Finanzskandal der evangelischen Kirche:Vertrauen verspekuliert

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5,5 Millionen Euro verloren, 7,4 Millionen gefährdet: Die evangelische Kirche in München hat hohe Verluste gemacht. (Foto: SZ Grafik)

Die Hälfte des Vermögens ist weg, doch es wird noch schlimmer kommen für die evangelische Kirche in München: Die kühnen Anlagespekulationen vernichten das Vertrauen der Gläubigen - und schnell wird die Parallele zum Limburger Bischof gezogen sein.

Ein Kommentar von Christian Krügel

Die Hälfte des Vermögens weg, die Stadtdekanin und ihr Verwaltungschef von ihren Aufgaben entbunden, der Finanzchef im Visier der Staatsanwaltschaft - kann es noch schlimmer kommen für die evangelische Kirche in München? Ja, es wird noch schlimmer kommen. Denn mit den kühnen Anlagespekulationen ist nicht nur das Kapital der Kirche vernichtet worden, sondern auch das Vertrauen der Gläubigen in eine umsichtige Kirchenführung.

Die gab vor, verantwortungsvoll mit dem Geld umzugehen, das ihr die immer klammen Kirchengemeinden, letztlich aber die Kirchensteuerzahler anvertraut haben. Kirche und Geld, das funktioniert einfach nicht, wird es heißen, und schnell wird die Parallele zum Limburger Bischof gezogen sein.

Das Münchner Finanzdebakel ist aber sogar schlimmer als Protz und Prunk eines Bischofs. Denn im Stadtdekanat versagten exakt die Kontrollmechanismen, die die Kirchengremien im Jahr 2000 eigens installiert hatten. Damals waren 22 Millionen Mark falsch verbucht worden, Kirchengeld war an den Aufsichtsgremien vorbeigeschleust worden, der Dekan musste gehen. So etwas sollte nie wieder passieren, hatten sich alle geschworen. Und trotzdem konnten offenbar einzelne Mitarbeiter im Stadtdekanat beliebig mit Geld spekulieren, das ihnen nicht gehört.

Hervorragende Seelsorgerin, engagierte Christin

Die evangelische Kirche ist zurecht stolz auf ihre demokratische Gremien- und Leitungsstruktur. Wer hier Führungsverantwortung übernimmt, muss aber auch geradestehen für das, was in seinem Bereich schief läuft. Deshalb bleibt Stadtdekanin Barbara Kittelberger gar nichts anderes übrig, als ihr Amt zur Disposition zu stellen.

Sie ist eine hervorragende Seelsorgerin, eine engagierte Christin, die so klar wie kaum jemand sonst Stellung bezogen hat gegen Rechtsextremismus. Doch sie ist eben auch Chefin einer Kirchenverwaltung. Und die hat ganz offensichtlich versagt. Kittelbergers Rückzug ist deshalb die erste Voraussetzung für eine lückenlose Aufklärung, ohne die Vertrauen nie zurückgewonnen werden kann.

© SZ vom 12.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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