Flüchtlinge in München:Zwei Hungerstreikende müssen ins Krankenhaus

Flüchtlinge in München im Hungerstreik

Seit Tagen im Hungerstreik: Flüchtlinge am Sendlinger-Tor-Platz

(Foto: dpa)
  • Zwei der Flüchtlinge, die in der Münchner Innenstadt mit einem Hungerstreik protestieren, mussten ins Krankenhaus gebracht werden.
  • Das Kreisverwaltungsreferat will vorerst nicht räumen, der Rest der Gruppe ist weiter im Streik.
  • Die Flüchtlinge wenden sich seit drei Tagen am Sendlinger-Tor-Platz gegen die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften.

Zwei Flüchtlinge müssen aus gesundheitlichen Gründen aufgeben

Seit drei Tagen harren etwa 30 Männer und Frauen ohne Essen in ihren Schlafsäcken und Decken in der Kälte aus. Sie trinken lediglich, ihr offenes Zelt am Sendlinger-Tor-Platz in der Münchner Innenstadt schützt nur notdürftig gegen das Herbstwetter. Mit einem Hungerstreik wollen die Flüchtlinge auf ihre schwierige Situation aufmerksam machen und gegen die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften protestieren - doch nun haben zwei von ihnen aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Sie seien mit Taubheitsgefühlen in Armen und Beinen ins Krankenhaus gebracht worden, bestätigt das Kreisverwaltungsreferat.

Die zwei jungen Männer waren geschwächt, vermutlich durch die Kälte und den Nahrungsentzug. Eine Privatperson - einer der Helfer oder einer der anderen Protestierenden - hatte den Krankenwagen gerufen. In einer Mitteilung der Flüchtlinge und ihrer Unterstützer heißt es, einer der Männer habe hohes Fieber und eine Erkältung gehabt.

Rest der Gruppe setzt Hungerstreik fort

Die Flüchtlinge setzten ihren Hungerstreik dennoch fort. Folgen habe der Vorfall zunächst nicht, hieß es von Seiten des Kreisverwaltungsreferats. "Vorerst sehen wir keinen Grund, die Aktion abzubrechen", sagte eine Sprecherin des KVR. "Das kann sich aber jederzeit ändern." Man habe die Situation genau im Blick.

Den Flüchtlingen zufolge ist einer der Männer, die ins Krankenhaus mussten, bereits wieder zu den Hungerstreikenden zurückgekehrt. Die Gruppe fordert neben anderen Unterkünften auch einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt. Zudem wehren sie sich gegen die Regelung, dass innerhalb der EU das Land zuständig ist, über das der Asylbewerber eingereist ist. "Wir sind Menschen, die Hunderte von Talenten mitbringen. Wir wollen hier grundlegende Menschenrechte haben", schreiben sie in ihrer Mitteilung.

Angebot des Oberbürgermeisters blieb ohne Erfolg

Am Montag hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die Flüchtlinge besucht und ihnen ein Angebot gemacht: Sie sollten ihren Hungerstreik beenden, dann werde er für jeden von ihnen eine zwischenzeitliche Unterkunft in der Bayernkaserne besorgen. Und er bot an, die Protestierenden "zu Gesprächen mit der bayerischen Staatsregierung und eventuell Vertretern der Bundesregierung" einzuladen. Das wiederholte er auch in einem Brief an die Gruppe. Die Flüchtlinge lehnten ab und entschieden sich, zu bleiben.

Ein Sprecher der Gruppe sagte: "Wenn wir jetzt in die Lager zurückgehen, sind wir in der gleichen Situation wie vorher. Wir können nicht einfach dort warten und darauf vertrauen, dass sich von alleine etwas ändert. Wir haben keine Wahl."

Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) kritisierte die Aktion. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehöre zwar zu den Grundpfeilern der Demokratie, sagte sie dem Münchner Merkur. "Zu dieser Demokratie gehört es aber auch, dass der Staat und die Gesellschaft nicht erpressbar sind."

Wie es jetzt weitergeht

Reiter versprach, dennoch an die Landes- und Bundesregierung heranzutreten, um die Situation zu verbessern. Er sei als Bürgermeister eigentlich nicht zuständig, wolle sich jedoch so gut wie möglich einsetzen. Reiter sagte aber auch: "Ein Hungerstreik ist sicher nicht der richtige Weg."

Bis kommenden Montag gilt die Genehmigung für die Versammlung am Sendlinger-Tor-Platz. Ob die Flüchtlinge so lange ausharren, ist ungewiss. Zuvor hatten sie angekündigt, sie seien bereit, lange zu bleiben - und wenn nötig, in den sogenannten trockenen Hungerstreik zu treten, also auch nichts mehr zu trinken.

Mittlerweile dürfen sie einen zweiten Zelt-Pavillon und Holzpaletten gegen die Kälte verwenden. Die Situation könnte sich jedoch zuspitzen. Sie erinnert an Juni 2013: Damals hatte die Polizei das Camp am Münchner Rindermarkt geräumt, nachdem die Flüchtlinge dort auch mehrere Tage lang nicht getrunken hatten und schließlich konkrete Gefahr für ihre Gesundheit und ihr Leben bestand.

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