmal die Erfolge zusammen: Eine Unterkunft für junge Geflohene in der Hausnummer 6. Wohnungen für Familien in der Hausnummer 4. In der Hausnummer 2 die Kulturräume. Ein Atelier zum Beispiel, mit offenen Werkstätten. Eine Fahrradwerkstatt. Vorne am Eck das Café, das "zwar im Glockenbach liegt, aber trotzdem nicht Schickimicki ist". Ein Ort für alle solle es sein, ein Ort für München. Denn die Stimmung in der Stadt, sagt Weinzierl dann, sei lange nicht mehr so gut wie im Herbst 2015, als so viele Menschen am Bahnhof standen, um die Geflohenen willkommen zu heißen, als sie Teddybären mitbrachten und Pullover. Gerade jetzt aber komme es drauf an. "Wir müssen alle den Arsch hochkriegen, damit diese Stadt ihr weltoffenes Gesicht behält", sagt Matthias Weinzierl. Applaus im Saal.
Nach ihm tritt Simon Pearce auf die Bühne. Er erzählt davon, was es bedeutet anders auszusehen, als manche Menschen in dieser Stadt sich vorstellen, wie jemand in München auszusehen hat. Er ist Comedian, er trägt das natürlich witzig vor. Wenn man aber darüber nachdenkt, was da auf den Straßen geschieht, ist es das nicht. Als er von der Bühne geht, applaudiert das Publikum. Klatschen reicht nicht. Worte reichen nicht.