Champions-League-Endspiel:Wenn das Finale ganz weit weg ist

Ganz München ist im Fußballfieber. Ganz München? Nein! Es gibt immer noch ein paar unbeugsame Fußballverweigerer, die sich der allgemeinen Euphorie verschließen. Zum Glück gibt es Alternativen zum Rummel um das Champions-League-Finale.

SZ-Redaktion

10 Bilder

Angler in der Abendsonne

Quelle: dpa

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Ganz München ist im Fußballfieber. Ganz München? Nein! Es gibt immer noch ein paar unbeugsame Fußballverweigerer, die sich von der allgemeinen Euphorie nicht haben anstecken lassen. Doch der Trubel in der Stadt macht es ihnen schwer, vom Champions-League-Finale nichts mitzubekommen. Fast jede Kneipe hat einen Fernseher aufgestellt, kein Biergarten kommt ohne Leinwand aus. Und auf der Theresienwiese, die außerhalb von Festterminen nachts ein wunderbar verlassener Ort in der Stadt ist, verfolgen mehr als 30.000 Menschen das Spiel des FC Bayern gegen den FC Chelsea. Doch es gibt auch Alternativen, um dem Rummel zu entfliehen. Zehn Tipps aus der SZ-Redaktion.

Einsam angeln

Die Sonne schien, und Bayern spielte im Champions-League-Finale gegen Inter Mailand. Das waren beste Vorzeichen für einen wunderbaren Abend in vollkommener Einsamkeit. Alle würden Fußball schauen und grillen, kein Mensch würde sich zum Angeln an den Bach setzen. Herrlich. Es gibt nichts Schöneres, als abgeschieden von der Welt einen sternenglitzernden Bach beim Plätschern zu beobachten und in die Nacht zu lauschen. Aber: Kein Mensch? Von wegen! Fünf Autos standen am Bach, alles Angler. Und die Autos hatten entweder einen Löwen-Aufkleber auf dem Heck oder die Zahl 1860 im Kennzeichen. Fünf - so viele waren noch nie da. Fünf Löwen, fünf Bayern-Verweigerer, fünf Romantiker. Allein den Fischen verging bei diesem Trubel glatt der Appetit, sie verweigerten die Aufnahme sämtlicher Köder. Immerhin, Bayern verlor - aus sportlicher Sicht war der Abend ganz okay. Zwei Jahre ist das her. Auch für diesen Samstag ist wunderbares Angelwetter vorhergesagt. Und Bayern spielt im Champions-League-Finale. Diesmal ist ein anderer Bach an der Reihe, er liegt noch abgeschiedener.

Rudolf Neumaier

Wellness in München, 2006

Quelle: Catherina Hess

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Ab in den Tank

Kaum ein Laut dringt herein, kein Lichtstrahl. Ganz allein und beinahe schwerelos. Nirgendwo dürfte man seinem Ursprung in Mutters Schoß näher und dem Champions-League-Trubel ferner sein als in einem Floating-Tank. Schwerelos wie im Toten Meer liegen Entspannungssuchende etwa eine Stunde im 34,8 Grad warmen Wasser. Mit sanftem Licht und ruhiger Musik sollen sie den Stress hinter sich lassen, bevor sie in die Meditation in absoluter Stille sinken, auf Wunsch auch in absoluter Dunkelheit. Nach einiger Zeit spüre man das Wasser nicht mehr und entspanne total, sagt die Geschäftsführerin des Münchner Float Spas, Christine Hoess, sogar die Gehirntätigkeit verlangsame sich, und Endorphine werden ausgeschüttet. Zeit und Raum spielen keine Rolle mehr. Seit sieben Jahren betreibt sie mit ihrem Partner Andre Curry das Float Spa. Curry schwört auf das Bad im Epsom-Salzwasser, einer basischen Magnesium-Sulfat-Lösung, die seine Neurodermitis linderte. Floater beschreiben das Bad als wohlige Rückkehr in den geschützten Zustand der Gebärmutter. Ein Gedanke, der bei Klaustrophobikern Grausen auslöst. Laut Hoess gibt es aber keinen Grund zur Panik: Der Tank ist großzügig bemessen, innen befindet sich ein Notknopf, und die Deckel können jederzeit geöffnet werden. Ein Termin im Float Spa außerhalb der normalen Öffnungszeiten lässt sich unter der Telefonnummer 089/51566939 oder 0179/5478681 arrangieren.

Anna Günther

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Quelle: Stephan Rumpf

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Netrebko

In anderen, fußballlosen Zeiten würde sich an diesem Wochenende nicht alles um Arjen, sondern um Anna drehen: Die Netrebko gastiert in der Staatsoper und singt zum dritten Mal in dieser Woche die Giulia in Bellinis "I Capuleti e i Montecchi". Karten dafür sind in etwa genauso schwer zu bekommen wie für das Finale in der Arena. Trotzdem taugt der Auftritt der Primadonna als Alternativprogramm zum samstäglichen Fußballwahn. Denn die Staatsoper überträgt die Aufführung per Livestream im Internet (www.staatsoper.de). Wer mit einer einigermaßen stabilen DSL-Verbindung seinen PC oder gar Fernseher ins Internet bringt, muss sich auch gar nicht grämen, nicht selbst im Nationaltheater zu sein: Die Inszenierung ist langweilig, die Atmosphäre der Oper kennt man eh. Einzig die Stimmen Netrebkos und ihrer Partnerin Vesselina Kasarova machen Bellinis Romeo-und-Julia-Verschnitt zum grandiosen Erlebnis und zur echten Final-Alternative. Einziges Problem: Die Übertragung beginnt schon um 19 Uhr, spätestens um 22 Uhr ist Schluss - da ist in der Arena noch lange zu spielen. Deswegen der Tipp: Gleich nach der Übertragung noch Netrebkos CD "Sempre libera" auflegen und die Stereoanlage voll aufdrehen - übertönt garantiert alle Jubel- und Leidensschreie aus der Nachbarwohnung.

Christian Krügel

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Quelle: Catherina Hess

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Nachtkonsum

Garantiert fußballfrei ist heute der "Nachtkonsum", der nächtliche Flohmarkt in der Tonhalle (Grafinger Straße 6). Bei Bier, Imbiss und feiner Livemusik kann man ab 17 Uhr durch die Halle schlendern. Die Trödelstände sind mindestens bis 23 Uhr, je nach Lust und Laune der Anbieter sogar bis nach Mitternacht aufgebaut. Wer selbst verkaufen will: Restplätze werden ab 16 Uhr direkt vor Ort vergeben. "Für kleine Stände bis zwei Meter findet sich fast immer ein Platz", sagen die Veranstalter. Das perfekte Angebot für Fußballignorierer und passionierte Langschläfer. Denn wer sagt, dass man auf Flohmärkten frühmorgens aufschlagen muss? Der Eintritt für Besucher kostet drei Euro.

Manuela Warkocz

Honorarfrei lediglich für Ankündigungen und Veröffentlichungen im Zusammenhang mit obiger BR-Sendung bei Nennung: Bild: BR/Ulrich Group

Quelle: BR/Ulrich Group

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Franken in Alpha

Wer sich am Samstag deutlich distanzieren will, vom Fußball, von der Spaßgesellschaft, von den Bayern, der muss sich vor den Fernseher setzen. Und BR-alpha einschalten. Da kommt nicht nur kein Fußball, da läuft beinahe den ganzen Abend ein Franken-Programm. Mehr Gegensatz geht eigentlich nicht. Um den Club geht es allerdings nicht, sondern um die Altstadt von Bamberg und um Nürnberg. Die hochgelobte Reihe "Das Bayerische Jahrtausend" behandelt Nürnberg im 15. Jahrhundert, als es noch nicht unter der Schmach der ewigen Fußballniederlagen litt, sondern schlagartig Bedeutung erhielt, weil Kaiser Sigismund die Reichskleinodien in seiner Heimatstadt aufbewahren ließ. Heute gibt es selbst den Kaiser nur noch im Fußball, und er ist auch noch aus Oberbayern. Gut - auch der Moderator der Sendung ist einer und im Hauptberuf Münchner "Tatort"-Kommissar. Aber man kann halt einfach nicht alles haben.

Katja Auer

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Quelle: Toni Heigl

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Löwen-Fanparty

Wer ganz sicher sein will, am Samstagabend keinem FC-Bayern-Fan zu begegnen, begibt sich am besten um 18 Uhr ins Grünwalder Stadion. Dort feiern die Fans des TSV 1860 Abschied von ihrer geliebten Stadionwirtschaft, einem magischen Ort, in dem über Jahrzehnte hinweg Siege begossen und Tränen vergossen wurden. Im Zuge der Sanierung des Sechzger-Stadions wird die "Stawi" abgerissen, was für die Freunde der Löwen ein wunderbarer Anlass ist, dem allgemeinen Champions-League-Trubel zu entgehen. Es spielen die Bands Substanz Allstars United, Munks Jungs und Raw Solution, danach legt DJ Peach noch Platten auf. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass einzelne Besucher nicht doch auf ihr Smartphone schielen, um Zwischenergebnisse des Champions-League-Finales zu erkunden. Sollte der FC Bayern verlieren, dürfte sich die Sause zum fröhlichsten Abschiedsfest in der Geschichte Münchens entwickeln.

Wolfgang Görl

Bayerische Staatsbibliothek in München, 2009

Quelle: Robert Haas

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Stille im Lesesaal

Wer einen wirklichen Ort der Stille sucht, ist am Samstagabend im allgemeinen Lesesaal der Staatsbibliothek gut aufgehoben. Der ist bis 24 Uhr geöffnet und - nicht nur Studenten wissen das - eventsicher. Kein Mucks dringt durch die Fenster, man sitzt in Literatur versunken am Schreibtisch mit Leselampe und bekommt nichts von der Außenwelt mit. Dass man bei wichtigen Spielen nicht alleine ist, zeigen Erfahrungen von früheren Studenten, zum Beispiel während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Deutschland spielte gegen Argentinien im Viertelfinale. Die Begegnung zog sich hin bis zum Elfmeterschießen. Und während Fußballfans in ganz Deutschland nervös an den Nägeln kauten, war der Lesesaal gut gefüllt. Es herrschte eine konzentrierte Atmosphäre. Freilich saß nicht jeder freiwillig im Saal, so mancher hätte seine Seminar- oder Magisterarbeit gerne für ein paar spannende Stunden beim Public Viewing vergessen. Wie erhaben muss sich aber jemand fühlen, der sich während eines der wichtigsten Spiele der letzten Jahre freiwillig in die Stabi begibt, wenn in München Hunderttausende nichts anderes als den FC Bayern im Kopf haben? Das Argentinien-Spiel begann seinerzeit bereits um 17 Uhr. Gegen 20 Uhr war es auch an der Ludwigstraße mit der Stille vorbei. Als sich die Nervosität der Massen in Euphorie entlud, drang der Lärm der Deutschlandfans - das Spiel endete 4:2 - auch von außen in den Lesesaal. Das Bayern-Chelsea-Spiel wird erst um 20.45 Uhr angepfiffen. Sollte es sich ähnlich lange hinziehen wie damals das WM-Viertelfinale, ist in der Stabi fast bis Ladenschluss Ruhe.

Andreas Schubert

Klavier

Quelle: iStockphoto

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Intimer Piano-Abend

Volker Böhm vom Kulturamt Oberhaching fürchtet, es könnte ein ,,recht intimer Abend'' werden: Der Auftritt des Pianisten Gerold Huber im Oberhachinger Bürgersaal beim Forstner steht terminlich unter keinem guten Stern. Das Konzert des gebürtigen Straubingers mit Werken von Franz Schubert ("Wanderer-Fantasie") beginnt eine Dreiviertelstunde vor Anpfiff: um 20 Uhr. Auf der anderen Seite könnte unter den Freunden klassischer Klavierliteratur der Prozentsatz, der nicht an Fußball interessiert ist, höher sein als im Durchschnitt der Bevölkerung. Helge B. Noae, der Vorsitzende von Verein "Klavierkunst - Tasten für Oberhaching" argumentiert durchaus schlüssig: "Die wichtigsten Szenen des Fußballspiels werden ohnehin wiederholt, und das Spiel lässt sich in den meisten Fällen auch speichern. Das Konzert hingegen wird einmalig sein." Für einen Besuch des Bürgersaals spricht überdies das Renommee Grubers: Unter anderem hat er als Liedbegleiter von Bariton Christian Gerhaher zwei Mal den Echo-Klassik-Preis und den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik gewonnen.

Udo Watter

Helge Schneider erhält Großen Karl-Valentin-Preis 2012 in München

Quelle: Robert Haas

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Spaß mit Helge Schneider

Normalerweise wäre die Veranstaltung vielleicht ausverkauft, aber der 19. Mai in München ist halt nicht normal. Also sind erst 80 Prozent der Karten für Helge Schneiders Auftritt im Circus Krone weg. "Die wurden fast alle schon verkauft, bevor die Bayern sich fürs Finale qualifiziert hatten, seitdem stockt der Verkauf für den Samstag", teilt Schneiders Pressemann Till Oellerking von der Supermaus GmbH dazu mit. Los geht's um 20 Uhr im Circus Krone. Der Entertainer, Musiker, Komiker und was er sonst noch alles ist, stellt sein Programm "Rettung naht" vor. Die Kollegen von der Kultur sind vorab in den Genuss gekommen und fanden die Vorstellung toll (siehe Kulturseiten). Sollte Schneider, der fußballinteressiert, aber nicht -fanatisch ist, nicht spontan irgendwelche Fußballspäße loslassen, bleiben die Zuschauer zumindest bis zum Ende der Vorstellung auch garantiert verschont vom Champions-League-Spektakel - es ist nicht geplant, Torschüsse, Zwischenstände und ähnliches zu vermelden.

Nina Bovensiepen

'Frauen'

Quelle: dpa

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Frauen im Museum

Keine Lust, 22 Typen mit muskulösen Beinen zuzusehen, wie sie einem Ball hinterherlaufen? Wem der Sinn nach ästhetischeren Dingen steht, nach grazileren Formen, großer Kunst, der kann sich am Samstagabend auch die Ausstellung mit dem Thema "Frauen" in der Pinakothek der Moderne anschauen. Mehr als 90 Bilder von Max Beckmann, Pablo Picasso und Willem de Kooning sind dort zu sehen. Und die Rolle, welche die drei Großmeister der Kunst des 20. Jahrhunderts den Frauen beimessen, gehe - so beschreiben es die Ausstellungsmacher - weit über einseitige Festlegungen und Klischees von Weiblichkeit hinaus. Die Frauenbilder sind bei den drei Künstlern nicht nur Projektionsfläche männlicher Sehnsüchte, sondern spiegeln deren eigene Biografie und künstlerische Entwicklung wider. Die Bilder stammen aus den bedeutendsten internationalen Museen und Privatsammlungen. Die Ausstellung ist bis 22 Uhr geöffnet.

Andreas Schubert

© SZ vom 19./20.5.2012/tob
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