Finanzkrise beim Stadtklinikum:Stadt erwägt Klage gegen Klinikprüfer

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Oberbürgermeister Christian Ude will Kontrolleure zur Rechenschaft ziehen, weil sie keine Hinweise auf die Finanzkrise der städtischen Krankenhäuser gaben. Wegen geschönter Bilanzprognosen soll ein Defizit von 43 Millionen Euro vertuscht worden sein.

Silke Lode

Die Stadt München und die Wirtschaftsprüfergesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC) treffen sich möglicherweise wegen der Finanzkrise beim Stadtklinikum vor Gericht. Laut Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) prüft derzeit das Revisionsamt, ob die Wirtschaftsprüfer bei der jährlichen Kontrolle der städtischen Krankenhäuser in Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach, Schwabing und an der Thalkirchner Straße Fehler gemacht haben.

Das Revisionsamt hat festgestellt, dass die Geschäftsführung des Klinikums der Stadt und dem Aufsichtsrat über längere Zeit geschönte Bilanzprognosen vorgelegt hat und so das Defizit von bis zu 43 Millionen Euro in diesem Jahr über Monate vertuscht hat. Finanzgeschäftsführer Franz Hafner wurde daraufhin geschasst.

Nun nimmt das Revisionsamt im Auftrag Udes die Rolle der Wirtschaftsprüfer unter die Lupe. Auch die CSU hat die externen Kontrolleure bereits scharf kritisiert und gefordert, im Stadtrat darzustellen, wie intensiv die Wirtschaftsprüfer die Zahlen des Stadtklinikums geprüft haben. "Ob es tatsächlich zu einer Klage kommt, hängt von der Stellungnahme des Revisionsamts ab", sagte Ude. Mit PWC-Vertretern hat er bereits über den Fall gesprochen. Diese hätten ihm erklärt, die Finanzkrise sei "eventuell eine Entwicklung aus dem Jahr 2011, die bei der letzten Prüfung 2010 möglicherweise noch nicht absehbar gewesen sei".

Die städtischen Klinken beschäftigen das Revisionsamt noch in einer anderen Angelegenheit: Dort werden derzeit auch die Baupläne, die zur Umsetzung anstehen kritisch analysiert. "Es ist die Frage, ob da nicht viele Traumtänzereien dabei sind", sagte Ude. Vor allem in Harlaching, wo ein 266 Millionen Euro teurer Neubau geplant ist, habe sich "einiges angehäuft". Ude sagte, er könne sich vorstellen, dass einige Pläne der Prüfung nicht standhalten. Zudem müsse man die Größe der vier Hauptstandorte in Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach und Schwabing hinterfragen. Aufgeben will der Oberbürgermeister keines der Krankenhäuser - aber vielleicht Teile der Immobilien vermieten, "zum Beispiel an niedergelassene Ärzte".

Die CSU erhöhte indes den Druck auf Aufsichtsratschef Hep Monatzeder (Grüne), dem sie eine "katastrophale Informationspolitik" vorwirft. Monatzeder sei offensichtlich freiwillig nicht bereit, eine umfassende und ehrliche Bestandsaufnahme vorzunehmen, schrieb CSU-Stadtrat Michael Kuffer zur Begründung eines mehrseitigen Fragenkatalogs, den er am Freitag an OB Ude gerichtet hat.

Ude verteidigte seinen Dritten Bürgermeister, den die CSU während des Hygiene-Skandals im Sommer 2010 zum Rücktritt aufgefordert hatte. Alle Aufsichtsratsmitglieder - auch die der CSU - hätten gleiche Unterlagen bekommen: "Wenn man aber die Zahlen nicht bekommt, wie soll man merken, dass es einen Anlass gibt etwas zu unternehmen?" Dass die Finanzkrise des Klinikums spurlos an Monatzeder vorbeigeht, glaubt Ude nicht: "Sein Image hat sehr gelitten." Es sei klar, dass man als Chef in Mitleidenschaft gezogen werde, wenn ein Aufsichtsrat solche Probleme übersehe.

© SZ vom 19.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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