Fire Dragon Lounge:Kerngeschäft Feuertopf

Fire Dragon Lounge: Feuertopf als Kerngeschäft: Das Gericht entspricht der asiatischen Vorstellung eines geselligen Essens.

Feuertopf als Kerngeschäft: Das Gericht entspricht der asiatischen Vorstellung eines geselligen Essens.

(Foto: Stephan Rumpf)

Wer steht schon auf Hühnerkrallen, Rinderknorpel-Eintopf oder gar Quallensalat? Die Speisekarte des chinesischen Restaurants "Fire Dragon Lounge" bietet dem gewöhnlichen Mitteleuropäer viel Neuland. Doch die authentischen Gerichte überzeugen.

Von Marcelinus Sturm

Der Artikel ist leider nicht mehr aktuell, da das Restaurant mittlerweile geschlossen ist.

Dereinst, so geht die Kunde, kannte das sonst unerschrockene Kostproben-Team nur eine Angst: dass wieder ein neuer Chinese in der Stadt aufmachte. Denn dann musste ja jemand darüber berichten. Das war eine undankbare Aufgabe, weil zwar unendlich viele Gerichte auf der Speisekarte standen, diese aber einem offenbar für westliche Gaumen genormten Einheitsgeschmack entsprachen, und zwar in allen China-Restaurants. So, als habe der Nationale Volkskongress in seiner unergründlichen Weisheit einen weltweit gültigen Geschmackskatalog aufgestellt, den selbst Exil-Chinesen strikt einhielten.

Mittlerweile sind neue China-Restaurants längst zur Ausnahme geworden: Eher eröffnen zwölf neue Vietnamesen. So war Marcelinus Sturm einigermaßen überrascht, als er im Frühjahr am Rande der Bahnhofsgegend in einem schmucklosen Gebäude mit großen Schaufenstern, das früher vielleicht mal als Autohaus oder Möbelgeschäft gedient hatte, auf ein neues Lokal stieß.

Drinnen saßen viele asiatisch aussehende Menschen an großen Tischen mit eingelassenen Herdplatten, aßen und tranken und hatten erkennbar eine gute Zeit. Das Restaurant hieß "Fire Dragon Lounge" und war, potz Blitz, tatsächlich ein neuer Chinese! Dass das Lokal fast ausschließlich von Asiaten frequentiert wurde, deutete auf tatsächlich authentische Küche hin.

Der Eindruck täuschte keineswegs. Beim ersten Besuch fühlten sich Sturm nebst Begleitung in eine chinesische Metropole versetzt, das durchwegs chinesische Personal versuchte mit ausgesuchter Höflichkeit, den Fremdlingen zu erklären, was sie da gerade bestellten oder zu bestellen trachteten. Die Speisenkarte ist äußerst umfangreich und, wie man es vom Chinesen gewohnt ist, sauber durchnummeriert. Damit erschöpft sich aber das sattsam Bekannte auch schon.

Denn in der "Fire Dragon Lounge" folgt man - unter anderem - der an sich lobenswerten Prämisse, von einem geschlachteten Tier möglichst viel zu verwerten. Für den westlichen Geschmack ist das bisweilen gewöhnungsbedürftig: Wer steht schon auf Schweinsohren, Hühnerkrallen, Rinderknorpel-Eintopf oder gar Quallensalat?

Sturm ist zwar Experimenten nicht abgeneigt, beließ es jedoch bei "gesalzenen Entenzungen" (9,90 Euro), die leider einen aufdringlich seifigen Geschmack aufwiesen. Vertrauter waren da schon die "Jakobsmuscheln mit Frühlingszwiebeln" (16,90). Sturm hätte sie sich freilich zarter gewünscht, an diesem Abend waren sie etwas zu fest in der Konsistenz und auch ein bisschen fade. Was wieder zeigt: Jakobsmuscheln sind nur dann gut, wenn es sich um erste Wahl handelt.

Was hinter dem Silberfisch, bleibt ein Geheimnis

Ein Genuss war der "Rindereintopf in scharfer Sauce" (17,90), ein klassisches Gericht der Sichuan-Küche, die ja für ihre Schärfe bekannt ist. Ansonsten liegt der Schwerpunkt in der Fire Dragon Lounge vor allem auf Gerichten der südchinesischen Kanton-Küche, was wiederum auch bedeutet: viel Fisch und Meeresfrüchte aller Art, vom Tintenfisch über Krebse, Garnelen und Strandschnecken bis hin zu Langusten, Austern und Abalone, einer Schneckenart, die in ganz Ostasien als Delikatesse gilt. So darf man wohl davon ausgehen, dass die Nummer 253, "Silberfisch in Soße" (12,80), richtige Meerestiere enthält.

Das Kerngeschäft der Fire Dragon Lounge aber ist der Feuertopf, den es in der "All-you-can-eat"-Version für 15,80 Euro pro Person in vier verschiedenen Schärfegraden gibt (Europäer sollten nicht den obersten wählen). Die Gäste können sich entscheiden zwischen kleineren Suppentöpfen pro Person oder einem großen, zweigeteilten, mit zwei verschiedenen Schärfegraden.

Dazu gibt es dünn geschnittenes Lamm- und Rindfleisch, Reisnudeln und Würzsoßen (Nachschlag wird jederzeit klag- und kostenlos gewährt) sowie ein überbordendes Buffet mit Vorspeisen, Meeresfrüchten und Gemüse, die man wie beim Fondue einfach in die brodelnde Suppe hängt.

Der Feuertopf, keine Frage, ist der Renner hier, die meisten Gäste bestellen ihn. Es entspricht ja auch der chinesischen Vorstellung eines geselligen Essens, sich eine Fülle von Speisen auf den Tisch zu stellen, von denen sich jeder bedienen kann. Preis und Gegenwert können jedenfalls kaum der Grund sein: Auch bei den anderen Gerichten sind die Portionen offenbar nicht nur für einen Esser berechnet, sondern mindestens für eine ganze Ein-Kind-Familie.

Somit ist die Fire Dragon Lounge für Chinesen wohl das, was man bei uns ein "gutbürgerliches Lokal" nennen würde - auch, was die durchwegs ordentliche Qualität der Speisen angeht. Um wirklich authentische Küche aus China kennenzulernen, ist sie bislang in München praktisch die einzige Möglichkeit.

Fire Dragon Lounge, Paul-Heyse-Straße 29, Telefon 089/59988466, www.firedragonlounge.de, täglich 11.30 bis 15 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 17.30 bis 23 Uhr, Freitag bis Montag 17.30 bis 5 Uhr.

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