Flüchtlinge:Skepsis und Pragmatismus

Flüchtlinge: Baustelle: An der Max-Proebstl-Straße entstehen derzeit Leichtbauhallen als Flüchtlingsunterkunft.

Baustelle: An der Max-Proebstl-Straße entstehen derzeit Leichtbauhallen als Flüchtlingsunterkunft.

(Foto: Robert Haas)

Bei einer Infoveranstaltung der Stadt in Daglfing steht die Frage im Mittelpunkt, ob die Unterbringung von gut 1000 Flüchtlingen in kleinen Wohnsiedlungen sozialverträglich funktionieren kann

Von Ulrike Steinbacher, Daglfing

Gut 1000 Flüchtlinge in kleinen Wohnsiedlungen am Rand der Stadt - kann das funktionieren? Die Skepsis war deutlich spürbar bei manchen der 120 Zuhörer, die sich am Dienstagabend von der Stadtverwaltung über die geplanten Unterkünfte in Daglfing und Zamdorf informieren ließen. Doch nur ein Mann fasste das Gegrummel in Worte und fragte, ob eine so hohe Zahl von Flüchtlingen "sozialverträglich" sei. Andere machten sich dagegen den Pragmatismus von Sozialreferentin Brigitte Meier zu eigen. "Ich verstehe das Negative nicht", sagte eine Frau unter Beifall, "das ist ja keine bayerische Kultur."

Meier war mit einer Mitarbeiter-Riege aus Sozial-, Bau- und Schulreferat in die Rudolf-Steiner-Schule nach Daglfing gekommen, um die drei Unterkünfte vorzustellen. Eine davon entsteht gleich gegenüber der Schule an der Max-Proebstl-Straße. Ursprünglich war sie als Container-Haus geplant, doch weil der Lieferant abgesprungen ist, werden gerade zwei Leichtbauhallen errichtet. Der Unterschied: Die Hallen bieten deutlich weniger Privatsphäre. 1,60 Meter hohe Trennwände teilen die Bereiche ab, in denen jeweils zwei bis vier Personen leben. Strom gibt es aus Brandschutzgründen nur an bestimmten Punkten, selbst kochen ist verboten. Von Januar an bringt die Stadt an diesem Standort 230 Asylbewerber unter. Die Hallen sollen zwei Jahre lang genutzt werden.

Rolf von Schickfus, der seit Jahrzehnten ehrenamtliche Asylhelfer im Stadtbezirk koordiniert, sah in dieser Form der Unterbringung durchaus "großes Konfliktpotenzial". Schließlich existiert an der Max-Proebstl-Straße noch eine weitere Unterkunft - und dort leben die Menschen in Containern und haben Zimmer, deren Türen sie hinter sich zumachen können.

Auch an der Kronstadter Straße in Zamdorf entsteht erst einmal eine Leichtbauhalle. Noch vor Weihnachten sollen dort 100 Asylbewerber einziehen können. Bis August 2016 wird südlich davon ein Container-Haus für 300 Menschen bezugsfertig sein, das fünf bis zehn Jahre genutzt wird. Wie lange beide Unterkünfte parallel laufen, hänge vom Bedarf ab, sagte Meier.

Für eine andere Zielgruppe ist die dritten Unterkunft gedacht: In der ehemaligen Coca-Cola-Zentrale an der Klausenburger Straße kommen Flüchtlinge unter, die bereits anerkannt wurden, dazu Minderjährige, die allein geflohen sind. Bis 15. Dezember soll das Haus für 300 Menschen vorbereitet sein, von April 2016 an kommen 400 weitere dazu. Zehn bis 15 Jahre bleibt diese Unterkunft in Betrieb. Zum Standort Schimmelweg in Daglfing wird es eine eigene Infoveranstaltung geben. Dort kommen 160 Minderjährige unter, die Planung beginnt im Frühjahr.

Die Publikumsrunde machte die Unsicherheit vieler Anwohner deutlich. Es ging oft um Sicherheit - um Wachdienste in den Unterkünften selbst, Kontrollen in der Umgebung und speziell an S-Bahnhöfen, um die Personalsituation der Polizei. Auf die Frage, ob sich die Asylbewerber frei bewegen dürften, antwortete Stefan Möhl von der Bogenhauser Polizei: "Das ist ein Flüchtlingsheim und kein Gefängnis."

Auch das Thema Überforderung sprach Sozialreferentin Brigitte Meier an. Es gebe durchaus eine Verdichtung im Osten des Stadtbezirks Bogenhausen, räumte sie ein. Rund um die Daglfinger Unterkunft leben nach den aktuellen Zahlen der Stadtverwaltung etwa 2200 Menschen, in Zamdorf sind es 3000. Doch Meier sagte auch, die Akzeptanz der Flüchtlinge hänge weniger von deren Zahl ab als von der Betreuung. Und Rolf von Schickfus ergänzte: "Friede in der Unterkunft ist auch Friede mit den Nachbarn."

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