Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge:Minderjährige Flüchtlinge sollen besser betreut werden

Das Münchner Sozialreferat will Neuankommende bald in einem "Young Refugee Center" versorgen. Innerhalb von vier Wochen sollen sie dann weiterverteilt werden.

Von Sven Loerzer

Um künftig minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland gekommen sind, besser betreuen zu können, will Sozialreferentin Brigitte Meier eine neue zentrale Anlaufstelle schaffen: In der Marsstraße 19 soll im April das "Young Refugee Center" (YRC) seinen Betrieb aufnehmen. Die neue Einrichtung mit 180 Plätzen in Kurzzeitwohngruppen und weiteren Plätzen in Dependancen wird die bislang in der Bayernkaserne abgewickelte Aufnahme von neuangekommenen Kindern und Jugendlichen ablösen. Am Dienstag berät der Stadtrat über das Vorhaben.

München rechnet in diesem Jahr mit 11 000 Neuankömmlingen

Hintergrund der Neustrukturierung ist die neue Rechtslage: Seit 1. November werden die ohne Eltern eingereisten Minderjährigen ebenso bundesweit weiter verteilt wie erwachsene Asylbewerber. Die Verteilung muss innerhalb von vier Wochen, nachdem die Jugendlichen aufgegriffen und vom Jugendamt in Obhut genommen worden sind, erfolgen.

Auf der Basis der Zahlen vom vergangenen Jahr geht das Stadtjugendamt davon aus, dass es sich in diesem Jahr um rund 11 000 Neuankömmlinge wird kümmern müssen. Sie müssen eine Gesundheitsuntersuchung durchlaufen sowie die Alterseinschätzung, da die meisten keine Ausweispapiere haben. Etwa 60 Prozent bleiben dann als Minderjährige bis zur Weiterverteilung vorläufig in der Obhut des Münchner Jugendamts.

Das YRC erfasst und registriert die Neuankommenden und versorgt sie mit Kleidung, Essen, Hygieneartikeln und einem Bettplatz. Die Flüchtlinge werden ärztlich untersucht. Während ihres Aufenthalts im YRC kümmern sich Betreuer um sie. Das Haus ist mit freiem Wlan ausgestattet, um den jungen Asylbewerbern zu ermöglichen, Kontakt mit ihrer Familie aufzunehmen.

Gibt es keine Dokumente, wird das Alter geschätzt

Auch das Kreisverwaltungsreferat wird im YRC vertreten sein, es übernimmt die Anmeldung zum Ausländerzentralregister und stellt ein Dokument aus, mit dem sich die Jugendlichen gegenüber der Polizei ausweisen können. Ergibt die Alterseinschätzung durch Sozialpädagogen des Stadtjugendamtes, dass es sich um eine volljährige Person handelt, wird sie an das Erstaufnahmezentrum der Regierung von Oberbayern in der Bayernkaserne weitervermittelt.

Zwei der sechs Kurzzeitwohngruppen in der Marsstraße sind für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vorgesehen: für Kinder unter 14 Jahre sowie für Mädchen. Untergebracht sind alle in Zwei- bis Vierbettzimmern, jeder Bewohner hat einen absperrbaren Schrank. Um das Essen soll sich ein Caterer kümmern.

Auch für eine Reihe anderer Aufgaben will das Sozialreferat externe Dienstleister einsetzen: Für die Reinigung, die Bewachung, die Begleitung und den Transport in andere Kommunen, den Hausmeisterdienst, das Dolmetschen und die medizinische Versorgung. Ein Pool von Dolmetschern im Haus soll sicherstellen, dass auch kurzfristig Gespräche stattfinden können.

Insgesamt rechnet das Sozialreferat mit einem zusätzlichen Personalbedarf von fast 15 Stellen. Mit 13,8 Millionen Euro sind die jährlichen Kosten für das YRC veranschlagt. Etwa 12,6 Millionen Euro gelten als erstattungsfähig und sollen der Regierung von Oberbayern über Tagessätze in Rechnung gestellt werden. Dass die Kämmerei dem Stadtrat empfiehlt, die Stellenwünsche kritisch zu prüfen, versteht die Sozialreferentin nicht: Vor dem Hintergrund der Diskussion "um vermeintliche Versäumnisse bei der Kostenerstattung" und die chronische Unterbesetzung sei der Bedarf unabweisbar.

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SZ vom 02.02.2016/imei
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