Altstadt:Schöner können es Flaneure in München nicht haben

Peljak Stylo! Triptychon

In unserer Sommerserie zeigen wir Münchens verschiedene Gesichter. Heute: das Stilbewusste.

(Foto: Florian Peljak, Collage: SZ)

So langsam wie über die Maximilianstraße schlendert man in München sonst nirgends. Auch am Gärtnerplatz zählt jeder einzelne Blick. Ein Rundgang.

Von Florian Peljak (Fotos) und Philipp Crone (Text)

Das Erhabene auf der Maximilianstraße kommt nicht durch die Bauwerke, auch nicht durch die sündteuren Edel-Boutiquen, es kommt durch die Langsamkeit. Wer hier über die Bürgersteige flaniert, vorbei an den Kammerspielen, mit Blick auf den Cayenne, der gerade vor dem Vier Jahreszeiten von zwei Louis-Vuitton-Köfferchen erleichtert wird, vorbei an strengen Türwächtern, die durch die Prada-Auslage auf gelangweilt herumstöckelnde Mitarbeiterinnen schauen - wer auf der "Maxi", wie die Boulevard-Fotografen sagen, unterwegs ist, geht langsam. Schlendert.

Vielleicht, weil er nichts verpassen will. Den Herrn mit den blauen Wildlederslippern von Chanel, eine Hand in der weißen Hose, wo man die Größe seines Autoschlüssels nur erahnen kann, mit dem er gerade spielt. So langsam wie über die Maximilianstraße geht man in München nirgends, und dabei hat die Stadt viele slow-walk-areas. Es gibt eben so viel zu sehen. Und zu zeigen. Ein kleiner Rundgang.

Vom Vier Jahreszeiten zum Max-Joseph-Platz, dem Ort mit der niedrigsten Gehgeschwindigkeit nördlich von Italien, springen manchmal noch ein paar gehetzte Opern-Angestellte vorbei. Ansonsten hat man aber das Gefühl, als begänne jederzeit gerade ein Theaterstück oder eine Vorführung im Resi oder im Staatstheater, so schick wird hier geschlendert.

Die großstädtische Lauerstellung der Münchner Männer

Manche gehen so langsam, als wollten sie eigentlich in die andere Richtung. Je zentraler und imposanter die Kulisse der Innenstadt, desto gemächlicher setzt man einen Fuß vor den anderen. Die jahreszeitlich zu den aktuellen Vogue-Farben abgestimmten Teile sollen die anderen doch auch ausgiebig bestaunen und beneiden können.

In Berlin gammelt der Ausgehende selbstverständlich im Jogger durch die Gegend, selbst am Tiber ist der Jungrömer mit Trainingshosen unterwegs und sieht noch immer unverschämt elegant aus, was auch an der genetischen Veranlagung aller Stiefelbewohner liegt, grundsätzlich zur passenden Sonnenbrille zu greifen. Die größte Wahrscheinlichkeit, in München einen der weit verbreiteten Brillen-Beaus zu erspähen, gibt es am Odeonsplatz.

Im Tambosi stehen ja seit Jahrzehnten die Sitzbänke für das Freiluftkino. Sitzen, schlürfen, München-Soap schauen. Frauen in Kleider-Testkombinationen, die auf Blick-Frequenz geprüft werden beim Haupt-Laufsteg zwischen Max-Joseph- und Odeonsplatz. Männer verharren oft statisch mit Zigarre oder anderen Accessoires, eine Art großstädtische Lauerstellung, was auf dem Trottoir so alles vorbeikommt.

Am Gärtnerplatz, einmal quer über den Viktualienmarkt Richtung Isar, ist das Bild ähnlich. Man kann sich durchaus fragen, warum hier Hunderte auf einer begrünten Verkehrsinsel sitzen, umtost von Verkehr. Hier trägt man keine Theater-Robe, sondern Patch-Wear, je ausgefallener die Kombination, desto besser. Das Alter sinkt so stark, wie die Selfie-Quote steigt. Auch hier wird flaniert, im Zweifel im Kreis um die steinerne Leo-von-Klenze-Büste, auf der Suche nach dem richtigen Hintergrund für das digitale Lebenszeichen.

Und wenn dann der Münchner Schaut-her-Passant auch noch als annähernd norditalienischer Flaneur wahrgenommen wird, fühlt er sich beinahe wie auf einer Modenschau in Mailand. Analoges München eben: Ein Blick zählt mehr als tausend Klicks.

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