Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge in Bayern:Leben wie im Krisenstaat

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Alte Garagen statt eilig aufgebauter Zelte: Die hektische Suche nach Unterkünften für Flüchtlinge in München zeigt, dass die Behörden völlig überfordert sind. Manche Lager wirken wie Flüchtlingslager in Krisenstaaten. Gerade im reichen Bayern sollte das besser gelingen.

Ein Kommentar von Katja Auer

Also doch keine Zelte. Es sollte vermutlich eine gute Nachricht sein, dass die Asylbewerber in der überfüllten Bayernkaserne nicht in eilig aufgebauten Zelten schlafen müssen und dass sich stattdessen alte Garagen gefunden haben, wo noch ein paar Menschen unterkommen können.

Es hätte nicht gut ausgesehen, wenn der reiche Freistaat im reichen München in Zelten die Menschen unterbringt, die Schutz suchend nach Bayern kommen. Das Zelt hat eine hohe Symbolkraft, es sieht nach Flüchtlingslager in Krisenstaaten aus. Da ist den Politikern jedes feste Bauwerk lieber, mag es noch so heruntergekommen sein.

Vor zwei Jahren mussten in der zweiten bayerischen Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf erstmals Zelte aufgestellt werden, weil auch dort längst mehr Menschen leben, als das Lager eigentlich fassen kann. Das war eine Blamage und offenbarte die ganze Härte der rigorosen bayerischen Asylpolitik, deren Ziel lange war, es den Menschen so ungemütlich wie möglich zu machen.

Sie sollten es nicht zu schön finden im Bayernland und sich bald wieder aufmachen gen Heimat. Dabei, und das darf auch einmal bemerkt werden, waren die Zelte in Zirndorf zwar eine absolute Notlösung ohne jede Privatsphäre, aber nicht schlechter als viele der Bruchbuden, die Flüchtlingen mancherorts als Unterkunft dienen.

Dass es jetzt in München nicht wieder soweit kommen musste, ist dennoch nur ein scheinbarer Erfolg. Die hektische Suche der Behörden nach Unterkünften zeigt wieder einmal, wie überfordert sie sind. Zwar hat die neue Sozialministerin Emilia Müller einen neuen Ton angeschlagen, aber der Gesinnungswandel - auch in den Bezirksregierungen und Kommunen - ist ausgeblieben. Es herrscht Krieg vielerorts, die Flüchtlinge werden in nächster Zeit nicht weniger werden. Deswegen müssen endlich alle zusammenarbeiten, um diese menschenwürdig unterzubringen. Das muss im reichen Bayern einfach gelingen.

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Quelle:
SZ vom 30.06.2014
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