Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge in München:CSU-Bürgermeister legt sich mit SPD an

Beim Thema Flüchtlinge steht Josef Schmid "100-prozentig" zur Linie von Parteichef Horst Seehofer. Und vom "alternden Deutschrocker" Herbert Grönemeyer hält Münchens Zweiter Bürgermeister auch nicht viel.

Von Heiner Effern

Von Lagerfeuerromantik ist im Rathaus derzeit nichts zu spüren. Auch wenn Bürgermeister Josef Schmid seinen Koalitionspartner seit Wochen in dieser Stimmung wähnt. Die SPD komme ihm beim Thema Flüchtlinge vor wie Jugendliche im Ferienlager, die sich abends im Kreis die Welt schön träumten, sagte Schmid am Montagabend vor Parteifreunden im Kolpinghaus. Seit Mitte August schwelt ein Streit darüber, wie die Stadt mit den vielen Asylbewerbern umgehen soll. Und wie das Bündnis bei dem Thema miteinander umgeht. Am Dienstagabend sollten sich die Partei- und Fraktionsspitzen von CSU und SPD im Rathaus zur Aussprache treffen.

Inhaltlich dürften sich die Fronten verhärten. Bürgermeister Schmid bekannte sich am Montagabend im Kolpinghaus "100-prozentig" zur Linie von Parteichef Horst Seehofer. "Selbstverständlich gibt es eine Obergrenze der Aufnahmefähigkeit", sagte er. Um die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen und zu steuern, seien Transitzonen, schnelle Abschiebungen, ein Wiedereinreiseverbot für abgelehnte Asylbewerber und die Ausweisung weiterer sicherer Drittstaaten notwendig. In München müssten zusätzliche Plätze in Kindergärten und Schulen, Sprachkurse und Ausbildungsprogramme organisiert werden. Doch genügend Wohnungen zu finden für weiterhin unbegrenzt nachkommende Flüchtlinge, "das werden wir auch in München nicht schaffen", sagte Schmid.

Der Bürgermeister will sich aber von niemanden, und schon gar nicht von der mitregierenden SPD in die rechte Ecke stellen lassen. "Wir grenzen uns eindeutig davon ab", sagte Schmid. Das gelte für die AfD, für Pegida und für "rechtsextreme Rattenfänger". Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte Schmid im August der Zündelei bezichtigt, als Schmid sich während seines Urlaubs ähnlich zur Flüchtlingssituation äußerte. Die Stimmung im Rathaus ist deshalb seit Wochen gereizt.

Schmid stichelte auch am Montagabend gegen die SPD. Er wolle nicht "wieder mutwillig missverstanden" werden, weshalb er ausdrücklich betone: Das Boot sei nicht voll, aber es drohe zu kentern, wenn man nicht aufpasse. Um einem "Aufschrei der politisch Korrekten" vorzubeugen, verwies er auf die Urheber dieses Zitats: Boris Palmer, den grünen OB von Tübingen, und CDU-Mann Jens Spahn.

Und weil Schmid gerade Ärger abließ, schickte er auch Herbert Grönemeyer einen Gruß. Der Sänger war auf dem Danke-Konzert der Stadt nicht nur auf derselben Bühne aufgetreten wie OB Reiter mit seiner Gitarre. Grönemeyer hatte auch die CSU scharf angegriffen. Die CSU benötige von niemandem Nachhilfe im Umgang mit Flüchtlingen, sagte Schmid. "Schon gar nicht von einem alternden Deutschrocker mit Wohnsitz in London."

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SZ vom 21.10.2015/infu
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