Lieber anpacken als spenden Tatjana Kuss, 51, eigentlich Sekretärin, arbeitete am Sonntag in der Akutbetreuungsstelle am Luisengymnasium mit, in dem die drei Turnhallen als Notquartier genutzt werden. Kuss ist seit 33 Jahren bei den Maltesern aktiv. "Ich bin jemand, der lieber vor Ort mit anpackt, als einfach nur Geld zu spenden oder irgendwas in dieser Richtung", sagt sie. "Bei diesem Einsatz waren für mich die großen Augen am schönsten, wenn wir mit ein bisschen Freundlichkeit auf die Menschen zugegangen sind. Man sah daran, dass sie das leider nicht mehr als selbstverständlich ansahen."
Vor fünf Jahren selbst ein Flüchtling Mohammad Hasani, 23, macht eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Er eilt am Samstag sofort zum Hauptbahnhof. Der 23-Jährige kam selbst vor fünf Jahren als Flüchtling aus Afghanistan. Deswegen kennt er die Situation der Flüchtlinge und ihre Schwierigkeiten - und aus diesem Grund ist für ihn klar, dass er helfen muss. Er hat hier schon gedolmetscht, hilfsbereite Menschen auf die Helfer-Liste gesetzt und Sachspenden angenommen. Der schönste Moment für ihn war, als Flüchtlinge fragten, ob sie wirklich in Deutschland angekommen seien und wie sehr sie sich über das "Ja" gefreut hätten.
Jeden Tag mehr als zwölf Stunden Auch Julia Bartl, 25, hilft. "Ich bin eigentlich BWL-Studentin und habe Zeit", sagt sie. Erst habe ihre Schwester direkt am Bahnhof mitgeholfen, und seit Donnerstag sei nun auch sie selbst dabei und habe jeden Tag über zwölf Stunden gearbeitet. Die Schicksale von Familien, die sich auf der Flucht verloren haben, nehmen sie besonders mit. Aber es gebe auch schöne Momente: "Ich habe einen Bus zur Messe begleitet. Erst waren alle etwas skeptisch, aber dann gab es schnell Vertrauen. Am Ende haben die Flüchtlinge mir ihre Lieblingslieder vorgesungen, die Stimmung im Bus war sehr gut."
Dolmetschen für die Landsleute Masud Badr, 40, stammt aus Syrien und ist zum Hauptbahnhof gekommen, um mit anzupacken und auch zu dolmetschen. 2000 kam er zum Studieren nach Deutschland, er arbeitet in der Autoindustrie und lebt mittlerweile fest hier. "Eine Frau mit Mann und Kindern wollte ihre Mutter anrufen und sagen, dass sie gut angekommen sind, weil die Mutter schon hier ist. Also habe ich ihnen mein Handy gegeben, darüber haben sie sich sehr gefreut", sagt er. Schlimm anzusehen sei, wenn Kleinkinder bei den niedrigen Temperaturen in Sommerkleidung in München ankommen.
Würde auch wollen, dass mir geholfen wird Barbara Schleindlsperger packte im Münchner Luisengymnasium als Helferin mit an. "Wenn ich mir vorstelle, dass ich selber in so einer Situation wäre wie die Flüchtlinge, würde ich auch wollen, dass mir geholfen wird. Deswegen helfe ich mit", sagt die 31-jährige Sekretärin. Sie rechnete am Sonntag damit, dass ihr Einsatz wohl an die zwölf Stunden dauern würde. Zuerst sortierte sie vor allem die große Menge an Kleiderspenden. Kamen die angekündigten Busse an, war sie für die Betreuung der Kinder zuständig.
Selbst zu Tränen gerührt André ist 40 Jahre alt, seinen Nachnamen will er nicht nennen. Er arbeitet in der Pflege und hilft am Hauptbahnhof mit. "Wir brauchen eine richtig gute Willkommenskultur in Deutschland! Deswegen mache ich mit." Der 40-Jährige ist seit Tagen jeweils zehn bis zwölf Stunden im Einsatz. Diese Arbeit nehme einen mit, sagt er. Am Samstag seien ihm selbst die Tränen gekommen, als er die vielen glücklichen und weinenden Menschen gesehen habe. Gerührt hätten ihn zwei Flüchtlinge, von denen einer den anderen auf den Schultern hatte und der "Germany" skandiert habe.